Bislang unbekannter Schutzmechanismus gegen Insulinresistenz
Diabetes stellt ein ständig wachsendes Gesundheitsproblem in Deutschland dar. Eine Hauptursache für die Entstehung von Typ-2-Diabetes ist eine vorliegende Insulinresistenz, also ein gesteigerter Bedarf des Hormons Insulin gepaart mit der ungenügenden Fähigkeit der Bauchspeicheldrüse, diesen Bedarf zu decken. Eine Insulinresistenz kann entstehen, wenn die Regulation des Blutzuckerspiegels gestört ist. Das Gehirn besitzt offenbar Schutzmechanismen, um sich vor Entgleisungen des Blutzuckerspiegels zu schützen, wie ein deutsches Forschungsteam nun herausfand.
Forschende des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) und des Helmholtz Zentrums München entdeckten einen bislang unbekannten Schutzmechanismus des Gehirns, mit dem sich das Organ vor der Entstehung einer Insulinresistenz schützt. Dieser bislang unbekannte Mechanismus könnte ein wichtiger Angriffspunkt für die Behandlung und Prävention von Typ-2-Diabetes darstellen, unter dem 95 Prozent aller Diabetikerinnen und Diabetiker leiden. Die Forschungsergebnisse wurden kürzliche im „Journal of Clinical Investigations“ vorgestellt.
Was ist Insulinresistenz?
Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erklärten, ist eine Insulinresistenz eine verminderte Empfindlichkeit des Gewebes gegenüber dem Hormon Insulin. Hauptsächlich tritt diese Resistenz in Muskeln, in der Leber und im Fettgewebe auf. Mit zunehmender Insulinresistenz muss also eine höhere Menge Insulin zu den Körperzellen transportiert werden, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Insulin wird in der Bauchspeicheldrüse produziert. Um den erhöhten Bedarf auszugleichen, stellt das Organ vermehrt Insulin her, bis die Drüse letztendlich erschöpft und den Dienst versagt.
Wie entsteht eine Insulinresistenz?
Auch wenn die Risikofaktoren für die Entstehung einer Insulinresistenz gut bekannt sind, nämlich ein ungesunder Lebensstil, der durch ungesunde Ernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel gekennzeichnet ist, sind die genetischen Ursachen bislang weitgehend unbekannt. Die Forschenden haben nun herausgefunden, dass bei Männern eine genetische Variante des Gens DUSP8 die Hirn-Reaktion auf das Hormon Insulin beeinträchtigt und so die Gefahr für die Entstehung von Typ-2-Diabetes erhöhen kann.
Warum Übergewicht das Diabetes-Risiko erhöht
Bei stark übergewichtigen Menschen wirkt das Hormon Insulin nicht mehr richtig. Neuste Studien deuten darauf hin, dass entzündliche Prozesse im Fettgewebe für diesen Zustand verantwortlich sind. Darüber hinaus scheint es noch genetische Faktoren zu geben, die die Entstehung von Typ-2-Diabetes begünstigen.
Typ-2-Diabetes: Welche Rolle spielen die Gene?
In neueren Forschungsarbeiten wurde bereits das Gen DUSP8 als ein Risikogen für Typ-2-Diabetes identifiziert. Das Team der aktuellen Studie zeigte nun, dass das Protein, welches von diesem Gen codiert wird, eine Rolle bei der Krankheitsentstehung spielt. „Wir konnten zeigen, dass es wichtige Weichen für die Wirkung von Insulin im Gehirn und für den Glukosestoffwechsel stellt“, erläutert Professor Dr. Paul Pfluger aus dem Forschungsteam.
Welche Aufgabe hat das Protein Dusp8?
„Träger einer genetischen Variante des Gens DUSP8 haben ein erhöhtes Risiko an Typ-2-Diabetes zu erkranken“, fügt Studienhauptautorin Dr. Sonja C. Schriever hinzu. Bisher war die funktionelle Bedeutung des Protein Dusp8 für die Entwicklung der Stoffwechselerkrankung unbekannt. In Mausmodellen sowie mit funktionellen Magnetresonanztomographien an Menschen konnten die Forschenden nun erstmalig nachvollziehen, welchen Einfluss das Protein hat.
Den Ergebnissen zufolge hat das Protein Dusp8 einen regulatorischen Einfluss auf Entzündungsprozesse im Gehirn im Bereich des Hypothalamus. Zudem scheint das Protein an der Regelung des hormonellen Kreislaufs zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Nebennierenrinde beteiligt zu sein.
Fehlendes Protein erhöhte das Diabetes-Risiko bei Männern
Die Forschenden fanden im Mausmodel heraus, dass bei männlichen Tieren, denen das Gen Dusp8 fehlt, entzündliche Prozesse zunahmen, da sie das entsprechende Protein nicht bilden konnten. Darüber hinaus war bei diesen Tieren der Regelkreis zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Nebennierenrinde gestört, wodurch vermehrt Stresshormone gebildet wurden, die die Insulinsensitivität senkten.
Dieser Vorgang konnte nur bei männlichen, nicht aber bei weiblichen Tieren beobachtet werden. Überprüfungen an Menschen bestätigten diesen geschlechtsspezifischen Risikofaktor, denn nur Männer waren Träger der Risikovariante des Gens DUSP8, die mit einer verringerten Insulinsensitivität im Gehirn einhergeht.
Ein Teil des Diabetes-Rätsels gelöst
„Die Aufklärung der multisystemischen Prozesse, welche die Insulinsensitivität im Hypothalamus in den Mausmodellen beeinträchtigen, war ein wichtiger Schritt, um die mechanistischen Grundlagen des Typ-2-Diabetes-Risikogens DUSP8 zu verstehen“, resümiert Schriever. In weiteren Studien soll nun untersucht werden, welche Wirkung Insulin und die Risikovariante des Gens DUSP8 bei menschlichen Probanden mit oder ohne Typ-2-Diabetes haben. (vb)
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