Gesundheit

Mein liebes Tagebuch

Wenn der Apothekerverbands-Chef pharmazeutische Träume in Erfüllung gehen sieht und die Kammerspitzen noch nach möglichen Dienstleistungen suchen, wenn der AOK-Chef an logorrhöischen Visionen leidet und sich nicht vorstellen kann, wozu Apotheken mehr Geld brauchen, wenn im Hause Spahn vorösterliche „Egg-Punkte“ in Sicht sind und wenn sich DocMorris über das Verbot seines verstaubten Arzneimittelautomaten wundert, dann, ja dann ist wieder eine Woche pharmazeutischer „Hochgefühle“ vorbei. 

1. April 2019 

Noch ein Nachklapp zu Spahns Thema, dass Apotheker impfen sollten: Ärztefunktionäre schlagen  die Alarmglocken gegen dieses Ansinnen des Bundesgesundheitsministers. Auch Niedersachsens Ärztekammer-Präsidentin Martina Wenker tönt: „Apotheker haben Impfen nicht gelernt, Ärzte schon.“ Oh, das tut weh, mein liebes Tagebuch, seichter geht’s nimmer. Wie wär’s, wenn wir mal annehmen, dass auch deutsche Apothekers fähig sind, Neues zu lernen? Impfen, zum Beispiel. Die Apothekers in den USA, in UK, in Frankreich und in der Schweiz haben es gelernt, sie dürfen impfen, sie übernehmen die Verantwortung. Und was Wenkers Argument angeht, dass Apothekers hierzulande gar nicht impfen wollen: So platt stimmt das nicht. Umfragen haben ergeben, dass sich nahezu die Hälfte aller deutschen Apothekerinnen und Apotheker durchaus vorstellen können, gegen Grippe zu impfen. So sieht’s aus! Mein liebes Tagebuch, lass uns wetten: In fünf Jahren impfen wir. 

Der Zukunftspakt von Noweda und Burda ist Realität: Die Bestellplattform „ihreapotheken.de“ läuft und die dazugehörige Kundenzeitschrift MyLife wartet in mehr als 6000 Apotheken auf ihre  Verteilung. Der Kunde kann mittels dieser Plattform seine teilnehmende Wunsch-Apotheke wählen, OTCs vorbestellen und abfotografierte Rezepte hochladen, um sie dann dort abzuholen. Man nennt es auch click&collect. Und wenn er Glück hat, bietet ihm die Apotheke an, die Arzneimittel per Botendienst nach Hause zu bringen. Mein liebes Tagebuch, die Plattform kann sich sehen lassen. Jetzt kommt’s darauf an, was  die Apotheken daraus machen. Und was letztlich die Berufspolitik daraus macht. Die Abholung in der Apotheke werden sicher einige Kunden schätzen. Aber was ist mit den Kunden, die gewohnt sind, im Netz zu bestellen und die Ware dann an ihrer Wohnungstür in Empfang zu nehmen? Zum Erfolg der Plattform wird beitragen, wie sich Apotheken auf den Bringdienst, den Botendienst, eventuell auch gegen eine Gebühr, einlassen. Nur so wird die Vor-Ort-Apotheke gegen den Versandhandel antreten können und durch „same day delivery“, also die Lieferung noch am gleichen Tag, punkten können. Ja, mein liebes Tagebuch, und dann sollte man wohl noch über die Möglichkeit nachdenken dürfen, auch eine telefonische oder Video-Beratung anzubieten (sonst dürften nur PTAs den Bringdienst erledigen). Spahn kann sich telefonische Beratung und Telepharmazie vorstellen, aber da will die ABDA, so scheint es, noch nicht mitspielen. Ob sie diese Position lange durchhalten kann…? 

Und noch was: Der Zukunftspakt ist nur eine Initiative, es gibt da noch die Initiative pro AvO (Apotheke vor Ort) mit den Playern Wort & Bild Verlag, den Großhändlern Sanacorp und Gehe, der Noventi Group sowie BD Rowa. Wie man jetzt vernehmen durfte, können sich die Köpfe beider Initiativen vorstellen, dass eine Zusammenarbeit nicht ausgeschlossen ist. Mein liebes Tagebuch, da ist einiges in Bewegung. 

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