Vier Millionen Menschen fahren herrunter: Berlin verlangsamt das Leben im Zuge der Corona-Krise. Ausgangsbeschränkungen sind beschlossen. Kneipen, Clubs und Sportstätten sind dicht, viele Schulen und Kitas auch.
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"Allen muss klar sein, wir haben hier eine Krise zu bewältigen, die sich nicht in den nächsten Tagen, wahrscheinlich auch nicht in den nächsten Wochen oder Monaten lösen lässt", sagte Regierungschef Michael Müller (SPD). Zur Eindämmung des Virus hat Berlin einige Maßnahmen beschlossen.
Ausgangbeschränkungen in Berlin
Der Berliner Senat hat weitreichende Ausgangbeschränkungen erlassen, um die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus einzudämmen. Das berichten der "Tagesspiegel" und der RBB. Damit schließe sich der Senat den von Bundesregierung und Bundesländern gemeinsam beschlossenen Maßnahmen weitgehend an:
- Demnach hätten sich die Berliner "ständig in ihrer Wohnung oder gewöhnlicher Unterkunft" aufzuhalten. Vereinzelt gebe es Ausnahmen.
- Erlaubt seien nach den Plänen der Gang zur Arbeit, das Einkaufen sowie der Gang zum Arzt, zum Therapeuten oder ins Krankenhaus.
- Auch „kurze Spaziergänge und individualsportliche Aktivitäten“, das Gassigehen, „unaufschiebbare Behördengänge“ und Trauerfeiern im engsten Familien- und Freundeskreis seien weiterhin möglich.
Noch am Samstag hatte Berlin ab sofort Versammlungen mit mehr als zehn Teilnehmern untersagt. Die bisherigen Ausnahmen für Parlamente, Gerichte und andere staatliche Einrichtungen, sowie für das Aufrechterhalten unter anderem von Versorgung, Gesundheitsfürsorge und Wirtschaftsunternehmen gelten weiter. Für Versammlungen kann die Versammlungsbehörde in wichtigen Fällen Ausnahmen zulassen.
Zudem gelten seit einigen Tagen noch weitere Maßnahmen. Ein Überblick.
Restaurants müssen schließen
Berlin verschärft die Maßnahmen zur Virus-Eindämmung, wie der Senat in einer Pressemitteilung am Samstag (21. März) erklärte:
So müssen Gaststätten mit Tischbetrieb für den Publikumsverkehr geschlossen werden, sie dürfen allerdings Speisen und Getränke zur Abholung oder zur Lieferung anbieten. Für die Abholung, auch durch Lieferdienste, sind geeignete Vorkehrung zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen zu treffen.
Geschäfte sind geschlossen
In Berlin sollen Geschäfte wegen der Corona-Krise in großem Umfang schließen. Das hat der Berliner Senat bei seiner Sitzung am Dienstag entschieden.
Supermärkte und andere Läden, die der Versorgung der Menschen dienen, Banken, Drogerien und Apotheken sollen allerdings offen bleiben.
Schulen und Kitas – und die Notbereuung
In Berlin werden ab dem 17. März alle Kitas und allgemeinbildenden Schulen geschlossen. Für die Kita-Kinder und Schulkinder der Grundstufen 1 bis 6 wird es eine Notbetreuung geben.
- Notbetreuung: Dieses Angebot kann von Eltern genutzt werden, die "in systemrelevanten" Berufen arbeiten und keine andere Möglichkeit der Betreuung haben. Dazu zählen etwa Ärzte, Polizisten, Feuerwehrleute und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen. Hier geht's zur ausführlichen Liste aller betroffenen Berufe.
- Prüfungen: Wegen der Schulschließungen verschieben sich einige Prüfungen für den Mittleren Schulabschluss, wie Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) im rbb-Inforadio sagte. Die für den 21. April geplanten Prüfungen in Deutsch, Mathematik und der ersten Fremdsprache würden um zweieinhalb Wochen verschoben. "Die Abiturprüfungen laufen weiter wie geplant." Ein entsprechendes Info-Schreiben gehe am Montag an die Schulen raus, auch die Eltern sollen informiert werden.
Universitäten und Hochschulen
Der Berliner Senat hat den Beginn der Vorlesungszeit aller Berliner Hochschulen "zunächst" auf den 20. April verschoben. Die Technische Universität Berlin teilte mit, sie plane wegen des Coronavirus in den nächsten Wochen Online-Prüfungen.
Welche Einrichtungen noch geschlossen sind
Es ist eine noch nie dagewesene Maßnahme, die Berlin beschloss, ein drastischer Schritt, der das öffentliche Leben in fast allen Facetten stark einschränken wird. Im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus schließt die Bundeshauptstadt alle Bars, Kneipen und Clubs, auch Schwimmbäder, Museen und Theater machen dicht. Alle öffentlichen und nicht-öffentlichen Veranstaltungen mit mehr als 50 Personen werden verboten.
Kein Katastrophenfall
Staatssekretär Torsten Akmann (SPD) sagte zu einem möglichen Katastrophenschutzalarm, man wolle damit nicht leichtfertig umgehen. "Wir leben ja eigentlich alle in einem schlechten Film. Und dann wären wir in einer amtlich festgestellten Katastrophe und das macht man nicht leichtfertig."
Eingeschränkt wird aber das Demonstrationsrecht. Der Senat will an diesem Dienstag eine Rechtsverordnung beschließen, nach der Demonstrationen und Kundgebungen mit mehr als 50 Teilnehmern bis zum 19. April verboten werden.
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Info-Hotlines für Bürger
Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung hat eine Hotline geschaltet, unter der Sie sich beraten lassen können. Besetzt ist die Hotline durch Fachleute des Landesamtes für Gesundheit und Soziales, der bezirklichen Gesundheitsämter und der Charité unter Federführung der Senatsverwaltung für Gesundheit.
Die Hotline ist täglich von 8:00 – 20:00 Uhr unter (030) 9028-2828 zu erreichen.
Die Hotline dient der telefonischen Klärung, ob jemand als Abklärungsfall zu betrachten ist. Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung empfiehlt, dass Sie eine Abklärung vornehmen lassen sollten, wenn
- Sie innerhalb der letzten 14 Tage im Risikogebiet gewesen sind
- Sie Kontakt zu einer Person im Risikogebiet hatten
- Sie Kontakt zu einem bestätigten Fall hatten
Verkehr
Für die Regionalzüge in Berlin und Brandenburg wird ein Notfahrplan vorbereitet. Das teilten die Länder und der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg mit. Wann er in Kraft gesetzt wird, ist aber noch offen. Der Verkehr laufe bis auf Weiteres wie geplant, hieß es. Nur von und nach Polen fahren keine Züge mehr. Sollte es zu weiteren Einschränkungen kommen, werden wir zeitnah darüber informieren", sicherte der Verbund zu.
Die Berliner müssen von Sonntag an länger auf die U-Bahn warten. Da wegen der Coronapandemie weniger Menschen mitfahren, dünnt die BVG den Takt aus. Tagsüber fahren die Züge noch alle zehn Minuten statt wie bisher alle fünf Minuten. Zusätzliche Fahrten soll es nur nach Bedarf geben, sagte eine Sprecherin.
Am Mittwoch hatte das Landesunternehmen schon den Takt bei Busse und Straßenbahnen ausgedünnt. Auch für sie gilt ein Zehn-Minuten-Takt. Allerdings wollen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) vereinzelt wieder mehr Busse fahren lassen, etwa zu Krankenhäusern und Polizeiabschnitten.
Die Tram-Linien 16/18 sowie 37/67 werden nicht mehr bedient, auch auf der Stummel-U-Bahnstrecke U55 im Regierungsviertel fahren keine Züge.
Die S-Bahn behält weitgehend ihren Fahrplan bei. Entfallen sind allerdings die Verstärkerfahrten der Linien S1, S3 und S5. Keine Züge fahren mehr auf den Linien S26 (Teltow-Stadt – Waidmannlust), S45 (Flughafen Schönefeld – Südkreuz) und S85 (Grünau – Pankow).
Fahrscheinkontrollen gebe es weiterhin. Gereinigt würden die Fahrzeuge allerdings häufiger als vor der Coronakrise. "Gereinigt, nicht desinfiziert", erklärt Nelken. "Desinfizieren gibt es bei uns nicht."
Politik
Der Termin für den SPD-Landesparteitag im Mai erscheint zunehmend unrealistisch. Eine Entscheidung darüber sei noch nicht gefallen, sagte Landesgeschäftsführerin Anett Seltz am Montag. "Aber wir gehen davon aus, dass er verschoben wird." Zu ihrem Landesparteitag wollte sich die Berliner SPD am 16. Mai treffen.
Bereits am Donnerstag haben die Berliner Grünen ihren ursprünglich für den 28. März geplanten Parteitag abgesagt. Auch die Linke in Berlin sagt ihren Landesparteitag ab. Er war für den 16. Mai geplant und soll voraussichtlich auf den 22. August verschoben werden, teilte Parteisprecherin Diana Buhe mit. Die Berliner FPD will nach Angaben eines Sprechers voraussichtlich kommende Woche entscheiden, ob der Parteitag wie vorgesehen am 24./25. April stattfinden soll.
Kultur
Die Staatsoper Unter den Linden streicht ihre Proben. Der für diesen Mittwoch geplante Livestream der Premiere von Mozarts Oper "Idomeneo" unter der musikalischen Leitung von Simon Rattle müsse wegen der aktuellen Entwicklungen vorerst abgesagt werden. Von diesem Dienstag an biete die Staatsoper ein kostenloses Online-Programm auf ihrer Website an. Der Spielplan werde noch bekannt gegeben.
Krankenhäuser
Um mehr Platz für Patienten mit Covid-19 zu schaffen, verschieben die Krankenhäuser planbare Operationen und bauen ihre Beatmungskapazitäten aus, wie die Berliner Krankenhausgesellschaft auf Anfrage mitteilte. In Berlin gebe es derzeit 1045 Beatmungsgeräte an Intensivbetten und weitere Geräte in Notaufnahmen. Die durchschnittliche Auslastung im Normalbetrieb liege bei 80 Prozent. Weitere Beatmungsgeräte würden gekauft. Eine Zahl wurden nicht genannt.
Die Schließung von Schulen, Kitas und anderen Einrichtungen sorgt bei den Blutspendediensten des Deutschen Roten Kreuzes für weniger Spendemöglichkeiten. Die Sprecherin für Berlin und Brandenburg, Kerstin Schweiger, appellierte an die Menschen: Wer geeignete Räume kennt, solle sich bitte melden. Auch die Zahl der Spender sei rückläufig. Neben dem Virus spielten hier aber auch die Grippe und Urlaubsreisen eine Rolle.
Taxis bieten Einkaufsservice an
Und die Taxibranche? Leidet eigenen Angaben zufolge massiv. Es gebe Umsatzeinbrüche von bis zu 80 Prozent, teilte der Geschäftsführer von Taxi Berlin, Hermann Waldner, mit. Nun bieten Taxifahrer einen Einkaufsservice für Senioren und Menschen an. Schwere Dinge wie Wasser, H-Milch oder Säfte, würden ins Haus geliefert. Bezahlen müsse man die Taxifahrt und den Preis für die Waren. Aufpreise fürs Einkaufen gebe es nicht. Auch andere kleine Besorgungen, wie der Weg zur Apotheke, könnten Fahrer übernehmen.
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