Persönliche Gesundheit

Drastische Zunahme von Parkinson-Erkrankungen: Für wen sich welche Therapie eignet

Mediziner beschrieben Morbus Parkinson schon 1817 erstmals. Trotzdem sind die Ursachen der Nervenerkrankung bis heute unbekannt. Sie lässt sich weder verhindern noch heilen. Die moderne Medizin kann aber die vielfältigen Symptome gut behandeln und die Lebensqualität der Patienten ganz individuell verbessern.

Der beliebte Moderator Frank Elstner, ein Urgestein deutscher Fernsehunterhaltung, hat gerade publik gemacht, dass er vor drei Jahren die Diagnose Parkinson bekam. Mit heute 77 Jahren ist er ein typischer Betroffener. Denn Morbus Parkinson gehört zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen im höheren Lebensalter.

Rund ein Prozent der über 60-Jährigen leidet hierzulande an der Krankheit, bei der die dopaminhaltigen Nervenzellen verfallen. Bei den über 80-Jährigen sind es sogar rund drei Prozent.

Von 2,5 auf 6,1 Millionen Fälle in 25 Jahren

Die Zahl der Betroffenen steigt weltweit dramatisch an. So ist die Zahl von 2,5 Millionen Patienten im Jahr 1990 auf 6,1 Million im Jahr 2016 hochgeschnellt. Das ist nicht nur durch den demographischen Wandel zu erklären, meinen Parkinson-Experten. Sie vermuten einen negativen Einfluss von Umweltschadstoffen, möglicherweise in erster Linie Pestizide.

Wenn die typischen Symptome – Zittern der Hände, Körpersteife, unsicherer Gang und langsame Bewegungen – der schon vor 200 Jahren erstmals beschriebenen Krankheit auftreten und die Diagnose gestellt wird, sind meist schon 50 bis 70 Prozent der dopaminhaltigen Nervenzellen im Gehirn abgestorben.

Unspezifische Symptome sind Vorboten

Heute weiß man allerdings, dass Parkinson sich viel früher mit unspezifischen Symptomen im ganzen Körper bemerkbar macht. Dazu gehören Depressionen, Störungen des Riechens und der Blase, Verdauungsprobleme oder auch Schmerzen unterschiedlichster Art. Unter Fachleuten hat sich daher der Name idiopathisches Parkinsonsyndrom für die Schüttellähmung durchgesetzt.

Die Therapie ist durch die Symptomvielfalt sehr individuell geworden. Neben den klassischen Parkinson-Medikamenten gehören in jedem Fall Physiotherapie, eventuell auch Ergo- und Logopädie dazu.

Tollkirsche als frühestes Medikament

Im 19. Jahrhundert versuchten die Ärzte, Parkinson-Symptome mit der schwarzen Tollkirsche zu lindern. Sie wirkt auf das unwillkürliche Nervensystem, welches die Körperfunktionen und die Kontraktion der Muskeln steuert. Der Wirkstoff kommt heute noch gelegentlich bei der Behandlung zum Einsatz.

Standardtherapie: Dopamin-Ersatz

In der Regel erhalten die Kranken Medikamente, mit denen der Mangel am Neuro-Botenstoff Dopamin ersetzt wird. Die bis dato wirkungsvollste Behandlungsmethode ist schon 50 Jahre alt.

Damals wurde der Nervenbotenstoff Dopamin und seine Wirkung entdeckt. Seither lassen sich die Bewegungseinschränkungen minimieren, so dass die Betroffenen viele Jahre ein normales Leben führen können. Auch die Lebenserwartung ist trotz unheilbarer Krankheit kaum beeinträchtigt.

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L-Dopa-Tabletten als Therapiegerüst

Levodopa beziehungsweise L-Dopa ist die chemische Vorstufe des körpereigenen Botenstoffs. Es kann die Blut-Hirn-Schranke überwinden und wird im Gehirn schließlich zu Dopamin umgewandelt. Die Tabletten müssen mehrmals täglich eingenommen werden. Denn Levodopa wirkt nur wenige Stunden, bevor es von Leber und Nervenzellen abgebaut wird.

Für jüngere Patienten: Dopaminagonisten als Alternative

Als Retard-Kapseln oder als Pflaster wirken Dopamin-Agonisten bis zu 24 Stunden lang. Insbesondere bei jüngeren Parkinson-Betroffenen stellen sie eine Alternative zu Levodopa dar. Sie ahmen den körpereigenen Botenstoff nach und stimulieren die Dopamin-Rezeptoren der Nervenzellen.

Pumpsysteme bei fortgeschrittenem Parkinson

Bei fortgeschrittener Krankheit kann das Medikament, ähnlich wie bei einer Insulinpumpe, direkt unter die Haut injiziert werden. Das Gerät gibt den Wirkstoff gleichmäßig ab. Ein anderes Pumpsystem wirkt direkt über den Dünndarm. Das ist sinnvoll, wenn bei Patienten aufgrund des Krankheitsstadiums die Magen- und Schlucktätigkeit eingeschränkt ist oder eine Demenz vorhanden ist. Um die Pumpen erstmalig einzustellen, ist ein stationärer Aufenthalt im Krankenhaus nötig.

Hirnschrittmacher als jüngster Therapieansatz

Neben den Pumpsystemen gehört der Hirnschrittmacher zu den Eskalationstherapien. Bei einer Operation platzieren Neurochirurg und Neurologe zwei Elektrode millimetergenau im Gehirn. Die Tiefenhirnstimulation sollte bis vor wenigen Jahren so lange wie möglich hinausgezögert werden. Heute rät man bereits jungen Patienten dazu, wenn die ersten motorischen Komplikationen auftreten.

Der Hirnschrittmacher setzt bestimmte Areale im Gehirn außer Betrieb. Die defekten und durch die Krankheit aus dem Gleichgewicht gebrachten Neuronennetzwerke funktionieren dadurch wieder besser.

Das OP-Risiko liegt bei unter einem Prozent. Die Vorbereitungen der Operation sind allerdings zeitintensiv. Die Batterie, die in den Brustmuskel oder im Bereich des Beckens implantiert wird, muss spätestens alle 20 Jahre ausgetauscht werden – in den Anfangsjahren waren es noch alle fünf Jahre.

Keine Heilung, mehr Lebensqualität

Trotz der neuen Therapieformen und den Fortschritten bei der Standardtherapie kann die Medizin Parkinson nicht heilen. Es bleibt ein Kampf gegen die Symptome und für mehr Lebensqualität. Die realistischen Hoffnungen beruhen auf einer Weiterentwicklung der verwendeten Medikamente und eingesetzten Technik.

Hoffnung auf Immuntherapien

In der Forschung für die Zukunft geht es allerdings bereits um die Entwicklung von Antikörpern und eine Impfung gegen Parkinson, also Therapien, die über die Symptomverbesserung hinausgehen.  

In den Nervenzellen von Parkinson-Patienten finden sich Eiweißablagerungen, die sogenannten Lewy-Körperchen. Teile der Proteine verbreiten sich möglicherweise von Zelle zu Zelle und „infizieren“ sie. Sie sind das Angriffsziel von Antikörpern, die wie eine Parkinson-Impfung wirken würden.


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