Gesundheit

Im Angesicht des Todes: Was Menschen sagen, bevor sie sterben

Nichts fürchten wir mehr als den Tod. Wie Menschen, kurz bevor sie sterben, ihr Leben reflektieren, was sie zutiefst bedauern, welch glückliche, aber auch teilweise bittere Bilanz sie ziehen, hat der amerikanische Fotograf Andrew George auf ergreifende Art dokumentiert.

Was bewegt Menschen im Angesicht des Todes? Dieser Frage ging der amerikanische Fotograf Andrew George nach, als er vor ein paar Jahren todgeweihte Patienten auf einer Palliativstation in Kalifornien besuchte, um etwas über ihr Leben zu erfahren – ihre Religion, ihre glücklichsten und traurigsten Momente, ihre Versäumnisse, ihre Ängste. Was George dabei am meisten berührte, war die Tatsache, dass alle eines gemeinsam hatten: Sie fürchteten den Tod nicht.

Seine eindrucksvollen Bilder und Interviews fasste er in einem Buch und einer Ausstellung zusammen, die den Titel "Right before I die" trägt und bereits in vielen Ländern gezeigt wurde. "Ich wollte normale Menschen vorstellen, die etwas extrem Seltenes erreicht haben, indem sie ihre Angst vor dem Tod überwunden haben – etwas, das Menschen seit jeher fürchten", erklärt der Künstler gegenüber FOCUS Online.

Damit will er sein Publikum aufrütteln und dazu anregen, das eigene Dasein zu überdenken. "Nur so haben wir eine Chance, ein erfülltes Leben zu führen", so George. Wir stellen Auszüge seiner bewegenden Dokumentation vor und zeigen, wie Menschen sich furchtlos dem Tod nähern und sich mit ihrem Leben aussöhnen.

Nach Belgien, Kalifornien und Korea feierte die Ausstellung „Right before I die“ 2019 in Japan Premiere. Mehr Infos zu Andrew George und seinem Projekt unter www.rightbeforeidie.com.

Sahra: "Zeit ist so wertvoll. Mein Gott, sie ist so wertvoll…"

"Als ich zuerst von meiner Krankheit erfuhr, sagte ich, dass wir sie bekämpfen und besiegen werden. Ich weiß nicht, wie viel Zeit mir noch bleibt, weil ich nicht die Art von Mensch bin, die gerne so denkt. Ich bin dickköpfig und ich werde kämpfen bis zum Schluss. Was immer auch passiert, es muss noch eine andere Option geben. Vielleicht haben wir nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Ich bin nicht dagegen, dass an mir experimentiert wird, aber ich bin dagegen, dass man mich aufgibt.[…]

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Ich glaube an etwas, ich weiß nicht, ob ich es Gott, den Herrn oder Krishna nennen soll … und ich weiß, es muss noch einen ultimativen Plan geben.[…]

Ich kann nicht darüber nachdenken, ob es fair ist. Es macht keinen Sinn. Dinge sind nicht fair oder unfair. Das Leben ist einfach so. Dinge passieren – oder sie passieren nicht. Du ergreifst Chancen – oder nicht.[…]

Das Leben ist endlich. Du weißt einfach nicht, was passiert und du musst wirklich Risiken eingehen. Ich habe das erst in meine späten 20-zigern getan und denke, dass ich dadurch ein paar Dinge verpasst habe. Beziehungen zum Beispiel. Im College finden viele ihre große Liebe oder haben dramatische Affären – das hatte ich nie. Ok, ein wenig schon, da ich eine Zeit lang einen Freund hatte, den ich sehr mochte. Es war das erste Mal, dass ich mich richtig wohl bei jemand fühlte.[…]

Gestern habe ich gesagt, dass ich morgen sterben werde![…]

Zeit ist so wertvoll. Mein Gott, sie ist so wertvoll…"

Ralph

"Gestern ist ein vergangener Tag – heute ist ein neuer Tag.

Versuche es und liebe jeden, den du triffst. Egal, wer die Person ist und was sie macht, gebe ihr das Gefühl von Akzeptanz. Das ist Liebe.

Übernehme Verantwortung für alle deine Handlungen und all deine Worte. Wenn du etwas Schlechtes tust, akzeptiere es, nehme es an. Wenn du jemanden verletzt hast, bitte ihn um Vergebung. Es ist so wichtig, dass du nicht anderen die Schuld für deine Fehler gibst.

Ich gehe nicht in die Kirche, aber ich bin ein spiritueller Mann. Ich wende mich fortwährend an die höhere Macht, die den Verlauf meines Lebens bestimmt. Ich kann mich auf sie verlassen – sie hat mir Vergebung gegeben und die Fähigkeit, mit mir im Reinen zu sein. Ich dachte nicht immer, dass das Leben gut ist. In der Vergangenheit habe ich Gott getrotzt und mich geweigert, ihm zu vertrauen. Aber eines Tages merkte ich, dass ich immer seine Hilfe brauche.

Ich will leben, weil es viel zu tun gibt – Ich will, dass Menschen wieder anständig miteinander umgehen.

Der Schlüssel zum Leben ist die Erkenntnis, dass es nur einen Schlüssel gibt. Ich hatte zwei große Lieben in meinem Leben. Das ist das beste überhaupt. Was könnte sich ein Mann noch wünschen? Es war wundervoll.“

Kim

„Ich habe keine Angst, zu sterben – Ich habe Angst vor dem, was ich tun muss, um dorthin zu gelangen.

Als erstes muss man lernen sich selbst zu lieben, nur dann kannst du wirklich andere lieben.

Das einzige, was ich vielleicht bedauere, ist, dass ich meinen Mann geheiratet habe. Ich habe ihn nur geheiratet, um unter der Haube zu sein. Sonst bedauere ich nichts.

Macht euch nicht so viele Sorgen, denn das stresst nur und verändert gar nichts. Kümmere dich um Dinge und dann mach‘ weiter.

Du denkst, du hast Freunde, aber wenn du krank wirst, laufen sie dir davon. Und diejenigen, von denen du erwartest, dass sie zu dir stehen, verschwinden. Obwohl sie dir sagen, dass es ihnen leid tut und sie das mit dir durchstehen. Plötzlich rufen sie nicht mehr an, schicken dir keine Nachrichten mehr und wollen nichts mehr mit dir zu tun haben, weil du krank bist. Die meisten Menschen sind so, weil sie Angst haben – vor irgendwas. Und die Menschen, von denen du es am wenigsten denkst, sind die, die da sind und dir helfen.

Es gibt so viel, was wir genießen könnten und keiner tut es – Gott hat viele Dinge erschaffen und niemand nutzt sie.“

"Ich denke, ich habe meinen Glauben von meiner Großmutter. Sie war eine wahre christliche Frau. Sie wurde von allen geliebt, sie liebte alle und sie liebte das Leben. Sie sagte zu mir, wenn zwei oder mehrere Menschen irgendwo im Namen Gottes zusammenkommen, kann man das als Kirche bezeichnen. Du kannst irgendwo da draußen auf den Felsen sein oder sonst wo. Auch wenn du ganz alleine dort bist, bist du doch immer zu zweit: du und Christus. Das hat mir sehr viel in meinem Leben bedeutet. Das glaube ich wirklich.

Ich habe mein Leben genossen. Eine meiner schönsten Zeiten war meine Kindheit, wenn ich mit meinen Brüdern Baseball gespielt habe und unsere Mutter mitgemacht hat. Später als wir Motocross gefahren sind, hat unsere Mutter sich auch eine Maschine gekauft und mitgemacht.

Eine der glücklichsten Momente meines Lebens? Ganz oben auf der Liste steht meine Hochzeit mit Sally, die 35 Jahre lang meine Frau war. Ich musste sie ein Jahr lang bearbeiten, bis sie mich heiratete. Ich wusste es, als ich sie zum ersten Mal sah, aber sie hatte nicht die gleichen Gefühle für mich. Es dauerte über ein Jahr, sie zu überzeugen … ich blieb dran, fragte sie immer wieder und sagte: „Ich bin hier und versuche es weiter, du bist die Richtige.“ Eines Tages sagte sie ja. Und das war ein wirklich glücklicher Tag meines Lebens. [..] Wir waren über Jahre hinweg Seelenverwandte.

Was ich bedaure? Ich glaube, ich bedaure ein wenig, dass ich meine Mutter verletzt habe, als ich meine Frau traf. Denn ich verbrachte all meine Zeit mit ihr. Aber ich glaube, das ist etwas, über das meine Mutter einfach hinwegkommen musste.

Ich hatte ein glückliches Leben! […] Die Welt ist das, was Menschen daraus machen. Sie können daraus ein gutes Leben machen, oder ein elendiges Leben – scheinbar gibt es so viele, die lieber elendiges Leben führen."

Odis

„Ich träume viel, hauptsächlich von Toten: von meinen Eltern, meinen Geschwistern. Weil ich die letzte unserer Familie bin – ich habe sie alle überlebt.[…]

Ich hatte keine Jugend und es war nur meine Schuld. Ich wollte zu früh erwachsen werden.[…]

Ich hatte immer Hoffnung, dass alles besser wird. Wenn wir keine Hoffnung und keinen Glauben haben, haben wir nichts.[…]

Ich haben nichts Besonderes in meinem Leben erreicht, auf das ich stolz wäre. Aber meine Mutter hat einmal gesagt, dass sie glücklich sterben könnte, wenn ich ihr die Haare kämme. Seit ich sieben Jahre alt war, kämmte ich ihre Haare.[…] Auch als sie starb, ging ich zu ihr hin und kämmte ihre Haare.

Manche lieben mich, andere mögen mich überhaupt nicht. Manchmal stört mich das, manchmal nicht. Weil ich ich bin, kann ich es nicht allen recht machen. Man muss nach sich selbst schauen, ohne andere zu verletzen.

Ich habe den inneren Frieden gefunden – schon vor einigen Jahren. Du musst dich nur entscheiden, dass dich niemand mehr verletzen kann. Du rennst zum Ende des Sprungbretts und springst in die dunkle Leere und hoffst, dass du im Wasser landest.

Wer verheiratet ist, braucht Humor und ein Gespür für die Bedürfnisse des Partners – du musst seine Seele ansprechen."

"Ich spreche mit Gott, aber ich verlange nicht, dass er meine Probleme löst; Ich muss meine Probleme immer selber lösen.

Großartige Liebe hält an – so muss man lieben. Meine Liebe ist so großartig, dass ich meine Ex-Frau, die wieder heiratete und einen anderen Mann liebte, noch immer liebe. Du musst einfach akzeptieren, dass du nicht immer daran festhalten kannst, du musst es einfach gehen lassen.

Es gibt so viele Dinge, zu denen wir fähig sind, dass wir es schaffen sollten, von Fehlern zu Größe zu gelangen.

Die Bedeutung des Lebens ist, den Menschen glücklich zu machen, den du liebst."

"Das Leben ist das Wartezimmer des Todes. Wir wissen von Anfang an, dass wir sterben werden – auch wenn wir nicht wissen wann, wo und wie. Ich fühle mich ruhig, leicht, weil ich schon weiß, dass ich gehe. Jede Nacht sage ich zu Gott: „Du weißt, was du tust!“ Ich habe keine Angst zu sterben. Ich habe schon viele glückliche Jahre gelebt.[…]

Was war das Schwierigste in deinem Leben?

Das Schwierigste? Mit meiner Mutter und meiner Familie zu leben. Sie haben mich nie glücklich gemacht, sie haben mir nie Liebe und Zuneigung gegeben. Ich war keine Person für sie, ich war mehr wie ein Ding, das in ihr Leben kam und wieder ging. Das Gefühl haben sie mir immer vermittelt, meine ganze Familie.

Hast du ihnen vergeben?

Ja, allen. Wer auch immer mir etwas getan hat, dem habe ich vergeben.[…]

Wenn wir sterben, sterben wir und gehen ins Nichts. Staub zu Staub. Ich glaube, dass Ende der Welt erreicht dich, wenn du stirbst."

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