COVID-19-Verlaufsprognose durch Blick ins Auge?
Trotz intensiver Forschung gibt es immer noch Wissenslücken bezüglich der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelösten Krankheit COVID-19. Insbesondere fällt es schwer, am Anfang einer Erkrankung sagen zu können, ob die Patientin oder der Patient schwer oder leicht betroffen ist. Ein Blick ins Auge könnte bei der Prognose des Krankheitsverlaufs helfen.
Einer aktuellen Mitteilung zufolge gehen das Universitätsklinikum Jena (UKJ) und der Jenaer Medizintechnikhersteller Imedos Systems GmbH in einer Studie gemeinsam der Frage nach, ob die Funktionsanalyse der Gefäße in der Netzhaut Aussagen zum Verlauf von COVID-19-Erkrankungen erlaubt.
Hinweise auf einen schweren Verlauf
Die Corona-Pandemie dauert zwar schon viele Monate an, doch ständig werden neue Erkenntnisse über das Coronavirus SARS-CoV-2 und die durch das Virus verursachte Erkrankung COVID-19 gewonnen. Anfangs war zwar meist nur von einer reinen Atemwegserkrankung die Rede, doch inzwischen wissen Medizinerinnen und Mediziner, dass COVID-19 nicht nur eine schwerwiegende Erkrankung der Atemorgane ist, sondern die Gefäßinnenwände im gesamten Körper betrifft.
In der Folge wird auch die Blutgerinnung gestört und das Risiko für eine Lungenembolie oder einen Schlaganfall steigt rapide. „Da wir trotz aller Fortschritte im Umgang mit COVID-19 noch über keine spezifische Therapie oder eine zugelassene Impfung verfügen, suchen wir gerade bei den jetzt wieder steigenden Infektionszahlen nach Hinweisen, die uns einen schweren Verlauf frühzeitig anzeigen können“, erläutert Dr. Daniel Vilser, leitender Oberarzt in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am UKJ.
„Die Funktionsanalyse der gut zugänglichen Netzhautgefäße ist ein etabliertes Verfahren, das uns wertvolle Informationen über einsetzende Störungen der Gefäßfunktion geben könnte.“
Detaillierte Analyse
Deshalb leitet der Kinderkardiologe eine klinische Studie mit stationär im UKJ betreuten COVID-19-Erkrankten, bei der die Teilnehmenden mit einem speziellen Gefäßanalyseverfahren untersucht werden.
Den Angaben zufolge ermöglicht die eingesetzte Technologie des Jenaer Medizintechnikunternehmens Imedos über einen kontaktlosen Blick ins Auge und mithilfe von Flickerlicht eine detaillierte Analyse der Funktion und Regulation der Netzhautgefäße, insbesondere deren Innenseiten, des sogenannten Endothels.
Diese innere Zellschicht in den Gefäßen ist unter anderem an der Regulation von Durchblutungs-, Gerinnungs- sowie Entzündungsprozessen maßgeblich beteiligt.
„Wir gehen davon aus, dass die Messergebnisse für das Endothel der Mikrogefäße im Auge sich auf den gesamten Körper übertragen lassen, wir also einen detaillierten Befund für die Endothelfunktion der COVID-19-Patienten erhalten“, sagt Daniel Vilser.
Störung der Endothelfunktion festgestellt
In der Studie wollen die Forschenden erfassen, ob die retinale Endothelfunktion bei COVID-19 beeinträchtigt ist. Von besonderem Interesse ist dabei, ob sich ein Zusammenhang der Parameter der statischen und dynamischen Netzhautgefäßanalyse mit der Schwere des Krankheitsverlaufs erkennen lässt.
„Damit böte sich eine Möglichkeit, Risikopatienten, die intensivmedizinisch betreut werden müssen, frühzeitig zu identifizieren und deren Behandlung entsprechend anzupassen“, so Daniel Vilser.
Bisher nahmen etwa 30 COVID-19-Erkrankte an der Beobachtungsstudie teil. Bei der Mehrzahl von ihnen wurde eine Störung der Endothelfunktion festgestellt. (ad)
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