Eine in einem Supermarkt installierte Sammelbox für Rezepte und OTC-Bestellungen, die per Botendienst von einer Apotheke in der Nachbarschaft bedient werden, ist nach einem aktuellen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von einer Versandhandelserlaubnis umfasst. Ist nun ein Wildwuchs solcher „Pseudo-Rezeptsammelstellen“ zu befürchten? Jedenfalls in Bayern hat man diese Sorge nicht. Die dortige Landesapothekerkammer hat derartige Modelle schon seit 2008 als Unterfall des Versandes gesehen und nur in speziellen Fällen beanstandet.
Das Bundesverwaltungsgericht hat vergangenen Donnerstag entschieden: Der Versandhandel mit Arzneimitteln umfasst auch das Einsammeln von Rezepten und Botenauslieferungen im Einzugsbereich der Präsenzapotheke. Damit ist ein langjähriger Rechtsstreit zwischen der Inhaberin der Pinguin-Apotheke im westfälischen Herne und der Stadt Herne zu Ende gegangen. In den ersten beiden Instanzen, war die Klage der Apothekerin gegen ihre Aufsichtsbehörde noch abgewiesen worden: Hier nahm man ebenso wie die Stadt an, dass die von der Pharmazeutin in einem Edeka-Markt installierte Einrichtung, die die Bestellung von Arzneimittel in der Pinguin-Apotheke ermöglicht, als unzulässige Rezeptsammelstelle zu betrachten ist. Denn für diese gab es keine Genehmigung – und selbst wenn die Klägerin, eine solche beantragt hätte, wäre ihr keine erteilt worden, weil die Voraussetzungen des § 24 Apothekenbetriebsordnung nicht erfüllt sind.
Mehr zum Thema
Bundesverwaltungsgericht
Rezeptsammlung im Supermarkt ist doch zulässig
Nun gibt es also ein höchstrichterliches Urteil, das der Apothekerin Recht gibt. Es wirkt über die eigentlichen Streitparteien hinaus und gilt für alle Apotheken mit Versanderlaubnis. Die schriftlichen Gründe liegen noch nicht vor. Doch Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas, der die Apothekerin in dem Verfahren vertreten hat, sprach schon unmittelbar nach der mündlichen Verhandlung am vergangenen Donnerstag von einem Erfolg für die Apotheken vor Ort. Sie könnten nun den großen Arzneimittelversendern rechtssicher und kundennah etwas entgegensetzen. Für EU-Versender oder bundesweit agierende deutsche Versandapotheken bringe das Urteil keine Änderung, betont Douglas: Sie hätten schon seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Pick-up-Stellen in dm-Drogeriemärkten von 2008 die Möglichkeit, derartige Einrichtungen zu betreiben. Und besser als das Modell Hüffenhardt sei eine lokale Lösung einer Apotheke vor Ort allemal. Douglas erklärte auch, dass sich aus seiner Sicht die Regelungen zur Rezeptsammlung überholt hätten – spätestens mit der Einführung des E-Rezepts sei § 24 Apothekenbetriebsordnung gegenstandslos.
Doch wie sieht man das Urteil in der Apothekerschaft selbst? Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe erklärte auf Nachfrage von DAZ.online: „Aus Sicht der AKWL ist das Urteil ebenso überraschend wie befremdlich. Wir haben die Urteilsbegründungen in erster und zweiter Instanz als sachgemäß und stringent empfunden. Sobald die Urteilsbegründung vorliegt, werden wir uns hierzu im Detail äußern.“
Quelle: Den ganzen Artikel lesen