Nach den Osterferien gilt in den Schulen vieler Bundesländer unabhängig vom Inzidenzwert eine Testpflicht. Schulkinder müssen sich selbst testen, dürfen nur bei negativem Ergebnis am Unterricht teilnehmen. Sind sie positiv, werden sie heimgeschickt. FOCUS Online klärt die wichtigsten Fragen.
Seit diesem Montag gilt in den Schulen mehreren Bundesländern eine Testpflicht. Sie ist Teil der bundesweit angeordneten Test-Offensive und soll dabei helfen, Ausbrüche an Schulen und somit erneute oder weitere Schließungen zu vermeiden.
Bislang handelt es sich dabei um das Vorgehen einzelner Bundesländer. Die konkrete Durchführung unterscheidet sich demnach, künftig könnte allerdings eine bundesweite Anordnung im Raum stehen. FOCUS Online klärt die wichtigsten Fragen für Eltern und Schüler.
Wo gilt die Testpflicht an Schulen?
Seit diesem Montag gibt es in Bayern, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein eine Testpflicht in Schulen. Zumindest in den Klassen, bei denen Präsenzunterricht möglich ist. Ab 19. April soll die Pflicht dann auch in Berlin, Brandenburg und Baden-Württemberg gelten. Im Saarland müssen sich nur Schüler weiterführender Schulen testen. In Mecklenburg-Vorpommern gilt: Alle Kinder mit Schnupfen oder Husten müssen beim Kita- oder auch Schulbesuch einen negativen PCR-Test vorlegen.
Wo werden die Tests durchgeführt?
Wo die Kinder die Tests durchführen, unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland. In Niedersachsen müssen sich Schüler sowie das Personal etwa zwei Mal pro Woche vor Unterrichtsbeginn zuhause auf Corona testen, wie das Kultusministerium mitteilte. Die Testkits sollen dort von den Schulen verteilt werden. Eltern und Erziehungsberechtigte müssen das negative Testergebnis schriftlich bestätigen. Schulen können auch verlangen, dass die benutzten Testkits gezeigt oder abgegeben werden.Wer ein positives Test-Ergebnis hat, darf die Schule nicht betreten und muss einen noch zuverlässigeren PCR-Test machen lassen. Dieser klärt, ob der oder die Betroffene tatsächlich mit dem Coronavirus infiziert ist.
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In Bremen hingegen können sich die Schulkinder erst in der Schule testen. Ähnlich gestaltet sich die Lage für bayerische Schulkinder: Sei es im Präsenzunterricht, im Wechselmodell oder in der Notbetreuung – sie müssen künftig zwei Mal pro Woche in der Schule einen Selbsttest machen oder einen aktuellen negativen PCR- oder Schnelltest vorlegen. Die Verortung in die Schulen geschieht laut bayerischem Kultusministerium „im Sinne einer erhöhten Sicherheit bei der Testdurchführung“.
Bei einer Inzidenz von über 100 kann dies je nach Unterrichtsmodell sogar noch häufiger der Fall sein. Die Lehrkräfte und sonstiges schulisches Personal müssen sich ebenfalls zwei Mal in der Woche testen, dürfen dies aber Zuhause tun.
Wo genau die Tests in der jeweiligen Schule durchgeführt werden, unterscheidet sich je nach Einrichtung. Eine Durchführung der Tests ist auch im Freien auf dem Schulgelände möglich, wenn die Witterung es zulässt.
Können Lehrer bei den Tests unterstützen?
Die Selbsttestung wird durch die jeweilige Lehrkraft begleitet. „Sie beaufsichtigt die Schülerinnen und Schüler und gibt ihnen mündliche Anleitung für die Durchführung der Tests. Die Testung führen die Schülerinnen und Schüler in jedem Fall selbst durch“, heißt es auf der Seite des bayerischen Kultusministeriums.
Die Beteiligung der Lehrer beschränke sich demnach auf ein verbales Anleiten, etwa altersangemessene Hinweise, das Vorführen von Erklärvideos der Hersteller und gegebenenfalls die Vorbereitung der Selbsttests. „Insoweit besteht für Lehrkräfte, die zu einer Risikogruppe gehören, bei der Begleitung der Durchführung von Selbsttests kein weitergehendes Risiko als beim Unterricht der Schülerinnen und Schüler“.
Im Einzelfall sollten Lehrkräfte, welche zu einer Risikogruppe gehören, entweder weitergehende Schutzmaßnahmen ergreifen oder mit der Schulleitung abklären, ob eine andere Person die Tests begleiten kann.
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Was passiert, wenn ein Kind sich nicht testen möchte?
In Niedersachsen, Hamburg und Bremen ist etwa die Präsenzpflicht aufgehoben. Eltern und Erziehungsberechtigte können ihre Kinder ohne Angabe von Gründen abmelden. Diese Schülerinnen und Schüler müssen zuhause lernen und erhalten dafür Arbeitsmaterial.
Verweigern Schüler oder Eltern den Test, dürfen sie das Schulgelände nicht mehr betreten und haben dann auch keinen Anspruch auf Distanzunterricht“, heißt es zudem vom Bildungsministerium Sachsen-Anhalt.
In Bayern wird nach Angaben des Kultusministeriums die jeweilige Schule das Gespräch mit dem Schüler beziehungsweise seinen Eltern suchen. Bleibt es bei der Ablehnung, kann die Schulpflicht durch die Wahrnehmung von Angeboten im Distanzunterricht oder im Distanzlernen erfüllt werden; ein Anspruch auf bestimmte Angebote besteht aber nicht. Laut Bayerischem Lehrer- und Lehrerinnenverband waren vor den Osterferien oftmals nur weniger als die Hälfte der Eltern damit einverstanden, dass ihre Kinder in der Schule getestet werden.
Um was für Tests handelt es sich?
Bei den Tests handelt es sich um sogenannte Laientests für den vorderen Nasenbereich, die das Ergebnis nach rund 15 Minuten anzeigen. In Bayern kommen etwa Selbsttests drei verschiedener Hersteller zum Einsatz. Zentral ist bei allen, dass man sich selbst ein Wattestäbchen circa zwei Zentimeter tief in die Nase steckt und Sekret abstreicht, das dann mit einer Testlösung analysiert wird.
Die Selbsttests sollen im Regelfall unmittelbar zu Beginn des Unterrichtstages im Klassenzimmer durchgeführt werden. Der Test selbst benötigt etwa 5 Minuten, nach weiteren 15 Minuten Wartezeit kann das Ergebnis abgelesen werden.
Können auch junge Schulkinder die Tests richtig anwenden?
Ob selbst die Jüngsten dazu in der Lage sind, die Selbsttests korrekt anzuwenden – in dieser Frage gehen die Meinungen auseinander. Einige Eltern und Lehrkräfte bezweifeln es.
„Kinder, die nicht mal eine Schleife binden können, sollen sich ab Montag selbst testen“, monierte etwa Tomi Neckov, Vizepräsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) in der Mainpost.
Nach Angaben des bayerischen Kultusministeriums seien die Tests allerdings so konzipiert, dass auch Jüngere ihn „einfach, ohne Risiko und ohne Schmerzen“ anwenden können. „Der ist nicht zu vergleichen mit dem Schnelltest, den ein Mediziner vornimmt und der tief in die Nase hineingeht“, betonte Kultusminister Michael Piazolo.
Was passiert, wenn das Ergebnis positiv ist?
Personen, die ein positives Ergebnis im Antigen-Selbsttest erhalten haben, sollten sich laut BZgA unverzüglich selbst isolieren und sich telefonisch mit dem Hausarzt, beziehungsweise dem Gesundheitsamt oder einem geeigneten Testzentrum in Verbindung setzen, um einen PCR-Test in die Wege zu leiten und das weitere Vorgehen zu klären.
Das gilt auch für die Schulkinder. Ist ein Testergebnis positiv, soll das Kind schnell isoliert und dann wenn möglich von den Eltern abgeholt werden. „Die Eltern sind dann dazu verpflichtet, beim Haus- oder Kinderarzt einen PCR-Test machen zu lassen“, schreibt etwa das Bildungsministerium Sachsen-Anhalt. Gleiches gilt für die weiteren Bundesländer.
„Da ein positiver Selbsttest wegen der Fehlerquote nicht zwingend eine Infektion bedeutet, wird im Anschluss ein PCR-Test gemacht. Die negativ getesteten Klassenkameraden können im Normalfall vorerst weiter am Unterricht teilnehmen“, ergänzt das bayerische Kultusministerium.
Abgesehen von dem logistischen Aufwand bemängeln Experten auch die psychologischen Folgen für die Kinder. „Vor allem aus pädagogischen und psychologischen Gründen, kann der BLLV die Selbsttestungen in der Schule nicht vertreten“, schreibt der bayerische Verband. „Denn was passiert, wenn ein Kind positiv getestet wird? Das Kind dann zu isolieren und nachhause schicken zu müssen, ist für alle Beteiligten, vor allem aber für das betroffene Kind, äußerst schwierig.“
Piazolos Alternativvorschlag, dass Schüler auch einen aktuellen negativen Test mitbringen könnten, die Eltern mit ihrem Kind in der Apotheke oder einem Testzentrum durchführen lassen, um nicht in der Schule getestet zu werden, hält der Verband für wesentlich besser.
Wie sicher sind die Testergebnisse?
Bezüglich der Zuverlässigkeit der Tests schreibt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): „Zwar sind die Mehrzahl der Ergebnisse von Antigen-Selbsttests korrekt, doch sie sind nicht so zuverlässig wie PCR-Tests. Deswegen stellt ein positives Ergebnis lediglich einen Verdacht auf eine Ansteckung mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 dar. Es ist keine Diagnose.“
In Bremen etwa konnten sich Schulkinder bereits seit dem 15. März zweimal pro Woche selbst auf Sars-CoV-2 testen. Die Zwischenbilanz Ende März: Von rund 20.000 Tests an Schülern sowie 4.700 Tests an Beschäftigten waren 15 positiv. Bei neun davon ließ sich das Ergebnis mittels PCR-Test bestätigen – die anderen waren per PCR-Test negativ, wie das Portal „buten und binnen“ schreibt.
Wer haftet für Fehler und Verletzungen bei den Selbsttests?
Für fehlerhafte Produkte beziehungsweise Testkomponenten haftet der Hersteller beziehungsweise Händler nach den zivilrechtlichen Grundsätzen der Produkthaftung. „Sollte sich ein Kind zum Beispiel. mit dem Wattestäbchen verletzen, tritt die Schülerunfallversicherung ein. Aufgrund der Konzeption der Selbsttests ist dies aber sehr unwahrscheinlich“, erklärt das bayerische Kultusministerium.
Eine Verpflichtung der Lehrkräfte zum aktiven Eingreifen bestehe lediglich dann, wenn eine Hilfeleistung zur Verhinderung eines Körper- oder Gesundheitsschadens erforderlich sei. Für Körper- oder Gesundheitsschäden infolge einer unterlassenen Hilfsmaßnahme hafte der Freistaat Bayern gegenüber dem geschädigten Schüler gemäß den Grundsätzen der Staatshaftung für privatrechtliches Handeln.
Ändert sich etwas an den Maßnahmen in Schulen?
An den strengen Corona-Regeln für den Schulalltag ändert sich durch die Testpflicht vorerst nichts. Abstands- und Hygieneregeln, Lüftkonzepte und die Pflicht zum Tragen einer Maske außerhalb und zum Teil im Unterricht bleiben bestehen. In Niedersachsen etwa werden die Klassen weiter in kleinen Gruppen abwechselnd zuhause und in der Schule unterrichtet. In Bremen kommen Kinder der Grundschulen in voller Klassenstärke zusammen, in den weiterführenden Schulen gilt wie in Niedersachsen das Wechselmodell.
Experten fordern bundeseinheitliche Lösung
Um mehr Klarheit und Struktur zu schaffen, sprachen sich Experten für eine bundeseinheitliche Lösung in der Testfrage aus. Heinz-Peter Meidinger, der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, forderte etwa eine Testpflicht für alle Schüler in Deutschland. Mindestens zwei Mal in der Woche müsse verbindlich getestet werden. Auch bei Schulöffnungen sei eine einheitliche Linie nötig: "Es kann nicht angehen, dass jedes Bundesland macht, was es will – und einzelne sagen, sie öffnen unabhängig von den Inzidenzen", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die generelle Grenze müsse sein, dass oberhalb einer Inzidenz von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern binnen einer Woche die Schulen geschlossen bleiben, verlangte der Lehrerverbands-Präsident.
Auch der Generalsekretär der Bundeschülerkonferenz, Dario Schramm, forderte im Gespräch mit dem RND: „Jede Schülerin und jeder Schüler muss die Möglichkeit haben, sich zwei Mal die Woche testen zu lassen. Das darf nicht nur ein Ziel sein, sondern muss wirklich geregelt sein." Zudem müsse auch verbindliche Regeln dafür geben, wie die Tests organisiert werden.
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