Wenn man Gabriele Regina Overwiening fragt, welche politisch-inhaltlichen Ziele und Forderungen sie als mögliche neue ABDA-Präsidentin hätte, hört man bekannte Antworten: Apotheker müssen zum ersten Ansprechpartner bei allen Fragen rund ums Arzneimittel werden, es darf keinen Wettbewerb beim E-Rezept geben und die pharmazeutischen Dienstleistungen sind mit großer Hoffnung verbunden. Hört man genauer hin und liest sich Overwienings Pressemitteilung zur Kandidatur durch, wird klar, worum es der AKWL-Präsidentin geht: Sie will die Arbeitsweise, das Auftreten und auch die Struktur der ABDA komplett umkrempeln. Eine Analyse.
Dass sich Gabriele Regina Overwieining am gestrigen Montag von Münster auf den Weg nach Berlin gemacht hat, um vor der versammelten Fachpresse der Hauptstadt zu erklären, dass sie ABDA-Präsidentin werden will, ist mutig. Schon in ihrem ersten Satz auf dieser Pressekonferenz wird dann aber klar, wieso sie diesen Weg gegangen ist: Mehrfach wiederholt sie das Wort „Transparenz“. Sie halte es für wichtig, dass sie mit ihrer Kandidatur transparent umgehe – ohne vorab abgesprochene Hinterzimmerdeals. Erst kurz vor Beginn der Pressekonferenz habe sie die anderen Kammern und Verbände über ihre Kandidatur unterrichtet, so Overwiening. Natürlich ist das auch ein versteckter Kommentar zur Arbeitsweise der aktuellen ABDA-Spitze. Weniger Absprachen im Elfenbeinturm, eine direkte Kommunikation mit der Apothekerbasis und eine transparentere, vereinende Standesvertretung.
Eine der wichtigsten Fragen zu Overwienings Kandidatur ist allerdings: Welche neuen inhaltlichen Inputs und welche politischen Schwerpunkte will sie setzen? An erster Stelle nennt sie auf diese Frage das Apotheken-Stärkungsgesetz, hier allerdings nicht das geplante Rx-Boni-Verbot, sondern die ebenfalls dort enthaltenen pharmazeutischen Dienstleistungen. „Der Patient muss ein Recht auf diese Dienstleistungen bekommen und die Kassen müssen sie bezahlen“, erklärt Overwiening. Man merkt deutlich, dass es der Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe wichtig ist, dass die Apotheker zum „Ansprechpartner Nummer eins für die Arzneimitteltherapiesicherheit und für Arzneimittel im Allgemeinen“ werden. „Wir müssen noch mehr zeigen, dass wir unverzichtbar sind“, so Overwiening.
Auch an der Digitalisierung will Overwiening als mögliche neue ABDA-Präsidentin weiter arbeiten. Mit Blick auf den derzeitigen Plan der Bundesregierung, bei der Einlösung des E-Rezeptes Wettbewerb zwischen App-Anbietern zuzulassen, kritisiert sie hart. „Die Politik kann nicht einerseits Wildwuchs bei Rx-Boni bekämpfen und ihn bei der E-Rezept-Einlösung einfordern“, sagt die AKWL-Präsidentin.
Bis auf den ausgeprägten Fokus auf das Thema Arzneimitteltherapiesicherheit weichen Overwienings Forderungen also so gut wie gar nicht von denen der aktuellen ABDA-Spitze ab. Bei der Lektüre der begleitenden Pressemitteilung der AKWL wird dann aber noch klarer, dass die Apothekerin aus dem westfälischen Reken vor allem eines ändern will in der ABDA: die Arbeitsweise. Dort heißt es, dass Apotheker „als mutig und aktiv wahrgenommen werden“ wollen. Und dann: „Wir müssen uns aus unserer mitunter passiven und duldenden Rolle befreien und dem Anspruch gerecht werden, das Gesundheitssystem maßgeblich mitzugestalten. Dafür müssen wir uns mit konstruktiven und kreativen Lösungsansätzen einbringen und im Versorgungsalltag noch stärker Verantwortung übernehmen.“
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