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COVID-19-Behandlung: Wirksamkeit der Plasmatherapie nicht eindeutig geklärt – Naturheilkunde & Naturheilverfahren Fachportal

COVID-19: Noch keine ausreichende Evidenz zur Plasmatherapie

In zahlreichen Kliniken werden COVID-19-Erkrankte mit dem Blutplasma von wieder genesenen Corona-Patientinnen und -Patienten behandelt. Doch laut einer neuen Untersuchung fehlt für diese Behandlung bislang eine ausreichende Evidenz.

Trotz intensiver Forschung in zahlreichen wissenschaftlichen Instituten auf der ganzen Welt gibt es noch immer keine wirksame Therapie gegen die Coronavirus-Erkrankung (COVID-19). Daher wird in manchen Fällen auf das Blutplasma von Menschen zurückgegriffen, die bereits eine SARS-CoV-2-Infektion überstanden haben. Hilft diese Behandlung aber wirklich?

Antikörper im Blutplasma von Genesenen

Laut einer aktuellen Mitteilung des Forschungsnetzwerk Cochrane besitzen Menschen, die sich von COVID-19 erholt haben, in ihrem Blutplasma Antikörper gegen das Coronavirus SARS-CoV-2, die eine wichtige Rolle in der erworbenen Immunität gegen die Krankheit spielen.

Aus diesem Grund könnte Plasma aus einer Blutspende von genesenen Patientinnen und Patienten, welches solche Antikörper enthält, möglicherweise zur Behandlung von akut an COVID-19-Erkrankten verwendet werden.

Den Angaben zufolge nutzt man dafür entweder direkt das zellfreie Blutplasma („Rekonvaleszenten-Plasma“) oder stellt aus solchen Plasmaspenden ein sogenanntes Hyperimmunserum mit einer besonders hohen Konzentration von Antikörpern her.

Dieses Prinzip der Plasmatherapie wurde bereits Ende des 19. Jahrhundert von dem deutschen Immunologen Emil von Behring entdeckt und seither erfolgreich gegen eine Reihe von Infektionskrankheiten eingesetzt.

Diese Behandlungen (verabreicht durch einen Tropf oder eine Injektion) sind im Allgemeinen gut verträglich, es können jedoch auch unerwünschte Wirkungen auftreten.

Nur wenige abgeschlossene Studien

Die Autorinnen dieses „Cochrane Rapid Review“ wollten herausfinden, ob eine solche Plasmatherapie mit Plasma beziehungsweise Antikörpern von genesenen COVID-19-Patientinnen und -Patienten eine wirksame Behandlung für Menschen mit COVID-19 ist und in wie weit sie unerwünschte Wirkungen verursacht.

Dafür durchsuchten die Fachleute systematisch wichtige medizinische Datenbanken nach klinischen Studien zur Behandlung mit Rekonvaleszenten-Plasma oder Hyperimmunserum für Patientinnen und Patienten mit COVID-19.

Wie in der Mitteilung erklärt wird, werden Cochrane Rapid Reviews wie dieser in einem beschleunigten Verfahren erstellt, das bei besonders dringlichen Fragestellungen die bestmögliche Balance zwischen Geschwindigkeit und methodischer Genauigkeit sicherstellen soll.

Allerdings erbrachte die aufwändige Suche lediglich acht abgeschlossene Studien (allesamt sogenannte Fallserien) mit insgesamt 32 Teilnehmenden. Die Aussagekraft war aber nicht nur wegen der geringen Teilnehmendenzahl stark eingeschränkt.

So wurden Teilnehmende in keiner dieser Studien nach dem Zufallsprinzip in verschiedene Behandlungsgruppen aufgeteilt – derart randomisierte Studien liefern in der Regel die vertrauenswürdigste Evidenz.

Außerdem enthielt keine der Fallserien eine Vergleichsgruppe von Personen, die ohne Rekonvaleszenten-Plasma behandelt wurden – es handelte sich also nicht um kontrollierte Studien. Und schließlich erhielten die Teilnehmenden neben der Plasmatherapie unterschiedliche weitere Behandlungen, was den Vergleich der Studienergebnisse zusätzlich erschwert.

Noch keine seriösen Aussagen möglich

Aus diesen Gründen mussten die Autorinnen die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz nach dem etablierten Bewertungsschema „GRADE“ durchweg als „sehr gering“ einstufen.

Das heißt, dass sich auf Basis der bisher abgeschlossenen Studien noch keine seriösen Aussagen über Wirksamkeit und Risiken einer Plasmatherapie gegen COVID-19 machen lassen.

Auch wenn alle Studienteilnehmenden die allerdings oft nur kurze Nachbeobachtungsphase überlebten und 15 von ihnen sogar die Klinik verlassen konnten, so lässt sich dieses auf den ersten Blick positive Ergebnis nach Ansicht der Autorinnen und Autoren ebenso gut mit dem natürlichen Verlauf der Krankheit oder anderen Behandlungen erklären, wie mit dem Einsatz von Rekonvaleszenten-Plasma.

„Zusammenfassend bedeuten die Informationen aus den zum Stand Ende April 2020 verfügbaren Studien, dass wir immer noch sehr unsicher sind, ob die Verwendung von Rekonvaleszenten-Plasma Patienten mit COVID-19 hilft und wie sicher diese Therapie ist“, so Koautorin Nicole Skoetz, die an der Uniklinik Köln das für den Review zuständige Cochrane-Netzwerk „Cochrane Cancer“ leitet.

„Trotz einer umfangreichen Suche konnten wir nur Evidenz von sehr geringer Vertrauenswürdigkeit aus kleinen, unkontrollierten Studien einbeziehen, in denen die Teilnehmer neben Plasma noch etliche andere Behandlungen erhielten. Zudem nutzten diese Studien uneinheitliche Endpunkte, was den Vergleich der Ergebnisse erschwert“, erklärt die Expertin.

„Aus all diesen Gründen können wir momentan nicht unterscheiden, ob die Genesung eines Patienten auf die Behandlung oder den natürlichen Verlauf der Krankheit zurückzuführen war.“

Wirksamkeit nicht widerlegt

Dieser Mangel an guter Evidenz bedeutet aber durchaus nicht, dass die Wirksamkeit einer Plasmatherapie gegen COVID-19 damit widerlegt wäre.

Und laut Vanessa Piechotta, wissenschaftliche Mitarbeiterin in Skoetz‘ Kölner Arbeitsgruppe und weitere Koautorin des Reviews, gebe es durchaus Grund zur Hoffnung, dass sich die großen Wissenslücken bald schließen könnte.

„Die Forschung auf diesem Gebiet läuft auf Hochtouren. Wir haben etwa 50 laufende Studien identifiziert, von denen 22 randomisierte Studien mit hoher Aussagekraft sind“, sagt die Forscherin.

„16 dieser Studien sollen noch im Laufe dieses Jahres abgeschlossen sein. Deshalb werden wir unsere Übersichtsarbeit als sogenannten ‚Living Systematic Review’ fortan monatlich aktualisieren, damit sie stets die aktuellste verfügbare Evidenz widerspiegelt.“ (ad)

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