Gesundheit

Was sagen die Parteien zu Lieferengpässen und zum Parallelhandel?

Der Lunapharm-Skandal hat im vergangenen Jahr gezeigt, dassviele Probleme der Arzneimittelsicherheit inzwischen grenzübergreifend zuverstehen sind. Zwischen den EU-Ländern besteht ein reger, legaler Handel mitArzneimitteln. Dieser EU-weite Handel wird aber teilweise auch illegalbetrieben. Wie kann man diese Situation verbessern? Und: Was kann Europagemeinsam tun, damit sich die Lieferfähigkeit von Arzneimitteln verbessert?Diese Fragen haben wir den Parteien im dritten und letzten Teil desDAZ.online-Wahlchecks zur Europawahl gestellt.

Wer glaubt, dass Arzneimittel-Lieferengpässe ein allein inDeutschland auftretendes Phänomen sind, der täuscht sich. Erst im März warbekannt geworden, dass praktisch die gesamte Benelux-Region unter heftigenEngpässen leidet, alleine in Belgien standen auf der Engpassliste derArzneimittelbehörde damals knapp 430 Arzneimittel. Auch Frankreich istbetroffen. Schon seit Jahren wird daher darüber nachgedacht, was aufeuropäischer Ebene gegen die Lieferengpässe unternommen werden kann. Einzentraler Punkt: Europa hängt immer mehr ab von einigen wenigen Produktionsstättenin Fernost. Geht an einer dieser Produktionsstätten etwas schief, wird es auchhierzulande spürbar (siehe Valsartan-Skandal). Sollte also wieder mehr inEuropa produziert werden?

Eng verknüpft mit dem Thema der Lieferfähigkeit ist dieFrage des Parallelhandels. Hierzulande gibt es sogar eine Importquote, die denImport von Medikamenten aus anderen Ländern zur Pflicht macht. Medienberichtenzufolge leidet die Lieferfähigkeit in anderen EU-Staaten darunter. Die teilsgroßen Preisunterschiede bei den teureren Arzneimitteln haben zudem einenillegalen Handel mit Arzneimitteln attraktiver werden lassen. DerLunapharm-Skandal hat gezeigt, dass es ein sehr dichtes Netzwerk anArzneimittelhändlern in ganz Europa gibt, die aus dieser Situation Profitschlagen.

Im Vorfeld der Europawahl, die am kommenden Sonntag inDeutschland ansteht, haben wir bei den sechs größten Parteien zu diesen Themennachgefragt. Hier sehen Sie die Ergebnisse:

  • Insbesondere durch den sogenanntenLunapharm-Skandal wurde deutlich, dass es inzwischen ein komplett undurchsichtigesNetzwerk von zahlreichen Händlern und Zwischenhändlern gibt, über dasArzneimittel innerhalb Europas hin- und her verkauft werden. Sollte sich amParallelhandel in Europa etwas ändern?

Mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgungwerden Maßnahmen für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung getroffen.Damit wird auf Erfahrungen beim Vollzug des Arzneimittelrechts und aufVorkommnisse mit gefälschten und verunreinigten Arzneimitteln reagiert.Folgende Regelungen zur Verbesserung der Patientensicherheit und -versorgungwerden aufgenommen:

Im Arzneimittelgesetz werden die Kompetenzen derBundesoberbehörden für den Rückruf von Arzneimitteln und Wirkstoffen erweitert.Zudem wird die Koordinierungsfunktion der Bundesoberbehörden gestärkt. Damit sollbei drohenden Versorgungsmängeln ein zeitnahes und länderübergreifendesVorgehen sichergestellt werden. Die Regelung zur Abgabe von preisgünstigenimportierten Arzneimitteln in § 129 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Fünftes BuchSozialgesetzbuch (Importklausel) wird neu gefasst. Zugleich werden im FünftenBuch Sozialgesetzbuch Versicherte von der Zuzahlungspflicht befreit, wennaufgrund eines mangelhaften Arzneimittels eine Ersatzverschreibung ausgestelltwerden muss. Die erlaubnisfreie Herstellung von Arzneimitteln zur persönlichenAnwendung bei einem Patienten durch Personen, die nicht Arzt oder Zahnarztsind, wird beschränkt. Die erlaubnisfreie Tätigkeit mit Geweben und Gewebezubereitungenvon Personen, die keine Ärzte sind, wird gestrichen. Zudem werden für dieHerstellung und Anwendung von nicht zulassungs- oder genehmigungspflichtigenArzneimitteln für neuartige Therapien Dokumentations-, Melde- und Anzeigepflichtengeschaffen.

  • Im Zusammenhang mit Arzneimittel-Lieferengpässenhört man Forderungen, dass die EU versuchen sollte, die Produktion vonArzneimitteln wieder nach Europa „zurückzuholen“. Wie beurteilen Sie dieseForderung? Und wie könnten die Konzerne überzeugt werden, nach Europa zurückzukommen?

Selbstverständlich ist es wünschenswert, wenn Arzneimittelbzw. die darin verwendeten Wirkstoffe in Deutschland bzw. der EU produziertwerden. Entsprechend wird die neue EU-Verordnung über das ergänzendeSchutzzertifikat für Arzneimittel unterstützt, gerade auch im Hinblick auf dieEinrichtung neuer Produktionsstätten für Biosimilars. Die Ursachen vonLieferengpässen bei Arzneimitteln sind vielfältig und bedürfen daher einergezielten Analyse, um die jeweils geeigneten Maßnahmen einzuleiten, der Entstehungvon Engpässen vorbeugen oder deren Auswirkungen abzumildern.

Hierzu wurde im September 2016 beim Bundesinstitut fürArzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ein Jour Fixe zu Lieferengpässeneingerichtet. Zu Lieferengpässen bei Impfstoffen führt dasPaul-Ehrlich-Institut, PEI, einen regelmäßigen Jour Fixe mitImpfstoffherstellern durch. Das PEI veröffentlicht auf seiner Website eineaktuelle Übersicht zu Lieferengpässen bei Impfstoffen, verfügbaren Alternativenund Empfehlungen der Ständigen Impfkommission. Patienten, Apotheker und Ärztekönnen dem PEI Lieferengpässe elektronisch melden. Zudem wurden in der letztenLegislaturperiode gesetzliche Maßnahmen im Zusammenhang mit Lieferengpässenerlassen.

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