Gesundheit

Wann sinken die Zahlen wieder? Experte berechnet, wann die Welle durch ist

Mehr als 300.000 Neuinfektionen: Diesen Rekordwert meldet das RKI aktuell. Gleichzeitig ist Deutschland auf Lockerungskurs. Was bedeutet das für die Lage in den Kliniken? Und wann erreichen wir den Peak? FOCUS Online gibt einen Überblick.

Jeder 20. in Deutschland ist derzeit mit Corona infiziert. Beinahe jeder kennt jemanden, den es in der aktuellen, zweiten Omikron-Welle erwischt hat oder ist selbst betroffen. Denn das Niveau des Corona-Infektionsgeschehens ist das höchste seit Pandemiebeginn. Nie war es also wahrscheinlicher, sich anzustecken.

Dennoch hat die Dynamik des Geschehens abgenommen. Deutschland ist dabei, sich von den meisten Corona-Maßnahmen zu verabschieden. Viele freut das, andere zeigen sich besorgt. Gerade in den Krankenhäusern wird es wieder eng. Erreichen die Zahlen noch rechtzeitig den Peak? Statistiker Christian Hesse hat das für FOCUS Online eingeschätzt. Dazu liefern wir den Zahlen-Überblick.

Wann endet die sechste Corona-Welle?

Die diversen Parameter, insbesondere die Inzidenzen sowie die Neuinfektionen verdeutlichen, dass Deutschland sich mitten in einer sechsten Welle befindet. Aktuell gibt es dem Experten zufolge rund 15-mal so viele Neuinfektionen wie auf dem Höhepunkt der zweiten Corona-Welle im Januar 2021. „Wahrscheinlich werden die Inzidenzen noch bis etwa Ostern steigen“, erläutert Hesse. „Erst dann tritt ein gewisser Sättigungseffekt ein und die Saisonalität kommt uns zur Hilfe, was zu einer Trendumkehr führt.“

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1. Die Neuinfektionen

Die Infektionszahlen in Deutschland sind so hoch wie nie. Am Donnerstagmorgen knackten die Neuinfektionen die 300.000er-Marke zum ersten Mal. Die Gesundheitsämter meldeten laut Robert Koch-Institut (RKI) 318.387 Fälle in 24 Stunden, am Freitag waren es 296.498. Vor einer Woche waren es 297.845 erfasste Neuinfektionen.

Die Sieben-Tage Inzidenz gab das RKI mit 1756,4 an – das ist ebenfalls wieder ein Höchststand. Zum Vergleich: Am Vortag hatte der Wert bei 1752,0 gelegen. Vor einer Woche lag die bundesweite Inzidenz bei 1706,3 (Vormonat: 1259,5).

Experten gehen von einer hohen Zahl an Fällen aus, die in den RKI-Daten nicht erfasst sind. Ein Grund sind die begrenzten Kapazitäten etwa von Gesundheitsämtern, oft werden Kontakte nur noch eingeschränkt nachverfolgt. Dass die gegenwärtigen Infektionszahlen mit Vorsicht zu betrachten seien, gab Statistiker Christian Hesse auf Anfrage von FOCUS Online bereits Mitte März zu bedenken. „Die gemeldeten Zahlen werden immer weniger brauchbar“, erklärte Hesse. Verantwortlich dafür sei die Tatsache, dass die Zahl der durchgeführten PCR-Tests aufgrund der Priorisierung stark abgenommen habe. Da nur Fälle mit positivem PCR-Test in die offiziellen Daten des RKI einfließen, wurden zuletzt viele Neuinfektionen nicht erfasst. Wegen der Testlücke würden die tatsächlichen Inzidenz-Werte noch erheblich höher liegen als die gemeldeten.

2. Die Todesfälle

Die Corona-Todesfälle nahmen laut RKI-Daten stetig zu, gerade scheint der Anstieg allerdings gestoppt. Für die Kalenderwoche 11 (14. bis 20. März) ging der Wert mit 1,62 Todesfällen pro 100.000 Einwohner zum ersten Mal seit fünf Wochen wieder zurück. In der Woche davor lag er bei 1,77.

Deutschlandweit wurden den neuen Angaben zufolge binnen 24 Stunden 288 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 226 Todesfälle.

Grundsätzlich gilt bei den Todesfallmeldungen, dass hier viele Verzögerungen, etwa im Meldeverfahren, die Zahlen verzerren. Bei den Tageswerten fehlen beispielsweise die Nachmeldungen, welche das RKI in der Wochenübersicht hinzufügt.

Ein positives Signal ist: Das Sterberisiko bei symptomatischer Omikron-Infektion hat leicht abgenommen, erläutert Statistiker Hesse: auf 0,09 Prozent (Vorwochen 0,10 bzw.0,12 Prozent): Einer von 100 symptomatisch Corona-Erkrankten muss hospitalisiert werden und einer von 1100 symptomatisch Erkrankten verstirbt.

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3. Die Hospitalisierungsrate

Entscheidend im Pandemiegeschehen sind nicht nur die Fall- und Todeszahlen. Die Hospitalisierungsinzidenz gibt an, wie viele Menschen mit einer Covid-Erkrankung in der Klinik behandelt werden müssen.

Der offizielle Wert der Hospitalisierungsinzidenz zeigt sich seit Mitte März relativ stabil. Das ist allerdings nur der für den jeweiligen Tag fixierte Wert. Das RKI aktualisiert die Daten jedoch anschließend jeweils für die vergangenen Tage unter Berücksichtigung von Nachübermittlungen. Diese Zahlen liegen meist deutlich höher.

„Die Hospitalisierungsrate bleibt unverändert, bei immer verlässlicher werdender Datenbasis“, urteilt der Statistiker, „1,0 Prozent der Omikron-Infizierten mit symptomatischen Verläufen müssen hospitalisiert werden.“ Obwohl es 15-mal so viele Neuinfektionen wie auf dem Höhepunkt Winter-Welle im Januar 2021 gäbe, sei die Hospitalisierungsrate ist jetzt um 25 Prozent geringer.

Trotzdem wird es in den Kliniken derzeit wieder eng. Die Krankenhäuser in Deutschland haben während der Omikron-Welle mit einem massiven Personalausfall zu kämpfen. „Eine hohe Zahl von positiv getestetem Personal ist für viele Krankenhäuser sehr belastend“, sagte der Präsident der Intensivmediziner-Vereinigung DIVI, Gernot Marx, der „Augsburger Allgemeinen“. „So geben derzeit auch wieder 518 von 1320 Intensivstationen an, in einem eingeschränkten Betrieb zu arbeiten.“

Die gleichen Sorgen macht sich der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß. „Wir haben flächendeckend ein Problem mit Personalausfällen durch Quarantäne und Isolation“, sagte Gaß dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Eine aktuelle Umfrage des DKI zeigt, dass 75 Prozent der Krankenhäuser nicht mehr in der Lage sind, ihr normales Leistungsangebot anzubieten. Und ausschlaggebend dafür sind die Personalausfälle.“ Die hohen Inzidenzen ließen auch in den kommenden Wochen kein Durchatmen erwarten. Einzig positiv sei, dass die Belegung auf den Intensivstationen nicht weiter steigt.

4. Die Intensivpatienten

Der deutliche Anstieg, der sich aktuell bei einigen Kennzahlen zeigt, bleibt bei den Covid-Intensivpatienten bislang aus. Erst seit wenigen Tagen melden die Intensivmediziner bundesweit jeweils mehr Fälle als am Vortag.

Seit Anfang Dezember sank die Anzahl deutlich, kletterte Anfang bis Mitte Februar wieder leicht nach oben. Ab Anfang März nahmen die Fälle bis Mitte des Monats stark ab. Seitdem stiegen Patientenzahlen leicht, aber langsam. Aktuell befinden sich 2286 Covid-Patienten in intensivmedizinischer Behandlung (Stand: 24.03.22). In allen Bundesländern liegt die durch Covid-19-Fälle verursachte Auslastung der Intensivbetten unter 20 Prozent.

 

Diese Entwicklung könnte sich damit erklären lassen, dass im Augenblick in Deutschland die Omikron-Variante vorherrscht. Diese, insbesondere der BA.2-Typ, gilt zwar als infektiöser als bisherige Varianten, führt in der Regel allerdings auch zu milderen Verläufen. Daher bewegt sich die Zahl der Intensivpatienten trotz Rekord-Infektionszahlen noch auf einem relativen niedrigen Niveau. Es „sind weniger als halb so viele wie zum Höhepunkt der Delta-Welle Mitte Dezember 2021“, ergänzt Hesse.

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    Hinweis: Die täglich gemeldeten Zahlen unterliegen aufgrund von Meldeverzögerungen gewissen Schwankungen. Somit kommt es etwa an den Wochenenden in der Regel zu weniger Meldungen, diese erfolgen dann erst in der Woche danach. Wichtig ist es deshalb, die Trends im Gesamten zu beobachten.

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