Der EU-Gipfel hat die Weichen für einen digitalen europäischen Corona-Impfpass gestellt. Viele EU-Mitgliedsstaaten, die stark vom Tourismus leben, drängten darauf. Aber kommt der EU-Impfpass schnell genug? Und was kann man damit anfangen? Die wichtigsten Antworten.
Einfach ein Ticket in die Sonne buchen und ab in den Urlaub: Nach dem deprimierenden Corona-Winter ist die Sehnsucht groß. Ein europäischer Impfpass könnte das Reisen leichter machen und auch den gebeutelten Urlaubsländern Europas wirtschaftlich wieder auf die Beine helfen – so hoffen es die Befürworter. Beim EU-Gipfel setzten sie sich jetzt zumindest teilweise durch. Doch die Hürden bleiben hoch, politisch und technisch. Ein Freifahrtschein in Ferien ohne Tests und Quarantäne ist leider noch nicht in Sicht.
Was wurde beim EU-Gipfel vereinbart?
Der Beschluss ist dürr: "Wir rufen dazu auf, dass die Arbeit an einem gemeinsamen Ansatz für Impfzertifikate weiter geht und werden uns damit wieder befassen", heißt es in der Gipfelerklärung. Offiziell ist das kaum mehr als der Grundsatzbeschluss vom Dezember, dass man so einen Impfpass will. Der politische Druck von Urlaubsländern wie Österreich, Griechenland, Zypern und Spanien war aber so groß, dass nun zumindest ein Zeitrahmen genannt wird: Drei Monate sollen die technischen Vorbereitungen dauern, also etwa bis Ende Mai. Technisch wäre man damit vor der Sommersaison startklar.
Wie könnte der Impfpass aussehen?
Das könnte in jedem EU-Staat etwas unterschiedlich sein – ob auf Papier oder elektronisch. Gesundheitsminister Jens Spahn plant einen vorübergehenden digitalen Impfnachweis zusätzlich zum gängigen gelben Impfheftchen, bevor Anfang 2022 ohnehin ein digitaler Impfpass als Teil der elektronischen Patientenakte kommen soll. Wichtige Daten sind bereits beim Robert Koch-Institut hinterlegt – unter anderem Impfdatum, Impfstoffname, Chargennummer, Geburtsmonat, Geburtsjahr, Geschlecht und Postleitzahl.
Das Europäische am Impfnachweis: Die nationalen Lösungen sollen von vorneherein kompatibel aufgesetzt und verknüpft werden, so dass sie überall in der EU einfach und personenbezogen ausgelesen werden können. Denkbar ist etwa ein personalisierter QR-Code wie bei einem Bahnticket, den man sowohl auf Papier als auch auf dem Smartphone bei sich tragen könnte.
Was kann man mit dem Impfpass anfangen?
Das ist die eigentlich heikle Frage, die auch beim EU-Gipfel offen blieb. Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz und andere wollen ganz klar eine Verknüpfung mit Vorteilen für Corona-Geimpfte: einfacheres Reisen, aber auch Zugang zu Restaurants oder Theatern. "Wir wollen möglichst schnell wieder zurück zur Normalität, unser altes Leben wiederhaben und ein Maximum an Freiheit", schrieb Kurz auf Twitter. In dem elektronischen Nachweis könnten nach seiner Auffassung auch eine Immunisierung durch Covid oder negative Tests vermerkt sein und ebenfalls als Türöffner wirken.
Deutschland und andere zögern. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, es sei nicht so, dass künftig nur reisen dürfe, wer einen Impfpass habe. "Darüber sind überhaupt noch keine politischen Entscheidungen getroffen."
Warum bremst Deutschland?
Drei wichtige Argumente: Erstens sei unklar, ob man trotz Impfung das Coronavirus weitergeben könne – hierzu verwies EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen beim Gipfel jedoch auf vielversprechende Daten aus Israel, wonach zumindest der Biontech/Pfizer-Impfstoff wohl vor Übertragungen durch zweimal Geimpfte schützen könnte. Zweiter Einwand: Nur eine kleine Minderheit in der EU hat bisher die Chance auf die Spritze, da wären Vorteile unfair. Und zum dritten: Hätten nur Geimpfte Vorteile, könnte das eine Impflicht durch die Hintertür bedeuten, dabei hat man doch Freiwilligkeit zugesichert. Das Gegenargument lautet, die Aussicht auf Bewegungsfreiheit könnte Skepsis überwinden helfen.
Wird der EU-Impfpass den Weg in die großen Ferien ebnen?
Das ist nicht ausgeschlossen. Selbst wenn Deutschland sich gegen Vorteile für Geimpfte im eigenen Land wenden sollte, könnte zum Beispiel Griechenland entscheiden, Menschen mit Corona-Impfpass die Quarantäne zu erlassen. "Letztlich liegt die Entscheidung, was man mit einem solchen Zertifikat tun könnte, bei jedem einzelnen Land", sagte von der Leyen.
Zwei Hürden sind aber vorher zu nehmen: Die technische Vorbereitung binnen drei Monaten wäre für EU-Verhältnisse sehr fix – zähe Projekte wie das gemeinsame Formular zur Nachverfolgung von Reisebewegungen oder die Verknüpfung von Tracing-Apps lassen nichts Gutes ahnen. Der Impfpass sei aber in der Frist technisch machbar, hieß es am Freitag aus der EU-Kommission. Technische Eckpunkte wurden schon Ende Januar vereinbart. Und dann wäre da die Zahl potenzieller Nutzer: Erst nach Massenimpfungen wäre der Ausweis überhaupt relevant.
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