Persönliche Gesundheit

Cannabis-Produkte werden immer stärker

Die Wirksamkeit von Cannabisprodukten hat sich in den vergangenen zehn Jahren stark erhöht. Vor allem der Wirkstoffgehalt von Haschisch habe in den letzten sieben Jahren drastisch zugenommen. Das ist das Ergebnis der Studie „Increasing Potency and Price of Cannabis in Europe 2006-2016“, die am Samstag im Fachblatt „Addiction“ veröffentlicht wurde.

Für die Untersuchung hatten Wissenschaftler der Universität in Bath und des Kings College in London in Zusammenarbeit mit der europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht in Lissabon Daten aus knapp 20 europäischen Ländern sowie Norwegen und der Türkei erhoben. In einem standardisierten Verfahren analysierten sie den Gehalt des Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) von polizeilich beschlagnahmten Cannabisprodukten und verglichen ihn mit den marktüblichen Preisen.

Der Vergleich legt vor allem eine starke Veränderung auf dem Haschischmarkt nahe. Zwar stieg auch der Wirkstoffgehalt von Marihuana von fünf Prozent THC im Jahr 2006 auf 10,22 Prozent THC im Jahr 2016. Allerdings stieg auch der Preis im Vergleichszeitraum entsprechend. Anders bei Haschisch: Im ersten Teil des Vergleichszeitraums blieb der THC-Gehalt im Harz relativ stabil bei rund acht Prozent, stieg dann aber drastisch an auf 17,22 Prozent im Jahr 2016.

Deutliche „Wertsteigerung“ bei Haschisch

Weil der Preis für Haschisch im gleichen Zeitraum nicht entsprechend anstieg, erfuhr Haschisch, wenn man es so nennen will, eine deutliche Wertsteigerung: Von 11,0 Milligramm THC pro Euro auf 16,39 Milligramm pro Euro.

Den Grund für den erhöhten THC-Gehalt im Haschisch vermuten die Wissenschaftler in einer veränderten Anbaumethode im Hauptproduktionsland für Haschisch, Marokko. Über Jahrzehnte wurden dort für die Herstellung der braunen Harzplatten einheimische Cannabis-Rassen verwendet. Dadurch fanden sich neben dem potenten psychoaktiven THC auch hohe Anteile von Cannabidiol (CBD) aus der weiblichen Hanfpflanze im Haschisch. Dieses wirkt entkrampfend, angstlösend und entzündungshemmend. Eine mögliche antipsychotische Wirkung wird derzeit erforscht.

Die Forscher gehen aufgrund entsprechender Daten davon aus, dass die Cannabis-Züchter in Marokko und inzwischen aber auch auf den Anbau von THC-dominanten Stämmen umgestellt haben, wie sie üblicherweise für die Produktion von Marihuana bevorzugt werden. Diese Stämme enthalten aber weniger CBD und sind entsprechend wirksamer. „Diese Verschiebungen in einem gesetzeswidrigen Markt sind für die Forschung nur schwer erfassbar“, sagt Tom Freeman von der Universität Barth, einer der Autoren der Studie. „Entsprechend schwierig ist es auch für die Politik, dort wirksam einzugreifen.“

Erhöhtes Risiko bei hoher Potenz

Die intensive Beschäftigung der Forscher mit dem THC-Gehalt verschiedener Cannabisprodukte liegt in deren unerwünschten Nebenwirkungen begründet: Verschiedene Studien legen nahe, dass der Konsum von Haschisch oder Marihuana mit starker Potenz, also hohem THC-Gehalt, das Risiko psychotischer Krankheiten und mentaler Abhängigkeiten erhöht. Studien zufolge passt sich das Konsumverhalten von Kiffern zudem nicht abhängig von der Wirksamkeit an, sie konsumieren also von wirksamerem Marihuana oder Haschisch nicht weniger.

„CBD verringert die Gefahr, die vom Cannabis-Konsum ausgeht, ohne die Effekte, die Nutzer von Cannabis wünschen, merkbar zu schmälern“, sagt Freeman. „Leider geht der Trend aktuell in eine andere Richtung: Mehr THC, weniger CBD, was Cannabis potenziell gefährlicher macht“, so der Forscher.

Erst eine genaue Analyse der Potenz von Cannabisprodukten ermögliche ein Verständnis von den gesundheitlichen Folgen von Cannabis-Konsum, heißt es in der Studie. „Zusammen mit unseren Kollegen vom King’s College London führen wir aktuell eine Untersuchung zur Frage durch, welches Verhältnis von THC zu CBD das geringste Risiko für die Nutzer birgt, ohne die gewünschte Wirkung zu sehr zu senken“, so Freeman.

Mit den Erkenntnissen könnten sich bei möglichen Legalisierungen von Cannabis, die in verschiedenen Ländern diskutiert werden, auch die Einführung verbindlicher Grenzwerte für die THC-Konzentration von Cannabisprodukten begründen lassen.

Interessanterweise macht sich der Anstieg des THC-Gehalts nicht in allen europäischen Ländern gleich bemerkbar (genauere Daten zu einzelnen Ländern finden Sie hier): Während in Frankreich inzwischen Haschisch mit einem THC-Gehalt von mehr als 20 Prozent marktüblich ist und der Wirkstoffgehalt in anderen Ländern wie Dänemark ebenfalls erheblich angestiegen ist, zeigen Proben von Haschisch aus Holland, dem europäischen Mutterland des Kiffens, keinen signifikanten THC-Anstieg im Harz.

Quelle: Den ganzen Artikel lesen