Das feuchte Wetter hat in den Wäldern und auf den Wiesen unzählige Pilze sprießen lassen. Das freut die Sammler, versetzt aber auch das unter anderem für Hamburg und Schleswig-Holstein zuständige Giftinformationszentrum-Nord (GIZ) der Universitätsmedizin Göttingen in Alarmbereitschaft: Seit einigen Wochen stehen die Telefone dort nicht mehr still, berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Besonders Kinder sind gefährdet, aber nicht ausschließlich. Was sollte man über Pilzvergiftungen wissen?
„Im Moment ist hier wirklich Alarm, es ist ein Riesen-Pilzalarm. Es sind bestimmt jeden Tag zehn Fälle“, sagte GIZ-Leiter Andreas Schaper der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Bislang habe es aber noch keine Todesfälle gegeben, so der Mediziner. Er arbeitet am Giftinformationszentrum-Nord der Universitätsmedizin in Göttingen, das für alle Vergiftungen in den vier norddeutschen Bundesländern Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein die primäre Beratungs- und Erfassungsstelle ist.
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Aus Hamburg seien seit Jahresbeginn 59 Fälle von Pilzvergiftungen gemeldet worden. 19 waren es im September und bislang zehn im Oktober. Giftige Pilze hätten am häufigsten Kinder und Pilz-Unkundige gegessen: in 32 Fällen waren die Betroffenen unter zehn Jahre alt. In Schleswig-Holstein wird es noch deutlicher, dass Kleinkinder zu den Risikogruppen bei Pilzvergiftungen zählen. Dort hingen 47 der 75 Anrufe seit Jahresbeginn mit unter zehn Jahre alten Kindern zusammen.
Pilzsammler: Nicht auf Apps verlassen!
„Die zweite große Gruppe sind Pilzsammler, die sich mit Pilzen nicht auskennen“, sagte Schaper weiter. „Wir warnen dringend davor, Pilze zu essen, die man einfach nicht kennt. Das kann eine tödliche Gefahr sein, wenn es zum Beispiel der Knollenblätterpilz ist.“ Der Experte riet zudem davon ab, sich auf Apps zu verlassen.
Knollenblätterpilze und das Phalloides-Syndrom
In der DAZ 38/2018 wurde beschrieben, wie gefährlich Knollenblätterpilze sind: 10 g Pilzmaterial kann schon tödlich sein – ein einziger Pilz in einer Pilzmahlzeit kann also mehrere Personen tödlich vergiften.
Amanitin und andere Amatoxine aus dem Knollenblätterpilz hemmen durch Blockade der RNA-Polymerase die Transkription, die Proteinsynthese wird gehemmt, und besonders die Zellen der Darmschleimhaut und die Leberzellen sterben ab. Nach acht bis zwölf Stunden, bei leichten Vergiftungen nach 13 bis 36 Stunden, kommt es zu wiederholtem Erbrechen und wässrigen Durchfällen, die über Tage anhalten.
Anschließend folgt eine vorübergehende trügerische Phase mit subjektiver Besserung: Trotz intensiver Therapie droht ein akutes Leberversagen mit Todesfolge.
Aus Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und Niedersachsen sind in diesem Jahr bislang rund 29.500 Anfragen bei der GIZ-Nord eingegangen, davon 483 zu Pilzen. 2018 waren es mehr als 42.000; zu Pilzen etwa 340. Den höchsten Anteil hätten aber Vergiftungen mit Medikamenten (fast 10.600 Fälle) und mit chemischen Produkten (8.180 Fälle).
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