Parodontitis ist die häufigste Ursache für Zahnverlust. Auf welche Warnzeichen Sie achten sollten, welche Behandlungen bei der Zahnbetterkrankung besonders gut wirken und welche weniger sinnvoll sind.
Jeder Zweite hat hin und wieder mit Parodontitis zu tun – und das obwohl andere Erkrankungen im Mund wie Karies seit Jahren zurückgehen. Die Parodontitis betrifft dabei weit mehr als nur das Zahnfleisch. Schreitet die Zahnbettentzündung voran, zerstört sie langsam den Knochen und die Zähne verlieren ihren Halt. Deshalb ist Parodontose – oder medizinisch exakt Parodontitis – die Hauptursache für Zahnausfall und Zahnersatz und nicht Karies, wie die meisten glauben. Zusätzlich erhöht Parodontose das Risiko für zahlreiche schwere Krankheiten wie Herzinfarkt, Arteriosklerose und Rheuma.
Was ist eine Parodontitis?
Bei einer Parodontitis handelt es sich um eine Entzündung des Zahnbetts, die chronisch verläuft. Sie beginnt meist mit einer Zahnfleischentzündung (Gingivitis). Wenn keine Behandlung einsetzt, geht das Zahnfleisch zurück.
Durch den Zahnfleischschwund bilden sich Zahnfleischtaschen. Die Zahnhälse liegen frei und die Entzündung kann sich zur Zahnwurzel hin ausbreiten und den Kieferknochen erreichen. Der gesamte Zahnhalteapparat (Parodontium, daher auch die Bezeichnung der Krankheit) ist also in Mitleidenschaft gezogen.
Was sind Risikofaktoren für eine Parodontitis?
Normalerweise überwiegen von den rund 500 Bakterienstämmen, die in der Mundhöhle leben, die nützlichen. Unter bestimmten Umständen können sich jedoch besonders aggressive Spezies unter ihnen stark vermehren. Risikofaktoren dafür sind:
- eine mangelnde Mundhygiene
- zu viel Zucker, aber auch Kohlenhydrate, weil diese Nährstoffe bereits im Mund vom Speichel teilweise in Glukose aufgespalten werden, sie sind „Futter“ für die Bakterien
- Rauchen, Raucher haben ein 15-fach höheres Risiko für Parodontitis als Nichtraucher, die Giftstoffe im Rauch zerstören die gesunde Mundflora und feuern Entzündungen an
- ein schwaches Immunsystem sowie
- Stress, weil es dem Immunsystem zusetzt.
Jeder dieser Faktoren kann bewirken, dass die Keime einen Biofilm auf der Zahnoberfläche und dem Zahnfleisch bilden. Vor allem an den Stellen, wo das Zahnfleisch am Zahn anliegt, siedeln sie sich an. Die Bakterien verbinden sich dort mit ihren Stoffwechselprodukten und Mineralien, die sie aus dem Zahn gelöst haben, zu weichen und harten Belag (Plaque, Zahnstein) und führen zu einer Entzündung.
Ist Parodontitis ansteckend?
Auslöser der Zahnbetterkrankung sind bestimmte Bakterien, die sogenannten Parodontitis-Markerkeime, etwa:
- Porphyromonas gingivalis (P.g.)
- Tannerella forsythia (T.f.)
- Treponema denticola (T.d.)
- Prevotella intermedia (P.i.)
Bei Parodontose leben sie in großer Menge im Mundraum und deshalb ist die Zahnbetterkrankung über den Speichel auch bis zu einem gewissen Maße ansteckend. Vor allem beim Küssen werden die Keime übertragen, aber auch der gemeinsamen Benutzung von Geschirr, Besteck und Gläsern. Ist jedoch das Immunsystem intakt und werden die Zähne sorgfältig und regelmäßig geputzt, lässt sich das Ansteckungsrisiko stark begrenzen.
Eine Parodontitis macht am Anfang keine Schmerzen
Meist beginnt eine Parodontitis schleichend. Anfangs verursacht sie keine Schmerzen. Zuerst entzündet sich das Zahnfleisch, die Ränder röten sich und können anschwellen. Weitere Anzeichen sind:
- Zahnfleischbluten (wird gerne übersehen oder fällt kaum auf, weil etwa die Zahnpasta rötlich oder orange gefärbt ist)
- Mundgeruch
- Zahnfleisch geht zurück – Zähne werden sichtbar länger
Jedes dieser Anzeichen sollten Sie vom Zahnarzt abklären lassen. Mit einfachen Untersuchungen kann er feststellen, ob es sich tatsächlich um Parodontitis handelt und wenn ja, wie weit sie fortgeschritten ist.
Wie wird eine Parodontitis festgestellt?
Dafür überprüft der Arzt mit einer Parodontalsonde die Blutungsneigung des Zahnfleischs und misst die Tiefe der Zahnfleischtaschen (Parodontales Screening Index, PSI-Test). Im Idealfall liegt das Zahnfleisch straff am Zahn, der Spalt dazwischen beträgt höchstens zwei Millimeter. Sind die Taschen tiefer, handelt es sich um Parodontose, ab einer Taschentiefe von sechs Millimetern spricht der Arzt von einer schweren Parodontitis.
Röntgenbilder geben Ausschluss darüber, wie weit die Entzündung fortgeschritten und der Knochen betroffen ist. Der Keimtest zeigt außerdem, welche der pathologischen Keime die Ursache für die Entzündung sind. Das ist wichtig für die folgende Behandlung, etwa die Wahl des Antibiotikums. Für den Parodontitis-Keimtest nimmt der Zahnarzt einen Abstrich aus den Taschen. Die Kosten werden von den gesetzlichen Kassen meist nicht übernommen und belaufen sich je nach Verfahren auf gut 60 Euro.
Was hilft gegen eine Parodontitis?
Bevor die Therapie der Parodontose beginnt, raten Zahnärzte zu einer professionellen Zahnreinigung (Kosten ab 70 Euro je nach Aufwand, einige gesetzliche Krankenkassen übernehmen sie teilweise). Dabei werden Zähne, Zahnzwischenräume und Zahnfleischränder von den gröbsten Belägen und Verfärbungen befreit.
Zusätzlich werden dabei kleine Zahnfleischtaschen gründlich desinfiziert. Besonders hilfreich dabei: Neuentwicklungen wie der Matrix-Chip. Der Zahnarzt legt ihn mit einer Pinzette in die Zahnfleischtasche. Dort zerstört er Bakterien. Nach einer Woche baut er sich selbständig wieder ab. Oft reichen professionelle Zahnreinigung und gründliche Desinfektion der Taschen bereits aus, um die Parodontose zu stoppen.
Reichen diese Maßnahmen nicht aus, greifen Zahnmediziner zum sogenannten Scaling, also dem Entfernen von Biofilm, Plaques und Zahnstein. Dabei können allerdings Reste vor allem in tiefen Taschen an den Wurzelflächen verbleiben. Weil diese Überbleibsel Ansatzpunkt für neue Zahnsteinbildung ist, wird der Arzt sie mit Root Planning (Wurzelglättung) ebnen. Für leichte und mittelschwere Parodontose ist dabei in der Regel keine Operation nötig. Trotzdem ist eine örtliche Betäubung unverzichtbar, weil Zahnhals und Wurzeln sehr empfindlich sind. Die Reinigung und Glättung kann mit der Hand erfolgen, der Zahnarzt entfernt den Zahnstein also mit speziellen Instrumenten, etwa kleinen Küretten.
Ultraschall und Laser gegen Parodontose
Oft verwendet der Arzt zusätzlich Ultraschall, weil die Wellen besonders sorgfältig auch kleinste Ablagerungen erreichen. Gleichzeitig werden die Taschen mit einer Flüssigkeit gespült, der Heil- und Desinfektionsstoffe beigefügt sind.
Als neuere Option bietet sich der Laser an. Das Laser-Scaling hat den Vorteil, dass es relativ schmerzarm ist, dabei entzündetes Gewebe entfernt, Blutungen stoppt und antibakteriell wirkt. Abgerundet wird die Behandlung – egal ob per Hand, Ultraschall oder Laser gearbeitet wurde – mit desinfizierenden und antibiotischen Lösungen oder Gelen, die in die gesäuberten Taschen kommen. Diese lokale Applikation unterbindet die Neubesiedelung mit Bakterien, ohne dass dabei die Antibiotika den gesamten Organismus belasten, wie das bei der Einnahme von Tabletten die Gefahr ist.
Wie verhindere ich eine Parodontitis?
Nach der Parodontitisbehandlung sollte der Zahnarzt in regelmäßigen Abständen, dabei anfangs bereits nach einem Monat, später alle drei Monate, Zahnfleisch und Kiefer kontrollieren. Denn eine Parodontitis ist eine chronische Krankheit und kann wieder auftreten.
Und wer bereits einmal wegen Parodontitis behandelt wurde, weiß, dass die Prozedur trotz aller verbesserter Behandlungstechniken langwierig und schmerzhaft sein kann. Auch in den ersten Wochen nach der Therapie treten oft noch Beschwerden auf. Besser ist es also auf jeden Fall, es gar nicht so weit kommen zu lassen.
Was sind die wirksamsten Prophylaxe-Maßnahmen?
Wichtigste Prophylaxe-Maßnahme ist dabei die professionelle Zahnreinigung in der Praxis, wobei auch auf Parodontose getestet wird. Und selbstverständlich sollte jeder auf sorgfältige Mundhygiene und zahngesunde Ernährung achten, damit die Parodontose-Bakterien nicht (wieder) die Macht übernehmen.
Wer raucht, sollte zudem einen Rauchstopp in Erwägung ziehen. Wer Schluss macht mit dem Rauchen, reduziert sein Risiko, erneut an Parodontis zu erkranken, enorm. Sollte die totale Abstinenz für Sie undenkbar sein, ist zumindest der Umstieg auf schadstoffärmere Produkte wie Verdampfer oder E-Zigaretten, wie zum Beispiel von IQOS, zu überlegen. Sie verbrennen den enthaltenen Tabak nicht wie normale Zigaretten, sondern erhitzen ihn bloß. Das macht die Alternativprodukte in den Augen vieler Mediziner zum jedenfalls kleineren Rauch-Übel.
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