Gesundheit

Die besorgniserregende Vielfalt von SARS-CoV-2

„Variants of Concern“ (VOC) nennt die Weltgesundheitsorganisation Varianten des COVID-19-Erregers, die dank mehrerer Mutationen im Erbgut ein deutlich verändertes Verhalten bei Infektiosität, Übertragbarkeit, Morbidität oder Mortalität erlangt haben. Zu den drei aktuell gelisteten besorgniserregenden Varianten kommen neue „Variants of Investigation“ (VOI) hinzu. Bemerkenswert ist dabei bei allen die große Zahl an Mutationen.

Es scheint das Schicksal von SARS CoV-2 zu sein, seit seinem Überspringen auf den Menschen von einem noch immer nicht genau bestimmten tierischen Wirt, laufend unterschätzt oder zumindest kleingeredet zu werden. Angefangen mit den Vertuschungsversuchen der chinesischen Behörden beim Ausbruch in Wuhan Ende 2019 über Kleinrederei als „harmlose Grippe“ durch wissenschaftsferne Politiker:innen wie Ex-US-Präsident Trump oder Brasiliens Präsidenten Bolsonaro bis hin zu Fakten leugnenden Querdenkern.

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Wohl ebenfalls von vielen deutlich unterschätzt wurde auch das Potenzial des COVID-19-Erregers, zu mutieren und sich anzupassen. So bescheinigte man dem Virus lange Zeit, eine nur geringe Mutationsrate zu besitzen und damit „nur“ rund zwei Mutanten pro Monat zu generieren. Tatsächlich sind Coronaviren unter den einzelsträngigen RNA-Viren relativ genau, was die Replikation ihrer Erbinformation anbelangt – ihre RNA-Polymerase besitzt nämlich, anders als etwa die von Influenza-Viren oder HI-Viren, eine Korrekturfunktion.

Dazu kommt, dass die Natur durch den degenerierten genetischen Code die Wahrscheinlichkeit für Mutationen bereits klein hält. Als Exkurs: 61 Basentriplets jeweils aus den Bestandteilen der Erbinformation Adenin, Guanin, Thymin und Cytosin (respektive Uracil statt Thymin in der RNA) codieren für nur 20 Aminosäuren. Drei Tripletts fungieren als Stoppcodons in der Proteinbiosynthese. Daraus resultiert, dass nur relativ selten als Folge einer Mutation in der Nukleinsäure auch ein verändertes Protein folgt – überwiegend gibt es stille, synonyme Mutationen, bei denen die Aminosäureabfolge des codierten Proteins gleich bleibt.

Drei besorgniserregende Varianten – immer mehr unter Beobachtung

Die aktuell sich in Deutschland stark ausbreitende sogenannte „Britische Variante“ des Pandemie-Erregers mit der Bezeichnung B.1.1.7 (beziehungsweise VOC-202012-01 oder auch in einer anderen Nomenklatur 20I/501Y.V1) verfügt im Vergleich zum ursprünglichen Stamm aber über ganze 17 nicht synonyme Mutationen – acht davon betreffen das Spike-Protein, mit dem das Virus an Zellen andockt und das auch für die Immunantwort sowie die Impfstoff-Wirksamkeit eine große Rolle spielt.

Neben B.1.1.7 gelten auch die „südafrikanische Variante“ B.1.351 (VOC-202012-02 oder 20H/501Y.V2) sowie die brasilianische Variante B.1.1.28 (besser bekannt als P.1 und auch mit 0J/501Y.V3 bezeichnet) als sogenannte „Variants of Concern“ (VOC) – besorgniserregende Varianten. Gelistet werden sie von der Weltgesundheitsorganisation WHO in ihrem wöchentlichen epidemiologischen Update sowie vom „European Center for Disease Prevention and Control“ (ECDC).  Beide tragen weitere Mutationen unter anderem im Spike-Protein. Hinzu kommen die „kalifornische Variante“ B.1.429 (CAL.20C) sowie die auch jüngst in Deutschland aufgetauchte Variante B.1.525 (VUI-202102/03). Beide gelten als „Variants under Investigation“ (VUI) und bereiten den Forscher:innen ebenso mindestens Sorge.

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