Zwei Wochen nach der chaotischen „Querdenken“-Demo ist Leipzig am Samstag erneut zum Schauplatz zahlreicher Demonstrationen geworden.
Hunderte Menschen kamen zu einer Kundgebung von Gegnern der Corona-Politik, die aber kurzfristig vom Veranstalter abgesagt wurde. In der Innenstadt trafen daraufhin gegensätzliche Lager immer wieder aufeinander. Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz, um Kritiker der Corona-Maßnahmen und Gegendemonstranten voneinander fernzuhalten. Die Lage war zeitweise unübersichtlich – es gab mehrere nicht genehmigte Spontandemonstrationen.
Chaoten prügeln auf Person ein – Polizei feuert Warnschuss ab
"Genehmigte Versammlungen liefen friedlich und ruhig ab. Dann aber entwickelte sich eine dynamische Situation an mehreren Stellen der Innenstadt", sagte Polizeisprecher Olaf Hoppe. Das sei eine schwierige Situation für die Polizei gewesen.
Zwischendurch musste die Polizei auch einen Schuss abgeben, wie die Polizei der "Bild" bestätigt. „Gegen 18:14 Uhr beobachteten Einsatzkräfte im Bereich der Richard-Wagner-Straße, Höhe Höfe am Brühl eine unüberschaubare Menschenmenge, aus der heraus einer am Boden liegende Person mehrfach gegen den Kopf getreten wurde beziehungsweise auf sie gesprungen wurde“, sagte Hoppe am Sonntag. Die Person habe hilflos am Boden gelegen. "Ein Polizeibeamter gab im Rahmen der Nothilfe einen Warnschuss in die Luft ab und beendete so die Tatausführung." Allerdings hätten die Täter flüchten können. dpa/Zentralbild/dpa-Zentralbild/dpa Polizisten laufen auf dem Augustusplatz, im Hintergrund stehen Wasserwerfer bereit.
Bilanz der Polizei: 23 Straftaten, 1600 Beamte im Einsatz
Im Zusammenhang mit den Demonstrationen ist die Zahl der bekannten Straftaten auf insgesamt 23 gestiegen. Unter anderem werde wegen Bedrohung, gefährlicher Körperverletzung, Beschädigung von fünf Dienstfahrzeugen, Raub und Beleidigungen ermittelt, teilte die Polizei am Sonntag mit. In einer vorläufigen Bilanz am Samstagabend war zunächst von 18 Straftaten die Rede. Insgesamt waren 1600 Polizisten aus 6 Bundesländern sowie der Bundespolizei im Einsatz.
Zudem berichtete die Polizei am Sonntag von einer weiteren Ermittlung im Zusammenhang mit den Demonstrationen: So soll eine Personengruppe am frühen Samstagabend aus einem Wohnungsfenster heraus mit einer Schusswaffe bedroht worden sein. Bei einer anschließenden Wohnungsdurchsuchung wurde eine Softairwaffe gefunden und eine Tatverdächtige gestellt.
Unübersichtliche Lage nach Demo-Absage: Polizei muss Personengruppen trennen
Die Gegner der Corona-Politik hatten laut Stadt für Samstag eine Versammlung mit 250 Teilnehmern angemeldet. Dagegen regte sich lauter Protest: Allein das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ rief zu drei Kundgebungen auf zentralen Plätzen der Stadt auf. Insgesamt waren in Leipzig am Samstag acht Versammlungen angekündigt worden. Derzeit sind nur maximal 1000 Teilnehmer pro Kundgebung erlaubt.
Nach der Absage der Leipziger Demo hatte sich die Lage in Leipzig am Samstag unübersichtlich dargestellt. In der Innenstadt kam es immer wieder zum Aufeinandertreffen gegensätzlicher Lager, wie die Polizei am Nachmittag auf Twitter mitteilte. "Unsere Einsatzkräfte trennen die Personengruppen", hieß es am Samtagnachmittag. Den Angaben zufolge gab es auch Angriffe auf Einsatzkräfte der Polizei. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung sprach von einem "Katz-und-Maus-Spiel".
Veranstalter zieht Anmeldung zurück – mehrere nicht genehmigte Spontanversammlungen in Leipzig
Der Versammlungsleiter der Kundgebung von Kritikern der Corona-Maßnahmen in der Leipziger Innenstadt hatte seine Anmeldung am Samstagnachmittag zurückgezogen. Hintergrund war laut Polizei das "unvollständige Attest zur Maskenbefreiung" des Anmelders. Dieses war von der Versammlungsbehörde nicht akzeptiert worden. Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/
Nach der Demo-Absage kam es zu mehreren nicht genehmigten Spontanversammlungen in Leipzig. Im Bereich des Marktes und der Großen Fleischergasse sowie der Windmühlenstraße wollten sich laut Polizei jeweils Menschen im dreistelligen Bereich beteiligen. Demnach war zunächst unklar, ob es sich dabei um Gegner der Corona-Politik oder Gegendemonstranten handelte. In der Großen Fleischergasse kam es dann auch zum Warnschuss.
Die Polizei hatte die Teilnehmer einer Spontanversammlung zunächst eingekesselt, diese jedoch später abziehen lassen. Da es in den angrenzenden Straßen Ansammlungen von Gegenprotestlern gegeben habe, habe die Polizei schließlich einen Weg bereitet, sagte ein Polizeisprecher. In kleinen Gruppen hätten die Menschen dann über den Markt zum Bahnhof abziehen können.
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Demonstration am Sonntag auch in Berlin
Auch Berlin wurde am Wochenende wieder zum Schauplatz von Demonstrationen gegen die staatlichen Corona-Beschränkungen. So sind in der Hauptstadt nach Schätzungen der Polizei am Sonntag rund 1000 Menschen auf die Straße gegangen. Die Zahl der Gegendemonstranten entlang der Route bezifferte eine Sprecherin der Polizei auf mehrere Hundert. Gegendemonstranten hätten immer wieder versucht, den als "Schweigemarsch" bezeichneten Aufzug etwa mit Blockaden zu stören. Es sei vereinzelt zu vorläufigen Festnahmen gekommen.
Die Teilnehmer des "Schweigemarsches", zu dem 5000 Menschen angemeldet waren, erreichten am Nachmittag die Alexanderstraße. Dort sollte der Aufzug enden. Rund 600 Polizisten waren am Sonntag in Berlin wegen der Demonstrationen im Einsatz.
München: Demonstration infektionsschutzrechtlich nicht vertretbar
In München hingegen wurde eine für Samstag geplante „Querdenker“-Demonstration verboten. Nach dem Verwaltungsgericht München hatte auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das Verbot bestätigt. Die Veranstalter hatten eine Kundgebung mit bis zu 30.000 Teilnehmern auf der Münchner Theresienwiese angemeldet. Die Stadt sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Versammlung unter Berücksichtigung der Erfahrungen mit Versammlungen der „Querdenken“-Bewegung infektionsschutzrechtlich nicht vertretbar sei, gab der zuständige Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur Begründung an.
Die Veranstalter hätten sich im Verwaltungsverfahren ausdrücklich geweigert, Vorkehrungen für die Einhaltung von Hygienemaßnahmen, also Mindestabstände und das Tragen von Masken, zu treffen. Die erst im gerichtlichen Verfahren nachgeschobene Zusicherung zu solchen Maßnahmen wurde als „rein verfahrenstaktisches Vorbringen“ gewertet und sei „unglaubhaft“.
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