Gesundheit

Vakzin hebelt Aidstests aus: Arbeit an australischem Impfstoffkandidaten eingestellt

Mitte 2021 sollte der australische Impfstoffkandidat des Biotech-Unternehmens CSL und der Universität Queensland für Impfungen zur Verfügung stehen. Jetzt wurde die Arbeit an dem Vakzin aus Down Under eingestellt – noch bevor die erste Phase der klinischen Studien abgeschlossen werden konnte. Und das, obwohl "UQ-CSL V451" laut Unternehmen ein "starkes Sicherheitsprofil" aufwies. Dass die Regierung jetzt dennoch einen Riegel vorschob, liegt an Fehlermeldungen bei HIV-Tests.

Das Problem ist ein Protein, das die Forscher nutzten. Denn das Eiweiß "gp41" kommt auch beim HI-Virus vor. Es sollte als "molekulare Klammer" dienen und stabilisierend wirken, wie Adam Taylor vom Menzies Health Institute Queensland gegenüber "CNN" erklärte. Dahinter stecke eine Technologie, die in früheren Studien eine gute Sicherheit und Immunreaktion gegen das Coronavirus gezeigt habe. Da das Protein aber auch dafür sorgt, dass der Körper Antikörper gegen HIV bildet, fielen nun einige Aidstests von Probanden fälschlicherweise positiv aus, obwohl diese nicht mit HIV infiziert sind. Dass dies passieren könnte, war wohl bereits länger bekannt. Die Wahrscheinlichkeit sei allerdings, laut Taylor, als gering eingeschätzt worden.

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Fehlermeldungen bei Aidstests

Die Forscher hatten im Juli damit begonnen, Freiwillige zu impfen. Bislang haben 216 Teilnehmer das Vakzin erhalten. Dabei seien keine gravierenden unerwünschten Nebenwirkungen festgestellt worden, wie der Pharmakonzern CSL in einer Erklärung bekannt gab. Dass die Studie, die noch in der ersten von drei zu durchlaufenden Phasen steckte, jetzt trotzdem abgebrochen wurde, liege ausschließlich daran, dass der Impfstoff die HIV-Diagnose beeinträchtige. Eine Ansteckung mit HIV durch den Impfstoff sei hingegen ausgeschlossen. "Es gibt keine Möglichkeit, dass der Impfstoff eine Infektion verursacht", so das Unternehmen.

"Unter anderen Umständen, wenn es keine Impfstoffe gäbe, die zu funktionieren scheinen, hätte die Welt wohl ein paar falsche HIV-Ergebnisse hingenommen, um zugleich immun gegen Corona zu werden", sagte die Melbourner Epidemiologin Nancy Baxter im Fernsehsender "ABC", die außerdem darauf hinwies, dass solche falschen Ergebnisse durch weitere Tests schnell aufgeklärt werden könnten.

Die australische Regierung schob jetzt dennoch einen Riegel vor. Auf die erste Testphase wird keine zweite folgen. Eine Überarbeitung des Impfstoffes ist nicht angedacht. Paul Young, der an der Impfstoffentwicklung beteiligt war, sagte "The Guardian": "Dies würde die Entwicklung um weitere 12 Monate zurückwerfen, und obwohl dies eine schwierige Entscheidung ist, muss der dringende Bedarf an einem Impfstoff für alle Priorität haben". 

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Verschiedene Impfstofftechnologien

Warum setzte CSL auf das Protein? Impfstoffe auf Grundlage von Eiweißen sind nicht unüblich. Grippeimpfstoffe basieren typischerweise auf Eiweißen. Solche Impfstoffe enthalten als Impfantigen aufgereinigte virale Proteine oder Teile von Proteinen, die eine Immunantwort auslösen sollen. Auch der Impfstoffkandidat des US-Pharmaunternehmens Novavax "NVX-CoV2373" ist ein Protein-Vakzin, allerdings in der Entwicklung schon weiter gediehen. In Großbritannien befindet sich der Impfstoff bereits in Phase III der klinischen Studie.

Da die australische Entwicklung nun als Impfstoffkandidat ausscheidet, fallen auch 51 Millionen vorab bestellte Impfstoffdosen weg. Die Regierung kauft stattdessen vermehrt Vakzine aus dem Ausland ein. Australien sei zu keinem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass es alle vier in der Entwicklung befindlichen Impfstoffkandidaten bis zur Zulassung schaffen würden, zitiert "CNN" Premierminister Scott Morrison. Daher habe man schon vorab "das Risiko gestreut". Australien setzt dabei auch auf verschiedene Impfstofftechnologien. 

Auf der Impfstoff-Bestellliste Australiens standen bereits 10 Millionen Dosen aus dem Hause Biontech/Pfizer, 40 Millionen von Novavax und 33,8 Millionen von AstraZeneca. Nun wurden noch einmal 20 Millionen Impfstoffdosen von AstraZeneca und 11 Millionen von Novavax nachbestellt. Auch Europa setzt auf die Impfstoffkandidaten von Biontech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca. Alle drei Unternehmen haben bereits die Zulassung bei der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA beantragt.

Biontech/Pfizer und Moderna nutzen eine vergleichsweise neue Technologie: Bei den Impfstoffkandidaten handelt es sich um mRNA-Impfstoffe. Mit der Impfung wird den Zellen lediglich die Information für die Herstellung einzelner Virus-Proteine übertragen. Diese Proteine dienen als Antigene, die eine Immunantwort auslösen. Und das Vakzin aus dem Haus AstraZeneca ist ein sogenannten Vektor-Impfstoff auf Basis eines Adenovirus. Impfstoffe dieser Art enthalten Erreger, die für den Menschen harmlos sind, und eines oder mehrere Moleküle des Krankheitserregers als Antigene tragen. Im Fall von "AZD1222" ist das genetisches Material eines Oberflächenproteins, mit dem das Coronavirus an menschliche Zellen andockt. 

Quellen: CNN, The Guardian, Pharmazeutische Zeitung

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