Gesundheit

Südkorea meldet „Wieder-Infizierte“ – Virologe Drosten hat eine andere Erklärung

Südkorea meldet 91 Fälle, in denen sich Menschen nach überstandener Krankheit erneut mit Sars-CoV-2 infiziert haben sollen. Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité hält die neuerlich positiven Tests allerdings für Nachwehen der Erstinfektion.

Südkoreas Gesundheitsbehörden meldeten am Freitag 91 Fälle, in denen Sars-CoV-2-Infizierte erneut positiv auf das Virus getestet worden waren – obwohl sie bereits als genesen galten. Rasch kam die Frage auf, ob eine Wiederinfektion mit dem neuartigen Coronavirus viel schneller möglich sei, als es Virologen derzeit vermuten. Selbst die Weltgesundheitsorganisation äußerte sich am Wochenende zu den erneut positiven Coronavirus-Tests: „Wir arbeiten eng mit unseren klinischen Experten zusammen, um mehr über diese Einzelfälle zu erfahren“, erklärte sie der Nachrichtenagentur „Reuters“.

Wer einmal negativ getestet ist, kann danach unter Umständen wieder positiv getestet werden

Christian Drosten führt die erneut positiven Labortests nicht auf eine Wiederinfektion mit dem Virus zurück. Vielmehr könne der PCR-Test, der bezüglich des neuartigen Coronavirus derzeit üblich ist, „nur ein gewisses Probenvolumen auf das Virus untersuchen“, erklärt er im NDR-Podcast vom Dienstag. Deshalb könne es vorkommen, dass Testergebnisse vor allem zu Ende der Erkrankung zwischenzeitlich negativ ausfielen, wenige Tage später aber erneut positiv ausschlagen.

Um den Mechanismus, der hinter diesem statistischen Phänomen steckt, zu verdeutlichen, bemüht Drosten einen praktischen Vergleich. „Ich erkläre das Studierenden häufig so“, beginnt der Berliner Chef-Virologe. „Sie haben ein Planschbecken voller Wasser und darin schwimmen Goldfische. Jetzt nehmen Sie eine Probe mit verbundenen Augen: mal ist ein Goldfisch drin, mal nicht.“ Trotzdem würde niemand in Abrede stellen, dass Goldfische im Becken schwimmen, so Drosten.

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Je weniger Fische nun im Planschbecken schwimmen, desto eher kann es demzufolge vorkommen, dass bei einer Probe kein Fisch enthalten ist, führt der Professor für Virologie aus. „Das kann auch zweimal hintereinander passieren.“

„Noch sehr wenige genaue Beschreibungen über den Ausscheidungsverlauf des Virus“

Nach derzeitiger Definition der meisten Gesundheitsbehörden gilt ein Infizierter nach zweifach negativem PCR-Test als geheilt. Wenn man dann weiterteste, etwa im Rahmen einer Studie, könne aber durchaus auch wieder ein positives Testergebnis darunter sein.

„Es gibt leider immer noch sehr wenige genaue Beschreibungen über den Ausscheidungsverlauf des Virus im Patienten“, erklärt Drosten. Gerade gegen Ende der Erkrankung könne die nachweisbare Viruslast daher immer wieder etwa über oder etwas unter die Nachweisgrenze springen. Das Virus sei dann wie die Goldfische immer noch da, aber werde eben nicht immer in der Probe und damit dem Test erfasst. „Das ist meine Erklärung für dieses Phänomen – gerade, weil es so kurze Zeit nach der Krankenhausentlassung auftritt.“

Unterschiedliche Denkweisen in Asien und Europa

„In Deutschland würde so etwas nicht passieren“, ergänzt Drosten, „weil wir hier eine Kultur haben, dass solche Ergebnisse relativ schnell hinterfragt werden und dass Regeln auch immer gesehen werden mit einer Möglichkeit einer Ausnahme.“

Demnach würden deutsche Gesundheitsämter Befunde in der Regel zunächst wissenschaftlich hinterfragen – und nach möglichen Gründen suchen, sie logisch zu erklären, ehe ein Widerspruch zu einer formulierten Regelmäßigkeit als solcher eingeordnet würde. „Aber in der asiatischen Kultur des öffentlichen Gesundheitswesens gibt es eine viel stärkere Striktheit beim Umgang mit solchen Regeln“, sagt der Professor für Virologie. Per se sei das keine schlechte Eigenschaft, sondern schlicht eine kulturelle Unterschiedlichkeit.

In den angeblichen „Wieder-Infektionen“ sieht der Mediziner allerdings eher statistisch auffällige Zufallsverteilungen als tatsächliche Neuinfektionen, die der Immunitätstheorie in Folge einer durchgemachten Coronavirus-Infektion widersprechen würden. 

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Angebliche Kritik an Streek weist Drosten zurück

Ebenfalls geäußert hat sich Drosten am Dienstag zur viel zitierten „Heinsberg-Studie“ seines Bonner Kollegen Hendrik Streek. In der Öffentlichkeit war in den vergangenen Tagen der Eindruck entstanden, Drosten halte eher wenig von der Feldforschung des Bonner Virologen-Teams. So soll er nach der Vorstellung der Studie bei einem vom Kölner Science Media Center organisierten Gespräch gesagt haben: „Ich habe mir gerade diese Pressekonferenz angehört auf Phoenix, und ich kann daraus nichts ableiten. Da wird einfach so wenig erklärt, dass man nicht alles versteht.“ Darüber hinaus hatte er gefordert, dass wissenschaftliche Daten dieser Art zunächst in einem wissenschaftlichen Manuskript publiziert werden müssten.

Auf Twitter stellte Drosten später klar, dass er die Heinsberg-Studie damit keinesfalls verreißen wolle. „Es gibt keinen Vorwurf an die Kollegen, nur eine Nachfrage. Diskurs ermöglicht wissenschaftliche Meinungsbildung.“

Diese Äußerung erneuerte Drosten im Podcast-Gespräch. Demnach wolle er die Studie nicht kritisieren. „Denn ich habe gar keine Grundlage, sie zu kritisieren.“ Für eine Einordnung und Bewertung fehlten unter anderem wichtige Angaben zur Vorgehensweise. Laut Drosten hätten die Autoren bisher nur Endergebnisse veröffentlicht.

Im Wissenschaftsbetrieb sei es allerdings üblich, dass man auch den Weg dorthin, also Methodik und Datenbasis erklärt bekommt. Nur so werden Studienergebnisse für andere Wissenschaftler nachvollziehbar. Daher „wäre es gut, wenn wir so etwas sehen würden, nachdem diese Studie so stark öffentlich kommuniziert wurde.“

Eine Frage, die Drosten in diesem Zusammenhang aufwirft, besteht etwa in der Kontrolle der positiven Testergebnisse. So sei unklar, ob die Bonner Forscher die Probanden nur einmalig mittels sogenannter Elisa-Tests auf das Virus getestet hätten – oder ob sie diese Tests mit weiteren Tests wissenschaftlich angemessen bestätigt hätten.

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