Auf EU-Ebene ist eine Sicherheitsüberprüfung von Pseudoephedrin-haltigen Arzneimitteln gegen Erkältungen und Allergien in der Selbstmedikation eingeleitet worden. Direkte (rechtliche) Konsequenzen hat das zwar noch keine, die Beratung kann in der Apotheke aber bereits entsprechend angepasst werden. Denn dass Pseudoephedrin-haltige Arzneimittel kritisch zu bewerten sind, ist schon länger klar.
Kombinationspräparate gegen Erkältung sind in der Apotheke nicht die erste Wahl in der Selbstmedikation, werden von Patient:innen aber dennoch häufig bei Infekten nachgefragt. Beliebt sind Präparate für die orale Einnahme, in denen Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Paracetamol mit Pseudoephedrin kombiniert angeboten werden – zum Beispiel „Aspirin Complex“, „BoxaGrippal“, „Grippostad Complex“, „Wick DayNait“ oder auch „Reactine duo“. Letzteres richtet sich allerdings, in Kombination mit Cetirizin statt gegen Schmerzen und Fieber, gegen die allergische Rhinitis.
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Laut ABDA-Datenbank (Stand 13.02.2023) stimuliert Pseudoephedrin alpha-adrenerge Rezeptoren in der glatten Gefäßmuskulatur und verengt dadurch die erweiterten Arteriolen in der Nasenschleimhaut. Der Wirkstoff soll bei einer Erkältung also die Nasenatmung wieder ermöglichen, was auch durch ein abschwellendes Nasenspray (beispielsweise mit Xylomeatzolin) erreicht werden kann. Beliebt ist die orale Einnahme von Pseudoephedrin bei einer Erkältung aber auch, weil es als Nebenwirkung wach macht. „Ältere Patienten können besonders empfindlich auf die zentralnervösen Wirkungen von Pseudoephedrin reagieren“, heißt es in der ABDA-Datenbank dazu. Neben Schlaflosigkeit werden allerdings noch einige andere Nebenwirkungen aufgeführt, die nun durch eine erneute Sicherheitsbewertung von Pseudoephedrin-haltigen Arzneimitteln auf EU-Ebene verstärkt in den Fokus rücken:
„Die möglichen Nebenwirkungen von Pseudoephedrin sind:
- Kardiale Wirkungen (z. B. Tachykardie, Arrhythmie, Palpitationen, Hypertension, Hitzewallungen).
- Stimulierung des zentralen Nervensystems (z. B. Schlaflosigkeit, selten Halluzinationen) sowie Harnverhalt, insbesondere bei Patienten mit Prostatahyperplasie.
- Schwere Hautreaktionen, einschließlich akute generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP).
- Ischämische Colitis.
- Ischämische Optikusneuropathie.“
Quelle: ABDA-Datenbank (Stand 13.02.2023)
Anhand der letzten beiden genannten Nebenwirkungen wird deutlich, dass Pseudoephedrin nicht nur in der Nase die Blutgefäße verengt – und das ist offenbar problematischer als bislang deutlich wurde. Denn diese Art der Nebenwirkung nimmt nun der Pharmakovigilanz-Ausschuss der europäischen Arzneimittelbehörde EMA genauer unter die Lupe, wie die EMA vergangenen Freitag bekannt gegeben hat.
Kopfschmerzen, Übelkeit und Krampfanfälle durch Ischämie im Gehirn
Dabei geht es um die Verengung von Blutgefäßen im Gehirn, die zum posterioren reversiblen Enzephalopathie-Syndrom (PRES) und dem reversiblen zerebralen Vasokonstriktionssyndrom (RCVS) führen könnten. Bei beiden Syndromen können Kopfschmerzen, Übelkeit und Krampfanfälle auftreten. Die dabei verminderte Blutzufuhr (Ischämie) zum Gehirn könne zu schweren und lebensbedrohlichen Komplikationen führen, heißt es, worauf einzelne Fallberichte derzeit hindeuten sollen.
Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall bereits bekannt?
Laut EMA ist bereits bekannt, dass Pseudoephedrin-haltige Arzneimittel ein Risiko für kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre ischämische Ereignisse wie Herzinfarkt und Schlaganfall mit sich bringen. Entsprechende Warnhinweise seien in den Produktinformationen enthalten. Bei „Reactine duo“ wird beispielsweise der hämorrhagische Schlaganfall in der Anamnese oder das erhöhte Risiko diesen zu entwickeln als Gegenanzeige für das Arzneimittel aufgeführt. Unter „unerwünschte Wirkungen ohne Angabe der Häufigkeit“ heißt es allerdings in der ABDA-Datenbank bei „Reactine duo“ auch:
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