Vermehrte Berichte über Engpässe bei Grippe–Impfstoffen in Arztpraxen haben in NRW die Opposition auf den Plan gerufen. Die SPD-Fraktion will über eine Kleine Anfrage im Landtag erfahren, welche Erkenntnisse die Landesregierung zu dem Thema hat. Währenddessen können auch Praxen in Rheinland-Pfalz die hohe Nachfrage nicht bedienen, kritisiert der Hausärzteverband. Die Apothekerschaft hat eine etwas andere Sicht auf die Dinge.
Schon vergangenen Freitag hatte die DAZ über Meldungen aus den Medien berichtet, die suggerierten, dass Hausärzte in Nordrhein bei der Auslieferung der Grippeimpfstoffe zu kurz kommen könnten, weil die Apotheken diese lieber selbst verimpfen wollen. AVNR-Chef Thomas Preis wehrte sich gegenüber der DAZ jedoch entschieden gegen den Vorwurf.
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Hintergrund ist ein seit dem Jahr 2020 laufendes Modellprojekt zur Grippeimpfung in den Apotheken. Als erstem Verband war es dem AVNR gelungen, einen entsprechenden Vertrag mit einer Krankenkasse auszuhandeln. Ärzteverbände hatten die Initiative von Anfang an abgelehnt. Einen Mangel an Impfstoff kann der AVNR-Chef derzeit jedenfalls nicht erkennen: „Am Ende werden wir wieder Hunderttausende Impfdosen übrig haben“, prognostizierte Preis.
Engpass bei Grippe–Impfstoff wird Thema im Landtag
Am gestrigen Montag meldete nun die Nachrichteagentur dpa, dass die SPD-Fraktion über eine Kleine Anfrage im Landtag erfahren will, welche Erkenntnisse die Landesregierung in NRW zu dem Thema hat. Die SPD-Abgeordnete Susana dos Santos Herrmann bezieht sich in ihrer Anfrage auf Fälle in Köln. Die Politikerin teilte mit, dass sie selbst von mehreren Abweisungen in Arztpraxen gehört habe: „Menschen, die sich gegen Grippe impfen lassen wollten, mussten unverrichteter Dinge umkehren.“
Dos Santos Herrmann will nun wissen, ob die Landesregierung Erkenntnisse hat, „wonach Hausarzt- und Kinderarztpraxen in NRW mit zu wenig Impfstoff für den Grippeschutz ausgestattet sind“ – und was der Grund dafür sein könnte. Die Kleine Anfrage liegt der dpa vor.
Die gleichen Probleme in Rheinland-Pfalz?
Wie die DAZ außerdem berichtete, können sich seit Oktober 2021 auch alle ab 18-jährigen AOK-Versicherten in Apotheken in Rheinland-Pfalz gegen Grippe impfen lassen. „Als regionale Gesundheitskasse freuen wir uns, mit einem erweiterten Versorgungsangebot für unsere Versicherten einen echten Mehrwert zu bieten: Unkompliziert, einfach und sicher wird die Impfung durch unsere Gesundheitspartner angeboten“, sagte Dr. Martina Niemeyer, Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland. Der Apothekerverband Rheinland-Pfalz hat eine Liste mit teilnehmenden Apotheken veröffentlicht.
Ab der Grippesaison 2021/22
Grippeimpfung in Apotheken in Rheinland-Pfalz
Doch auch dort kritisiert der Hausärzteverband laut dpa nun, dass Praxen in Rheinland-Pfalz die hohe Nachfrage zur Grippeimpfung nicht adäquat bedienen können. Weil das Vakzin aktuell knapp sei, müssten zahlreiche Hausärzte ihre Patienten vertrösten, so der Hausärzteverband. Dabei hätten sich die Praxen darauf eingestellt, zügig von Oktober an Grippeimpfungen für besonders gefährdete Patienten anzubieten. Nun könnten sie die hohe Nachfrage zur Grippeimpfung nicht adäquat bedienen. Dies führe zu Frustration bei den Patient:innen. Zuvor hatte der SWR darüber berichtet.
Die Erste Landesvorsitzende Barbara Römer sprach in diesem Zusammenhang von einem „zum Xten Mal entstandenen Verteilungsproblem“. Grippeimpfstoff müsse in den Praxen aber dann in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, wenn er am stärksten nachgefragt ist. Daher müsse der Verteilungsmodus geändert werden. Wer eine hohe Impfquote möchte, müsse dafür sorgen, dass den Praxen ein entsprechendes Angebot unterbreitet werden kann.
Apothekerverband: Auslieferung noch im Gange
„Im Prinzip hat die Impfsaison erst vor wenigen Tagen begonnen. Die Auslieferung der bestellten Impfstoffe ist daher aktuell noch in Gange“, sagte dagegen die Sprecherin des Apothekerverbands, Petra Engel-Djabarian, der dpa. Ihren Angaben zufolge werden die entsprechenden Bestellungen der Hausärzte üblicherweise im April oder im Mai aufgegeben. Dementsprechend würden die Vakzine dann im Spätjahr ausgeliefert. Insofern sei es sinnvoll, wenn Praxen möglichst frühzeitig die nötigen Impfdosen vorbestellen. Dann könne auch frühzeitig Impfstoff geliefert werden, fügte die Sprecherin hinzu.
Hochdosisgrippeimpfstoff
Efluelda
In diesem Jahr sei in Deutschland erstmals der Hochdosis-Impfstoff für Menschen erhältlich, die mindestens 60 Jahre alt sind. Bei einer Vorbestellung seien 60 Prozent der georderten Menge im September bei den Hausärzten eingetroffen, die restlichen 40 Prozent sollen noch im Oktober ausgeliefert werden, erklärte Engel-Djabarian weiter. Das gelte bei einer Vorbestellung indes auch für den üblicherweise verwendeten Vierfach-Impfstoff.
Mitte September hatte der Hausärzteverband sich noch einmal dafür starkgemacht, dass sich vor allem besonders gefährdete Menschen gegen Grippe impfen lassen. Nach den Diskussionen rund um die Corona-Impfungen seien viele Patienten „gesättigt“, was das Thema Impfstoffe angeht. Manche Menschen, die üblicherweise ohne großen Gesprächsaufwand ihrer jährlichen Grippeimpfung zugestimmt hätten, müssten in diesem Jahr erneut von deren Notwendigkeit überzeugt werden, hatte Barbara Römer vom Hausärzteverband damals gesagt.
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