Persönliche Gesundheit

Das Leiden hat kein Ende

Etwa 3000 Menschen verloren bei den Anschlägen am 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York City ihr Leben. In den folgenden Wochen unterstützten Zehntausende Freiwillige die Aufräumarbeiten am Ort des Terrors. Dabei wurden sie nicht nur Zeuge der Verwüstung rund um Ground Zero, sondern häufig auch mit menschlichen Überresten in den Trümmern konfrontiert. Unter den Folgen leiden viele bis heute, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Freiwillige Aufräumhelfer haben demnach ein deutlich erhöhtes Risiko für psychische Traumatisierung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Jeder fünfte Mann (20 Prozent), der in den Wochen und Monaten nach dem Einsturz des World Trade Centers half, entwickelte der Untersuchung zufolge eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Bei den Frauen war es sogar jede Vierte (26 Prozent).

Der Anteil der Personen mit PTBS sei bei den Helfern doppelt so hoch wie in der Durchschnittsbevölkerung, schreibt das Forscherteam. Menschen mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung durchleben die belastende Situation immer wieder, zum Beispiel in Alpträumen. Auch wenn sie Reizen ausgesetzt sind, die sie mit den Erlebnissen verbinden – etwa Rauchgeruch – kann es zu solchen Flashbacks kommen. Eine häufige Folge: Betroffene versuchen, solche Situationen zu vermeiden, im Extremfall verlassen sie ihre Wohnung nicht mehr. Auch eine extreme Angespanntheit und Reizbarkeit sind typisch.

Weitere Folge: Mehr Herzinfarkte und Schlaganfälle

Für ihre Studie begleiteten die Forscher knapp 6500 freiwillige Arbeiter mehr als ein Jahrzehnt lang – 83 Prozent davon waren Männer. Die Teilnehmer wurden zunächst kurz nach den Bergungsarbeiten ausgiebig untersucht. Von 2012 bis Mitte 2016 erfassten die Forscher zudem die Häufigkeit von Herzinfarkten und Schlaganfällen in der Gruppe. Zu Beginn jener Phase waren die Teilnehmer im Mittel 51 Jahre alt.

Die traumatisierten Helfer erkrankten demnach deutlich häufiger an Herz-Kreislauf-Störungen. Das Risiko für einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall lag in der Gruppe der PTBS-Betroffenen um den Faktor 2,4 höher als bei den restlichen Helfern – unabhängig vom Geschlecht.

Überraschenderweise spielten die klassischen Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Übergewicht und hoher Cholesterinspiegel bei den Teilnehmern keine große Rolle. Auch in welchem Maße sie den Staubwolken ausgesetzt waren, beeinflusste das Risiko für Infarkt und Schlaganfall im vierjährigen Beobachtungszeitraum nicht, berichtet das Team um Molly Remch von der City University in New York und Zoey Laskaris von der University of Michigan im Fachblatt „Circulation: Cardiovascular Quality and Outcomes“.

Die Forscher wissen nicht, ob ihre Resultate auf alle 90.000 Menschen, die nach den Anschlägen halfen, übertragbar sind. Sie messen der Studie aber sehr hohe Aussagekraft bei – weil alle Teilnehmer ein ähnliches traumatisches Ereignis erlebten, noch dazu zur gleichen Zeit.

Karl-Heinz Ladwig vom Helmholtz Zentrum München, der nicht an der Untersuchung beteiligt war, spricht von einer wichtigen Studie, die schon durch ihre Größe beeindrucke. Andere heftige Katastrophen wie Tsunamis, Vulkanausbrüche oder Erdbeben könnten für Opfer und Helfer ähnliche Folgen haben.

Generell seien Posttraumatische Belastungsstörungen dauerhaft und schwer zu behandeln. Das liege auch daran, dass viele Traumatisierte dazu neigten, sich zurückzuziehen und sich zu vernachlässigen. „Wenn Ärzte solche Patienten regelmäßig zu sehen bekämen, könnte man viele gesundheitliche Folgen abwenden.“

Video: Chronik des 11. September 2001


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