Gesundheit

Experte: Wieso soll Käse uns fett, krank & süchtig machen?

Ist die Aussage, dass Käse fett und krank macht, richtig?

Der amerikanische Medizinprofessor Neal Barnard sagt: „Käse macht dick und süchtig“ und schreibt in seinem Buch „Raus aus der Käsefalle“ allein durch den Verzicht auf Käse und andere Milchprodukte ließe sich abnehmen – 500 Gramm pro Monat. Doch ist diese Aussage tatsächlich richtig? Dr. Utz Anhalt wird der Frage in diesem Artikel nachgehen.

Warum soll Käse dick machen?

Käse habe eine sehr hohe Energiedichte, sehr viele Kalorien und dabei wiederum viele Fettkalorien, so Barnard. Diese Fettkalorien lege der Körper als Fettdepots an.

Professor Barnard zufolge macht Käse krank, fett und süchtig. Magerkäse wie dieser Harzer Käse ist jedoch kalorienarm und sogar als Schonkost zu empfehlen. (Bild: PhotoSG/fotolia.com)

Gesättigte Fettsäuren

Fettreicher Käse enthalte in hohem Ausmaß gesättigte Fettsäuren, um so mehr, je mehr Fett er enthalte. Diese ließen den Spiegel an schädlichem Cholesterin im Blut ansteigen und förderten Herz-Kreislaufkrankheiten. Ein Schnittkäse mit vollem Fettgehalt habe um die 400 Kalorien pro 100 Gramm und über 30 % Fett. Dies entspreche Schokolade.

Oft in Kombination mit anderen Kalorienbomben

Die Kalorien explodieren, wenn fetter Käse kombiniert wird mit anderen ebenfalls kalorienreichen Nahrungsmitteln. Das gilt besonders für Fastfood: Cheeseburger, Pizza Salami mit Doppelkäse oder paniertes Schweinecordonbleu.

Energiepaket Milch

Milch, als Basis für Käse, ist ein Energiebolzen – aus gutem Grund. Sie enthält konzentriert die Nährstoffe, die junge Tiere zum Wachstum brauchen.

Hoher Salzgehalt

Käse enthält außerdem oft viel Salz, das ihm bei der Herstellung zugefügt wird. Empfohlen sind maximal vier Gramm Salz täglich, und in Kombination mit anderen Nahrungsmitteln ist bei Käse diese Grenze sehr schnell überschritten – zum Beispiel, wenn Sie zum Frühstück eine Laugenstange mit Gorganonzala essen und dazu ein gesalzenes Ei.

Wovor warnt Barnard?

Barnard warnt vor Hormonen in der Milch, Milchproteinen und Arachidonsäure. Durch diese bestünde beim Käsekonsum die Gefahr von Allergien, Arthritis und sogar ein höheres Krebsrisiko.

Gefahr oder Panikmache?

Bei den Hormonen sagt das Bundesinstitut für Risikobewertung, dass bei einem Viertelliter Milch pro Tag (und vergleichbarer Menge in Milchprodukten) vermutlich kein relevantes Gesundheitsrisiko besteht, und Hormone aus Lebensmitteln kaum resorbiert würden.

Milchproteine und Allergien

Milchproteine können möglicherweise bestehende Allergien verschlimmern, so Barnard. Käseverzicht könnte diese Allergien lindern. Belastbare Studien für seine Aussage gibt es nicht. Die hier postulierte „Käsegefahr“ würde, wenn überhaupt, sowieso nur für Allergiker gelten. Ein Beleg für eine allgemeines Risiko durch Käse ist sie mitnichten.

Milch und Arthritis

Milch enthält Arachidonsäure, und deren Gehalt steigt mit dem Fettgehalt. Diese Fettsäure gilt als „Benzin“ für Entzündungen und fördert eine bestehende Arthritis. Menschen, die darunter leiden, sollten deshalb auf fettreiche Milchprodukte verzichten. Das ist aber nichts Neues.

Käsesucht?

Laut Barnard soll Käse süchtig machen. Auslöser seien Casomorphine im Käse bzw. in Milch, die dazu führten, dass das Gehirn Dopamin freisetze. Allein die Erwartung, dass etwas Schönes passiert, setzt im Gehirn ebenfalls Dopamin frei, und ein Dopaminmangel führt zu Erschöpfung und kann Depression auslösen.

Käse und Dopaminkick – ein Problem?

Barnards Logik zufolge könnten die Casomorphine das Bedürfnis nach Käse steigern, so dass die „Angefixten“ auf Pizza Doublecheese, Tortellini in Käse-Sahnesauce fixiert würden. Führt Käse also zu einer Art Drogenabhängigkeit mit der Konsequenz: Sucht und Übergewicht?

Was sagen seriöse Behörden?

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit verneint den Casomorphin-Junkie-Effekt. Nach der Analyse von wissenschaftlichen Studien kam sie zu dem Ergebnis, dass die Casomorphine den Verdauungsvorgang nicht überdauern. Sie sind weder im Blut noch im Gehirn, und damit gibt es auch keine Signale, die in den Betroffenen ein Verlangen wecken.

Kalorien sind Kalorien sind Kalorien

Ob Menschen zunehmen oder Gewicht verlieren lässt sich, abhängig vom Gewicht, Geschlecht und der Größe sehr genau berechnen: Wer mehr Kalorien zu sich nimmt, als er verbraucht, nimmt zu. Wer weniger Kalorien zu sich nimmt, als er verbraucht, nimmt ab. Mit einem Gewicht von 80 kg bei 1,80 Meter Größe habe ich also bei Vollfettkäse mit 400 Kalorien pro 100 Gramm bei einem Pfund Käse meine Kaloriendosis fast voll.

Käse ist nicht gleich Käse

Barnards generelle Warnung vor Käse ist spätestens dann falsch, wenn darunter auch magerer Käse fällt, der aus Quark hergestellt wird. Käse in der Magerstufe enthält weniger als zehn Prozent Fett, Harzer Käse so gut wie kein Fett, dafür aber Protein und eignet sich bestens als Speise, um Gewicht zu reduzieren. Zudem ist Käse ein wichtiger Lieferant für Kalzium, und Menschen mit Kalziummangel bekommen Probleme mit den Knochen und Zähnen, erste Symptome sind Muskelkrämpfe und Nervenstörungen. Wer also Barnard folgt und auf Milchprodukte verzichtet, sollte dringend andere kalziumhaltige Speisen zu sich nehmen: Grüne Bohnen, Sojamilch, Nüsse oder Blattgemüse.

Neue Erkenntnisse?

Was ist also von Barnards Warnung zu halten, Käse mache fett, süchtig, fördere Allergien und Krankheiten? Dass kalorienreiche Lebensmittel wie fettreicher Käse zu Übergewicht führen, wenn die Betroffenen mehr Kalorien zu sich nehmen als sie verbrauchen, ist selbstverständlich und keine neue Erkenntnis.

Fördert Käse Allergien und Krankheiten?

Schaden die von Barnard erwähnten Hormone und Milchproteine der Gesundheit? Belege dafür gibt es nicht. Die erwähnten Fettsäuren fördern tatsächlich Entzündungen bei Risikopatienten sowie bereits Erkrankten. Diesen wird deshalb seit langem empfohlen, auf fettreiche Milchprodukte zu verzichten – nicht aber auf fettarme.

Fazit

Eine generelle Gesundheitsgefahr durch Käse, wie Barnard sie postuliert, lässt sich aus den von ihm erwähnten Punkten nicht ableiten. Eher sieht es aus, als würde nur eine neue Milchkuh durch die Ernährungsratgeber getrieben.(Dr. Utz Anhalt)

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