Die junge Frau ist in der 31. Woche schwanger, als sie sich für einen Ultraschall vorstellt. Das Herz des ungeborenen Babys soll untersucht werden. Die 23-Jährige hat schon zwei Kinder zur Welt gebracht, eines davon hat einen Herzfehler.
Die Mutter ist gesund und raucht nicht, berichtet die Kinderkardiologin Shaimaa Rakha von der Uniklinik im ägyptischen Mansoura. Doch im Ultraschall zeigt sich eine Verengung des sogenannten Ductus arteriosus, schreibt die Ärztin in einem Fallbericht im Fachblatt „Fetal Diagnosis and Therapy“.
Notwendige Abkürzung im Blutkreislauf
Der Ductus arteriosus ist eine Abkürzung im Kreislauf ungeborener Kinder: Ein kurzes Stück Blutbahn verbindet die Hauptschlagader mit der Lungenschlagader. Das ist notwendig, weil der Kreislauf im Mutterleib anders funktioniert. Den Sauerstoff nimmt der Fetus ja nicht über die Lungen auf, sondern über die Nabelschnur.
Die Lunge wird zwar auch durchblutet, aber nur für ihre eigene Sauerstoffversorgung, viele ihrer Gefäße sind deshalb quasi verschlossen. Darum nimmt ein Großteil des Blutes die Abkürzung über den Ductus arteriosus statt durch die Lunge. Übrigens prangt auch im Herzen selbst noch ein Loch – in der Wand zwischen linkem und rechtem Vorhof.
Normalerweise verschließt sich der Ductus arteriosus erst nach der Geburt, wenn die Lunge ihre Arbeit aufnimmt. Passiert dies bereits im dritten Trimester der Schwangerschaft, drohen Komplikationen. Schlimmstenfalls kann es zu einer Fehlgeburt kommen.
Das Herz des Fötus sieht im Ultraschall normal aus und es arbeitet auch im Normalbereich, nur ist eben der Ductus arteriosus verengt. Warum?
Die Frau nimmt keine Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Diclofenac, sogenannte nichtsteroidale Antirheumatika, die dazu führen können, dass sich das Gefäß frühzeitig verschließt.
Zu viele gesunde Lebensmittel?
Deshalb fragt Kinderkardiologin Rakha nach den Ernährungsgewohnheiten ihrer Patientin. Trinkt sie sehr viel Tee? Isst sie reichlich Weintrauben? Was ist mit anderen Obstsorten, die viele sogenannte Polyphenole enthalten? Vielen dieser in Pflanzen vorkommenden Stoffe schreibt man eine gesundheitsfördernde Wirkung zu. Im Übermaß konsumiert können sie allerdings zu einem frühzeitigen Verschluss des Ductus arteriosus führen. Man vermutet, dass sie – ähnlich wie die Schmerzmittel – einen bestimmten Stoffwechselweg beeinflussen.
Tatsächlich findet die Ärztin eine mögliche Ursache: große Mengen frischer Orangen. Tagtäglich verzehre sie bis zu zwei Kilogramm der Zitrusfrüchte, erzählt die werdende Mutter. Darauf verzichtet sie jetzt auf den ärztlichen Rat hin.
Von nun an werden Herz und Gefäße des ungeborenen Kindes jeden zweiten Tag per Ultraschall kontrolliert. Bald gibt es gute Nachrichten: Nach zwei Wochen hat sich der Blutfluss normalisiert. Die Verengung hat sich also zurückgebildet.
Das Kind – es ist ein Junge – kommt in der 39. Schwangerschaftswoche mit einem gesunden Herzen zur Welt.
Trotz dieser möglichen Wirkung großer Polyphenol-Mengen müssen Schwangere sich nicht vor Orangensaft, Äpfeln, Tee, Soja und anderen polyphenolreichen Lebensmitteln fürchten.
Es gilt – „wie überall und oft: Die Dosis macht das Gift“, sagt Dieter Schlembach, der die Klinik für Geburtsmedizin am Klinikum Neukölln, Berlin, leitet. Das mit einem derart exzessiven Konsum verbundenen Risiko sei kein Grund, sich nicht gesund zu ernähren.
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