Als Ahmad Ayyad aufwachte, dachter er, er hätte den Verstand verloren. Er wusste nicht, wo er war, warum ein Schlauch in seiner Kehle steckte oder wie lange es her war, seit er zum letzten Mal seinen Hund gefüttert hatte. Als er an seinem Körper hinuntersah, erkannte er sich selbst nicht. 100 Kilogramm pure Muskelmasse – so hatte der 40-Jährige sein Spiegelbild im Kopf. Doch nun sah er einen ausgemergelten Mann vor sich.
„Als ich aufwachte, wog ich nur noch 153 Pfund (knapp 70 Kilogramm)“, erzählte er in einer Veröffentlichung der Johns Hopkins Krankenhauses, wo er behandelt wurde. „Meine Beine und Arme waren unglaublich dünn und meine Brustmuskulatur war einfach weg.“
Infektiologin Camilla Rothe
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Der enorme Gewichtsverlust ist das Ergebnis einer Covid-19-Erkrankung und eines 25 Tage langen Komas, während dem die Ärzte um das Leben des Sportlers kämpfen mussten.
Ayyad dachte, er hätte die Grippe
Alles begann im März mit einem plötzlichen Schwächegefühl. An einem Tag lief Ayyad Marathons, nahm an Hindernisläufen teil, stemmte Gewichte und boxte. Am nächsten Tag schaffte er es kaum noch die Treppe hoch. Dann kam das Husten und Niesen. Schließlich bekam er Fieber, hinzu kamen völliger Energie- und Appetitverlust und Atembeschwerden. Ayyad dachte, er hätte die Grippe.
Dass er an dem neuartigen Coronavirus erkrankt sein könnte, glaubte er nicht. Doch eine Freundin überredete ihn, in ein Krankenhaus zu fahren. Ein Test zeigte schließlich: Ayyad war mit dem Virus SARS-CoV-2 infiziert.
Ärzte kämpfen um Ayyads Leben
Sein Zustand verschlechterte sich zusehends. Den Ärzten des Johns Hopkins Krankenhauses in Baltimore blieb schließlich nichts anderes übrig, als ihn an ein Beatmungsgerät anzuschließen und in ein künstliches Koma zu versetzen. Seine Familie fürchtete schon, ihn zu verlieren und nicht einmal mehr Abschied von ihm nehmen zu können. „Meine Mutter wollte meinem Vater nicht glauben, als er ihr sagte, sie könnten mich nicht besuchen. Sie dachte, er wollte sie nur davor schützen, mich im Koma zu sehen“, erzählte Ayyad später.
Um ihm das Atmen zu erleichtern, wollten die Ärzte eine Tracheotomie vornehmen: Ein Luftröhrenschnitt, bei dem durch die Halsweichteile ein Zugang zur Luftröhre geschaffen wird. Doch als sie Ayyad dazu aus dem Koma holen, stellten sie fest, dass seine Atmung stabil genug war, um darauf zu verzichten.
Alles muss neu gelernt sein
An diesem Tag wachte der 40-Jährige wieder auf. Für ihn begann der Kampf zurück in ein normales Leben. Sogar das Essen musste er wieder lernen. Er erinnert sich deutlich an den Moment, als er zum ersten Mal nach 25 Tagen wieder richtige Nahrung verspeisen konnte. „Es war Apfelmus“, berichtete er. „Ich war so glücklich. Dieser erste Schluck fühlte sich so befriedigend an. Nun zumindest, bis ich feststellen musste, dass ich nicht mehr weiß, wie man schluckt. Ich musste das noch einmal lernen. Aber ich habe gewonnen.“
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Der 40-Jährige musste nicht nur das Schlucken neu lernen. Er konnte auch nicht sprechen oder gehen. Während der nächsten drei Wochen nahm ihm jede Bewegung den Atem und brachte sein Herz zum Rasen. Aber er war alles andere als entmutigt. Jeden Tag versuchte Ayyad etwas Neues. Zuerst begann er mit Dehnübungen in seinem Bett. Dann waren es seitliche Ausfallschritte. Schließlich drehte er Runden in seinem Zimmer.
„Es gibt Patienten, für die es schwierig ist, sich nach einer gewissen Zeit am Beatmungsgerät wieder zu erholen“, berichtete die Ärztin Gigi Yuen-Gee Liu, die den Sportler bei seiner Rehabilitation betreute. „Aber nicht für Ayyad. Vor allem, weil er ein super-duper-fitter Typ ist. Ich denke, das hat ihm geholfen.“
Warum die Covid-19-Erkrankung bei Ayyad einen so schweren Verlauf genommen hat, können die Ärzte nicht sagen. Er sei nicht in der Risiko-Altersgruppe und leide auch nicht an Krankheiten wie Fettleibigkeit oder Diabetes, hieß es in der Erklärung des Krankenhauses. „Aber es könnte noch andere Risiko-Faktoren geben, die wir noch nicht vollständig verstehen“, erklärte Dr. Sandra Zaeh, eine Ärztin der Lungen- und Intensivmedizin, die Ayyad behandelte und ihn weiterhin betreut.
Eindringlicher Appell
Mehr als zwei Monate sind mittlerweile nach dem Erwachen Ayyads aus dem Koma vergangenen. Sein Gesundheitszustand hat sich fast wieder normalisiert. Er boxt wieder, trainiert jeden Tag, spielt Basketball, wie er in einem Gespräch mit CNN erzählte. Auch wenn er das Coronavirus besiegt hat, warnt er eindringlich davor, die Gefahr zu unterschätzen.
„Die Leute tun so, als wäre das Virus verschwunden. Aber das stimmt nicht. Tragen Sie Ihre Maske! Versammeln Sie sich nicht in großen Gruppen! Passen Sie auf sich und die Menschen um Sie herum auf“, appelliert Ayyad.
„Nehmen Sie das Virus ernst. Es ist kein Scherz. Es kann Sie töten, selbst wenn Sie denken, gesund und immun dagegen zu sein. Das sind Sie nicht.“
Quellen: Johns Hopkins Krankenhaus, CNN
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