Alzheimer ist die häufigste Form von Demenzerkrankungen – ein Teil davon familiär vererbbar. Wer Träger bestimmter Genmutationen ist, erkrankt sicher daran. Harvard-Forscher haben nun herausgefunden, welcher Faktor das Gehirn trotz höchstem genetischen Risiko vor dem Verfall schützt.
Allein in Deutschland erkranken jährlich über 400.000 Menschen an Demenz – die meisten davon an Alzheimer. Auch wenn die Ursachen dieser tückischen Erkrankung bis heute noch nicht genau geklärt sind, weiß man, dass auch die Gene dabei eine Rolle spielen. So erhöht laut Alzheimer Forschung Initiative e.V. eine Veränderung des Gens
- ApoE4
und weitere Genvarianten das Erkrankungsrisiko bei der altersbedingten Alzheimer-Erkrankung, die in der Regel ab circa 65 Jahren auftritt.
Risikogene für erbliche Form von Alzheimer
Bei der erblichen Form von Alzheimer, die deutlich früher zwischen 30 und 65 Jahren beginnen kann, spielen Mutationen an den Genen
- Amyloid-Precursor-Protein (APP)
- Presenilin 1 (PSEN1)
- Presenilin 2 (PSEN2)
eine Rolle. „Wenn eines dieser Gene Mutationen aufweist, bricht die Alzheimer-Krankheit in jedem Fall aus“, schreibt die Alzheimer Forschung Initiative e.V. auf ihren Seiten.
Menschen, bei denen ein Elternteil von Alzheimer betroffen ist, haben daher eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit, auch Alzheimer zu bekommen. Denn die Krankheit wird autosomal-dominant vererbt und in der Regel von Generation zu Generation weitergegeben. Die vererbbare Form wird daher auch als familiäre Alzheimer-Krankheit bezeichnet bzw. als autosomal-dominante Alzheimer-Erkrankung (ADAD).
Die Veränderungen im Gehirn sind aber bei beiden Alzheimerformen dieselben. Eiweißablagerungen, die sogenannten Beta-Amyloid-Plaques und Tau-Fibrillen, führen zur Zerstörung der Nervenzellen im Gehirn. Auch der Erkrankungsverlauf ist bei beiden Alzheimerformen ähnlich.
Gen-Mutationen bestimmen wie schnell der geistige Verfall abläuft
Nun haben Forscher der Harvard Medical School in den USA festgestellt, dass die genetisch vererbte Form von Alzheimer dennoch kein unausweichliches Schicksal darstellt und sich durch nichtgenetische äußere Faktoren beeinflussen und sogar verzögern lässt.
Bei ihrer Studie, die im Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlicht wurde, untersuchten die Wissenschaftler dazu 675 Probanden, die die Alzheimer-Mutation PSEN1 E280A trugen – also im Gen Presenilin 1. Bei den Probanden zeigten sich die ersten Alzheimer-Anzeichen mit circa 49 Jahren.
Bei den Probanden, die zusätzlich noch über die Genmutation ApoE4 verfügten, verlief der geistige Verfall noch schneller. Personen, die dagegen die schützende APO E2- Mutation aufwiesen, zeigten einen verzögerten geistigen Abbau. Die Gene bestimmen also, wie schnell die Erkrankung fortschreitet.
Bildung schützt vor geistigem Verfall bei Patienten mit genetischem Risiko
Dennoch wollten die Forscher wissen, inwieweit äußere Faktoren die Alzheimer-Erkrankung gerade bei dieser genetischen Form beeinflussen können. Dazu evaluierten sie, welche Rolle Bildung auf den Verlauf der Krankheit bei den Probanden nahm. Die Ergebnisse waren frappierend, denn es stellte sich heraus, dass je höher das Bildungslevel oder die schulische bzw. akademische Ausbildung der Alzheimer-Patienten war, desto besser ihre kognitive Leistung.
Dieser Effekt war am stärksten bei denjenigen, die das höchste genetische Alzheimer-Risiko hatten, also die denkbar schlechteste genetische Kombination: „Ein höherer Bildungsstand (Jahre der Ausbildung an Schulen und Universität) schützte vor den stärksten genetischen Risikofaktoren der Alzheimer-Krankheit und könnte ein wichtiger Mechanismus bei Personen mit genetischen Risiko sein“, sagte die federführende Studienautorin Stephanie Langella gegenüber „Medical News Today“.
Das bedeutet also im Umkehrschluss: „Bildungsmaßnahmen könnten ein wichtiges Mittel sein, um die kognitive Leistungsfähigkeit gerade bei Personen mit hohem genetischen Alzheimer-Risiko so lange wie möglich zu erhalten, betonte Yakeel T. Quiroz, der ebenfalls an der Studie beteiligt war.
Genforscher hält Harvard-Studie für aufschlussreich
Auch andere Wissenschaftler haben bereits auf die Harvard-Studie reagiert. Dass der Verlauf der genetisch bedingten Alzheimerform durch äußere Faktoren wie Bildung beeinflusst werden könne, sei sehr aufschlussreich, sagte etwa der Genforscher Sumeet Kumar gegenüber „Medical News Today“.
Denn dies eröffne Möglichkeiten für gezielte Interventionen: „Bildungsprogramme könnten strategisch als Präventionsmaßnahme konzipiert werden, insbesondere für Menschen mit genetischem Risiko“, sagte der Forscher weiter. Eine Einschränkung der Studie sei aber, dass unklar sei, inwieweit sich die Ergebnisse auf andere Alzheimer-Formen übertragen ließen.
Ein nicht ganz unberechtigter Kritikpunkt, denn laut Alzheimer Forschung Initiative e.V. sind nur circa ein Prozent aller Alzheimer-Fälle erblich bedingt. Der größte Risikofaktor für diese Erkrankung ist das Alter.
Alzheimer-Risiko senken – mit diesen 12 Tipps
Dass Bildung eine positive Auswirkung auf den Verlauf der sporadischen also nicht genetisch vererbten Alzheimer-Erkrankung hat, ist schon länger bekannt. Sich geistig fit zu halten und Neues zu lernen gehört daher zu den Präventionstipps, um das Erkrankungs-Risiko zu senken. Die Alzheimer Forschung Initiative e.V. empfiehlt folgende Tipps:
1. Bewegung: Was gut für Ihr Herz ist, ist auch gut für Ihr Gehirn. Dazu gehört, sich ausreichend zu bewegen – mindestens 2,5 Stunden pro Woche sind ideal.
2. Geistige Fitness: Lernen Sie Neues – auch im Alter. Das hält Ihr Gehirn auf Trab. Egal ob ein Musikinstrument, eine Sprache oder der Umgang mit dem Computer, probieren Sie etwas Neues aus.
3. Gesunde Ernährung: Orientieren Sie sich an der klassischen mediterranen Ernährung. Essen Sie viel Obst und Gemüse, Olivenöl und Nüsse. Bevorzugen Sie Fisch an Stelle von rotem Fleisch.
4. Soziale Kontakte: Zu zweit oder in der Gruppe machen Aktivitäten mehr Spaß und Ihre grauen Zellen werden gefordert. Verabreden Sie sich zum Sport, zum Musizieren, zum Kartenspielen oder zum gemeinsamen Kochen.
5. Übergewicht reduzieren: Achten Sie darauf, dass Sie nicht zu viele Kilos auf die Waage bringen. Eine gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung helfen Ihnen dabei.
6. Ausreichend Schlaf: Sorgen Sie für guten und ausreichenden Schlaf, damit das Gehirn Schadstoffe abbauen und sich erholen kann.
7. Nicht rauchen: Rauchen schadet auch Ihrem Gehirn. Hören Sie auf zu rauchen, es ist nie zu spät.
8. Kopfverletzungen vermeiden: Passen Sie im Alltag und beim Sport auf Ihren Kopf auf und tragen Sie zum Beispiel einen Helm beim Fahrradfahren.
9. Bluthochdruck checken: Lassen Sie Ihren Blutdruck regelmäßig kontrollieren. Bluthochdruck sollte auf jeden Fall behandelt werden.
10. Diabetes überprüfen: Behalten Sie Ihren Blutzuckerspiegel im Blick. Ist er dauerhaft zu hoch, sollten Sie in Absprache mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin aktiv werden.
11. Depressionen behandeln: Sorgen Sie gut für sich. Wenn Sie über eine längere Zeit antriebslos oder niedergeschlagen sind, ist es sinnvoll, Ihren Arzt oder Ihre Ärztin aufzusuchen, um die Ursache abzuklären. Eine Depression sollte nicht unbehandelt bleiben.
12. Auf Schwerhörigkeit achten: Nehmen Sie es ernst, wenn Sie merken, dass Sie schlechter hören. Mit einer Hörhilfe können Sie eine nachlassende Hörfähigkeit sehr gut korrigieren.
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