Epigenetische Faktoren entscheidend für den Verlauf?
Wieso manche Menschen bei einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 schwer erkranken und andere kaum Beschwerden zeigen, bleibt bislang weitgehend unklar. Laut einer aktuellen Studie könnten hierbei die sogenannten epigenetische Anlagen eine wesentliche Rolle spielen und diese ließen sich möglicherweise auch dafür nutzen, den Verlauf der Erkrankung vorherzusagen.
Ein spanisches Forschungsteam um Professor Manel Esteller von der Universität Barcelona hat bestimmte epigenetische Muster identifiziert, die mit einem erhöhten Risiko schwerer COVID-19-Verläufe in Zusammenhang stehen. Die epigenetischen Faktoren könnten auch als Biomarker zur Vorhersage des Verlaufs dienen, berichtet das Forschungsteam. Veröffentlicht wurden die entsprechenden Studienergebnisse in dem Fachmagazin „ EBioMedicine“.
Stark unterschiedliche Symptome
Die Symptome der SARS-CoV-2-Infektion können sehr unterschiedlich ausfallen und reichen von Personen, die keine Symptome zeigen, bis hin zu solchen, die auf Intensivstationen mit Notfallbeatmung aufgenommen werden müssen, erläutern die Forschenden. Dabei bleibe weitgehend unklar, welche Faktoren für diese Bandbreite an sehr unterschiedlichen Krankheitsbildern verantwortlich sind.
Zwar sei bekannt, dass Risikofaktoren wie beispielsweise ein fortgeschrittenes Alter, Herz-Kreislauf-Krankheiten, Diabetes und Fettleibigkeit mit einem höheren Risiko schwerer COVID-19-Verläufen verbunden sind, aber es stelle sich die Frage, wieso auch bei dem Rest der Bevölkerung die Symptome derart unterschiedlich ausfallen können, so das Forschungsteam.
DNA-Methylierung untersucht
Da die sogenannte DNA-Methylierung (epigenetische Merkmale) bekanntermaßen bei der Regulation von Virusinfektionen und des Immunsystems involviert ist, haben die Forschenden in ihrer aktuellen Studie nach möglichen epigenetischen Faktoren gesucht, die mit dem Verlauf von COVID-19 in Zusammenhang stehen.
Bei insgesamt 407 COVID-19-Infizierten im Alter unter 61 Jahren und ohne Vorerkrankungen wurden mögliche Zusammenhängen zwischen epigenetischen Einflüssen und dem Krankheitsverlauf analysiert. Von den Teilnehmenden zeigten 194 Personen eine leichte Symptomatik, die keinen Krankenhausaufenthalt erforderte, und 213 erlitten einen schweren Verlauf, der eine Beatmungsunterstützung erforderte, berichtet das Forschungsteam.
Auffällige epigenetische Veränderungen
„Wir fanden heraus, dass es epigenetische Veränderungen, also chemische Schalter, die die DNA-Aktivität regulieren, bei den Personen gab, die positiv auf das Virus getestet wurden und eine schwere COVID-19 entwickelten“, berichtet das Forschungsteam.
Diese Veränderungen seien vor allem in Genen aufgetreten, die mit einer übermäßigen Entzündungsreaktion in Verbindung stehen, sowie in Genen, die einen insgesamt schlechteren Gesundheitszustand widerspiegeln. Das identifizierte DNA-Methylierungsmuster beziehungsweise die epigenetische Signatur bezeichnen die Forschenden als „EPICOVID“.
„Interessanterweise weisen 13 Prozent der Weltbevölkerung diese epigenetische Signatur (EPICOVID) auf, also ist dies die Gruppe mit dem höchsten Risiko, um die wir uns besonders kümmern müssen“, betont Professor Manel Esteller.
Biomarker zur Vorhersage des Verlaufs
In Kombination mit anderen klinischen, zellulären und genetischen Faktoren seien die epigenetischen Faktoren gut geeignete Biomarker zur Vorhersage des Krankheitsverlaufs und es könnte erhebliche Entlastungen im Gesundheitssystem ermöglichen, wenn sich im Voraus sagen ließe, ob die Infizierten einen Krankenhausaufenthalt benötigen oder einfach ambulant versorgt werden können, resümiert das Forschungsteam. (fp)
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