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Ist Alterung heilbar? Fehlerhafte Proteine beschleunigen den Alterungsprozess – Naturheilkunde & Naturheilverfahren Fachportal

Warum manche Menschen schneller altern als andere

Was geschieht genau bei der Alterung? Die Fähigkeit zur Eliminierung verbrauchter Proteine scheint sich sowohl auf die Alterung des Gehirns als auch auf die gesamte Lebensspanne auszuwirken. Ein internationales Forschungsteam erwarb nun neue grundlegende Erkenntnisse über den Ablauf der Alterung.

Forschende des Leibniz-Instituts für Alternsforschung entschlüsselten einen Prozess, der bei der Alterung eine wesentliche Rolle zu spielen scheint. Je besser ein Organismus in der Lage ist, verbrauchte Proteine zu entsorgen, desto langsamer scheint die Alterung fortzuschreiten. Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich im Fachjournal „Molecular Systems Biology“ vorgestellt.

Die Lebensjahre bestimmen nicht das biologische Alter

Mit zunehmender Alterung steigt das Risiko für degenerative Erkrankungen wie Demenz und Alzheimer. Die Alterung wird aber nicht allein durch die Lebensjahre bestimmt. Manche Menschen mit 90 Jahren sind fitter als andere mit 70 Jahren. Die Leibniz-Forschenden fanden nun eine mögliche Erklärung dafür, warum das so ist.

Was passiert bei der Alterung des Gehirns?

Wie das Team berichtet, lagern sich mit fortschreitendem Alter zunehmend sogenannte toxische Proteinaggregate im Gehirn ab. Diese bestehen aus Ansammlungen von vorwiegend fehlerhaft oder unvollständig gefalteten Proteinen, die die neuronalen Funktionen beeinträchtigen können. Die internationale Forschungsgruppe konnte erstmals die Prozesse der Gehirnalterung in einem Fischmodell dokumentieren. Dabei entschlüsselten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die zeitliche Abfolge molekularer Ereignisse, die bei der Alterung ablaufen.

Das Gleichgewicht der Proteine

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Unter dem Fachwort „Proteinhomöostase“ werden alle Prozesse zusammengefasst, die an Synthese, Faltung, Transport, Lokalisierung und Abbau von Proteinen beteiligt sind. Diese Prozesse greifen wie Zahnräder in einem komplexen Zusammenspiel ineinander. Das sich daraus ergebende Gleichgewicht hat bei allen lebenden Organismen einen enormen Einfluss auf die Alterung. Störungen in diesem Prozess können sich direkt auf die Lebensspanne auswirken.

Fehlerfreie Proteinhomöostase erhöht die Lebenserwartung

Bei Untersuchungen an dem Türkisen Prachtgrundkärpfling (N. Furzeri) konnten die Forschenden nun neue Erkenntnisse über die Alterung gewinnen. Sie zeigten, dass eine frühe Störung des Proteinhomöostase-Zusammenspiels mit einer stärkeren Bildung von toxische Proteinaggregaten einhergeht. Fische, bei denen die Proteinhomöostase ungestört verläuft, hatten eine längere Lebenserwartung.

Proteinaggregate in Verbindung mit degenerativen Erkrankungen

Beim Menschen spielen die toxischen Proteinaggregate eine wichtige Rolle bei der Gesundheit im Alter. Denn bei den häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, ALS und Parkinson treten solche Ansammlungen von fehlerhaften Proteinen verstärkt auf. Da die Lebenserwartung des Menschen im Durchschnitt immer weiter zunimmt, werden dringend effektive Behandlungsmöglichkeiten gegen degenerative Krankheiten benötigt. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, die Frage zu klären, wie und warum sich Proteinaggregate während des Alterungsprozesses im Gehirn bilden.

Verschieden und doch gleich

In der aktuellen Studie wurde versucht, diese Frage bei dem Türkisen Prachtgrundkärpfling zu klären. Der Fisch eignet sich besonders gut für die Alterungsforschung, da er das am kürzesten lebende Wirbeltier ist, das unter Laborbedingungen gezüchtet werden kann. Seine Lebensdauer liegt zwischen drei und 12 Monaten. Trotz des großen Unterschieds zum Menschen ähneln sich die grundlegenden alterungsbedingten Prozesse im Gehirn bei Menschen und Prachtgrundkärpfling stark.

Hälfte aller Proteine am Alterungsprozess beteiligt

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Die Forschenden teilten die Fische nach Altersgruppen auf (jung, erwachsen und alt). In jeder Gruppe wurde die Proteinhomöostase analysiert. „Beim Vergleich der Daten für die verschiedenen Altersgruppen stellten wir fest, dass rund die Hälfte der etwa 9000 Proteine, die wir quantifizieren konnten, vom Alternsprozess betroffen sind“, erläutert Dr. Alessandro Ori aus dem Forschungsteam.

Altersbedingte Veränderungen an den Proteinen

Die Proteine bilden Proteinkomplexe, bei denen einzelne Proteine durch einen bestimmten Bauplan zusammengesetzt werden. Bei solchen Komplexen muss der richtige Aufbau gewährleistet werden, damit die Proteine die zugewiesene Aufgabe erfüllen können. Unsere Zellen verfügen über Mechanismen, die den korrekten Aufbau dieser Komplexe gewährleisten. Mit zunehmendem Alter wird dieser streng regulierte Prozess jedoch immer fehleranfälliger.

Als Folge entstehen immer mehr Proteinaggregate, die unter Verdacht stehen, lebenswichtige Funktionen in den Zellen zu beeinflussen. Die Prozesse, die bei den alternden Fischen ablaufen, konnte das Studienteam auch in alternden Mäusen entdecken. Dies deutet den Forschenden zufolge darauf hin, dass es sich hierbei um ein allgemeingültiges Merkmal der Gehirnalterung handelt.

Lebensspanne der Fische konnte vorhergesagt werden

„Da das Altern ein Ergebnis eng miteinander verbundener Ereignisse ist, war es schwierig, frühe Auslöser zu finden. Die Abnahme der Proteasomenaktivität ist zwar ein frühes Anzeichen der Gehirnalterung, aber ist sie auch für die Alternsprozesse im gesamten Organismus relevant? Um dies zu beantworten, verglichen wir die individuellen Veränderungen der Proteasomenaktivität mit der individuellen Lebensspanne der Killifische“, ergänzt Professor Cellerino auf dem Forschungsteam.

Die Forschenden fanden in ihren Analysen wichtige Informationen in den Genen. Anhand bestimmter Veränderungen in der Expression von Genen, die Informationen für proteasomale Proteine in sich tragen, gelang es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die Lebensspanne der einzelnen Fisch-Individuen vorherzusagen.

Treiber des Alterns entdeckt

„Fische, die zu Beginn des Lebens eine stärkere Abnahme der Proteasomentranskripte zeigten, lebten deutlich kürzer als Fische, die in der Lage waren, die Proteasomenexpression aufrechtzuerhalten oder zu erhöhen“, resümiert das Forschungsteam. Diese Erkenntnis stütze die These, dass die Verminderung der Proteasomenaktivität ein früher Treiber des Alterns bei Wirbeltieren ist.

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse über das Altern?

Das Forschungsteam wies erstmals nach, dass die Aufrechterhaltung der Proteasomenaktivität ein wichtiger Faktor für die korrekte Zusammensetzung von Proteinkomplexen ist, die an biologischen Schlüsselfunktionen wie Proteinsynthese, Proteinabbau und Energieproduktion beteiligt sind. Ebenso konnten die Forschenden zeigen, dass diese Aktivitäten direkt die Lebensdauer eines Organismus beeinflussen. Diese Erkenntnisse bieten neue Ansätze zur Therapie gegen neurodegenerative Erkrankungen und vielleicht auch gegen die Alterung an sich. (vb)

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