Gesundheit

Brandgefährlich: Patientenschützer warnt vor öffentlicher Impfpflicht-Debatte

News zur Coronavirus-Impfung vom 27.  Juli 2021

Auf dem schnellsten Weg zum Pieks:

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"Brandgefährlich": Patientenschützer warnt vor öffentlicher Impfpflicht-Debatte

06.58 Uhr: Patientenschützer haben die Debatte um eine Corona-Impfpflicht in Deutschland scharf kritisiert. Der Vorsitzende der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, nannte es in der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstagsausgabe) "brandgefährlich", öffentlich über eine Impfpflicht nachzudenken. "Niemand kann hierzulande ein Interesse haben, mit der Polizei eine Impfpflicht durchzusetzen", betonte er. Thomas Frey/dpa Pool/dpa/Symbolbild Eine Mitarbeiterin eines Impfteams überprüft eine Spritze mit einem Impfstoff gegen Covid-19.

Impf-Skeptiker müssten "mit Argumenten" überzeugt werden, forderte Brysch. "Kern einer solchen Debatte muss der Selbstschutz vor Corona sein." Der Bundesregierung warf Brysch vor, dieser Debatte aus dem Weg zu gehen. "Damit überlässt sie den Impfgegnern und Verschwörungstheoretikern das Feld", kritisierte er.

Die Bundesregierung hat einer Impfpflicht bereits eine klare Absage erteilt. Eine solche Pflicht solle es auch nicht durch die "Hintertür" geben, sagte Vizeregierungssprecherin Ulrike Demmer am Montag in Berlin. Ausgelöst worden war die Debatte um eine Art Impfpflicht durch Äußerungen von Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU), der in der "Bild am Sonntag" Einschränkungen für Nicht-Geimpfte vorgeschlagen hatte. 

In einigen Ländern weltweit bestehen bereits Impfpflichten. Zuletzt hatte das französische Parlament ein Gesetz verabschiedet, das eine Impfpflicht für Mitarbeiter im Gesundheitswesen und der Feuerwehr enthält. 

Impfzentren nur noch zu etwa einem Drittel ausgelastet

Dienstag, 27. Juli, 6.43 Uhr: Die lahmende Impfbereitschaft zeigt sich auch in den Impfzentren im Südwesten. Die landesweite Auslastung beträgt zurzeit nur etwa 30 Prozent, wie ein Sprecher des Sozialministeriums auf Anfrage mitteilte. Etwa 20 000 bis 25 000 Impfungen würden täglich verabreicht. Unabhängig von der Nachfrage sollen die Impfzentren aber zunächst offen bleiben. Geplant ist demnach, die zentralen Impfzentren, die für mehrere Landkreise zuständig sind, Mitte August zu schließen. Die Kreisimpfzentren werden bis Ende September betrieben.

Allerdings kostet der Betrieb der Impfzentren Millionenbeträge. Monatlich bis zu 2,7 Millionen Euro erstattet das Land für jedes zentrales Impfzentrum. Für jedes kommunale Impfzentrum stehen bis zu 1,3 Millionen Euro bereit.

Das Ministerium hatte zuletzt versucht, stärker und flexibler mit Terminen und Impfmöglichkeiten auf die bislang Ungeimpften zuzugehen. Eine bis diesen Mittwoch laufende Aktionswoche mit mehr als 150 Vor-Ort-Aktionen soll die Impfquote hochtreiben. In Baden-Württemberg sind nach Angaben des Robert Koch-Instituts fast 50 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft (Stand Sonntag). 59,1 haben mindestens eine Impfung gegen das Virus erhalten.

SPD will mobile Impfteams an Schulen in NRW

19.36 Uhr: Der nordrhein-westfälische SPD-Vorsitzende Thomas Kutschaty hat die Landesregierung aufgefordert, mobile Impfteams für die Schulen zu organisieren. Spätestens nach den Sommerferien Mitte August müssten sie bereitstehen, damit auch Kinder ab 12 Jahren zügig geimpft werden könnten, sagte er am Montag in Düsseldorf. "Das ist die einzige Chance auf einen sicheren Schulbetrieb." 25 Kinder in einer Klasse oder 50 Kinder in einem Schulbus seien in der Pandemie unverantwortlich. Federico Gambarini/dpa/Symbolbild Mangelnde Impfbereitschaft: Karlsruher Landratsamt will Bürger zum Impfen motivieren – auch Minderjährige

Das NRW-Gesundheitsministerium hatte in der vergangenen Woche angekündigt, dass sich nun auch 12- bis 15-Jährige in den Impfzentren den Piks zum Schutz gegen das Coronavirus verabreichen lassen könnten. Voraussetzung: Im Zentrum müssen Kinderärzte die Jugendlichen beziehungsweise ihre Sorgeberechtigten gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko) beraten.

Das neue Angebot sei nicht an eine Vorerkrankung der Kinder geknüpft, erklärte ein Sprecher des Ministeriums auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Zwar empfehle die Stiko Corona-Schutzimpfungen für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren derzeit ausschließlich bei bestimmten Vorerkrankungen oder bei einem regelmäßigen Kontakt zu Personen mit erhöhtem Risiko schwerer Krankheitsverläufe, die selbst nicht geimpft werden können. Allerdings könnten laut Stiko durchaus  "weitere Kinder und Jugendliche nach ärztlicher Aufklärung und individueller Risikoakzeptanz eine Impfung erhalten".

Dobrindt spricht sich dafür aus, Geimpfte von Quarantänepflicht zu befreien

18.52 Uhr: CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat sich dafür ausgesprochen, Geimpfte von Quarantänepflichten zu befreien. "Die Delta-Variante erhöht das Risiko für Nicht-Geimpfte, eine Infektion zu bekommen und sie weiter zu verbreiten", sagte er der "Welt". Deswegen müssten sich Quarantäne-Regeln von Nicht-Geimpften und Geimpften unterscheiden. Mittelfristig sollten Corona-Tests auch wieder selbst bezahlt werden, fügte der CSU-Landesgruppenchef hinzu. Christoph Soeder/dpa/Archivbild Alexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag.

Auch Staatsrechtler stützen Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) in seiner Forderung nach unterschiedlichen Rechten von Geimpften und Nicht-Geimpften. Der Regensburger Jurist Thorsten Kingreen sagte der "Welt", Ungeimpfte stellten eine Gefahr für andere dar und seien selbst stärker gefährdet. "Hieran darf staatliches Gefahrenabwehrrecht nicht nur anknüpfen, es muss es sogar", sagte der Experte für öffentliches Recht, Sozialrecht und Gesundheitsrecht.

Zwar hätten selbstverständlich auch Ungeimpfte Freiheitsrechte, sagte Kingreen. "Einen pauschalen Lockdown nur für Ungeimpfte, das kann es nicht geben." Wenn aber auf den Intensivstationen ein überwiegender Teil der Patienten ungeimpft sei und die Kapazitätsgrenzen der Krankenhäuser erreicht zu werden drohten, "muss der Staat handeln". Er könne Beschränkungen überall dort verfügen, "wo es für den Einzelnen nicht lebensnotwendig ist".

Der Augsburger Staatsrechtler Josef Lindner teilt Kingreens Auffassung. "Man wird sich schwertun, einschränkende Maßnahmen gegen Geimpfte zu verhängen. Wenn es keine grundsätzlichen Zweifel an der Wirksamkeit der Impfung gebe, "kommt ein Lockdown für alle aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht mehr infrage".

Söder-Vertreter bleibt Impfverweigerer: "Völlig egal, ob einer mehr oder weniger geimpft ist"

16.31 Uhr: Der Freie-Wähler-Vorsitzende Hubert Aiwanger hat seine Entscheidung, sich nicht gegen Corona impfen zu lassen, verteidigt. Im Gespräch mit der "Augsburger Allgemeinen" sagte er: "Ich bin da einer von ungefähr 30 Prozent und es ist ja völlig egal beim Corona-Management insgesamt, ob jetzt einer mehr oder weniger geimpft ist." Das letzte Wort über seinen Körper müsse der einzelne Bürger haben. Aiwanger warnte: "Wenn wir diese rote Linie bei den Impfungen überschreiten, dann fallen mir, ohne groß nachzudenken, zehn weitere Fälle ein, wo es im Gefährlichen endet, wenn der Staat das letzte Wort über den Körper des Einzelnen hat." Christophe Gateau/dpa Bayerns Vize-Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger in Berlin.

Insgesamt spricht sich der Freie-Wähler-Chef gegen eine Impfpflicht aus. "Ich bin auch gegen übertriebenen sozialen Druck. Man kann für Dinge werben, aber wenn der soziale Druck auf den Einzelnen zu groß wird, dann führt das zur Spaltung der Gesellschaft", sagte er dem Blatt. Sozialer Druck könne grausam sein und die psychische Gesundheit beeinträchtigen. "Kinderärzte und Elternverbände berichten mir, dass es immer mehr Kinder mit Zwangshandlungen und Angstzuständen gibt", sagte Aiwanger der "Augsburger Allgemeinen". Und weiter: "Wir müssen aufpassen, dass wir Corona nicht zu einer Psycho-Nummer entwickeln."

Bundesregierung erklärt: Impfpflicht wird es auch durch die "Hintertür" nicht geben

13.46 Uhr: Die Bundesregierung hat einer Impfpflicht in Deutschland eine klare Absage erteilt. Eine solche soll es auch nicht durch die "Hintertür" geben, wie Vizeregierungssprecherin Ulrike Demmer am Montag in Berlin sagte. "Wir wollen aber alles tun, um eine Situation, wie wir sie im Frühjahr hatten, zu vermeiden", sagte Demmer mit Blick auf die damaligen hohen Infektionsraten.

Die aktuelle Lage biete trotz der noch niedrigen Zahlen Anlass zur Sorge. Der R-Faktor, der die Zahl der Ansteckungen durch einen infizierten Menschen beschreibt, sei derzeit hoch, innerhalb einer Woche seien die Fallzahlen um 75 Prozent gestiegen. Wenn sich diese Entwicklung fortsetze, "müssen wir zusätzliche Maßnahmen ergreifen". Für die Überlegungen, was dann zu machen sei, sei es aber von Bedeutung, dass doppelt Geimpfte und Genesene "nicht mehr relevant zum Infektionsgeschehen beitragen", betonte Demmer.

Über die möglichen weiteren Maßnahmen werden nach Demmers Angaben die Chefs der Staatskanzleien beraten, auch eine Monsterpräsidentenkonferenz dazu soll es geben. Einen Termin dafür nannte Demmer aber nicht. Ziel der Bundesregierung sei es, die Menschen zu schützen und eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern. 

Fast jeder Zweite ist in Deutschland vollständig gegen Corona geimpft

12.53 Uhr: Fast die Hälfte der Menschen in Deutschland wurde vollständig gegen das Coronavirus geimpft. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) am Montag (Stand 9.45 Uhr) sind inzwischen 49,4 Prozent der Gesamtbevölkerung voll geimpft. Das sind rund 41,1 Millionen Menschen. 50,6 Millionen – 60,9 Prozent – haben mindestens eine Impfdosis erhalten. Laut RKI wurden am Sonntag 119 376 Impfungen verabreicht. Federico Gambarini/dpa/Symbolbild Mangelnde Impfbereitschaft: Karlsruher Landratsamt will Bürger zum Impfen motivieren – auch Minderjährige

Unter den Bundesländern lag Bremen dem RKI zufolge nach wie vor an erster Stelle mit einem Anteil von 69,8 Prozent mindestens einmal geimpfter Menschen. Auch bei den vollständig Geimpften belegte Bremen mit 56,9 Prozent den Spitzenplatz. Schlusslicht bei den Erstimpfungen blieb Sachsen (51,6 Prozent), genau wie bei den vollständig Geimpften (45,6 Prozent).

Baerbock schließt Einschränkungen für Ungeimpfte nicht aus

11.59 Uhr: Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock schließt angesichts steigender Corona-Infektionszahlen Einschränkungen für Ungeimpfte nicht aus. Das Wichtigste sei zunächst, jedem Menschen ein Impfangebot zu machen, sagte sie am Montag beim Wahlkampfauftakt der Brandenburger Grünen für die Bundestagswahl in Michendorf (Potsdam-Mittelmark). "Und dann im nächsten Schritt, wenn das geleistet worden ist, darüber zu sprechen, dass in manchen Bereichen eben Leute, die geimpft sind, Dinge tun können und andere nicht", erklärte Baerbock. Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock, Kanzlerkandidatin und Direktkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen.

Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) hatte die Diskussion über Einschränkungen für Menschen ohne Corona-Impfung am Sonntag angestoßen. "Das kann auch bedeuten, dass gewisse Angebote wie Restaurant-, Kino- und Stadionbesuche selbst für getestete Ungeimpfte nicht mehr möglich wären, weil das Restrisiko zu hoch ist", sagte Braun der "Bild am Sonntag".

Dänemark will Kreuzgeimpften dritte Dosis anbieten

11.30 Uhr: In Dänemark soll Menschen mit einer Kreuzimpfung zweier verschiedener Corona-Impfstoffe eine dritte Dosis angeboten werden. Das dänische Gesundheitsministerium teilte dem Rundfunksender DR mit, dass den Kreuzgeimpften das Angebot eines dritten Pikses gemacht werde, nachdem die nationale Impfkampagne abgeschlossen sei.

Grund dafür ist laut DR, dass mehrere Länder außerhalb des EU- und Schengenraums eine Impfung mit unterschiedlichen Präparaten bei der Einreise nicht als vollständige Impfung anerkennen. Das kann Reiseprobleme für jene rund 150 000 dänischen Bürger mit sich bringen, die zwei unterschiedliche Corona-Impfstoffe bekommen haben. Dänische Medien hatten zuletzt von einer in Dänemark lebenden Thailänderin berichtet, die ihre Eltern nicht in Thailand besuchen kann, weil sie mit der Kreuzimpfung nicht quarantänefrei einreisen kann.

151 335 Bürger, darunter vor allem Gesundheits- und Pflegepersonal, hatten im nördlichsten deutschen Nachbarland zunächst das Mittel von Astrazeneca erhalten, das dann aber in Dänemark aus Sorge vor Blutgerinnseln aus dem offiziellen Impfprogramm gestrichen worden war. Darauf hatten sie bei der Zweitimpfung entweder das Präparat von Biontech/Pfizer oder das von Moderna erhalten. Sie sollen den Angaben zufolge nun nochmals Biontech/Pfizer oder Moderna bekommen. Die praktische Umsetzung ist noch nicht klar, soll aber zwischen der Gesundheitsverwaltung und den dänischen Regionen abgesprochen werden.

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