Gesundheit

„Wir haben Eindruck im Ministerium hinterlassen“

Als Director Pharmacy berät Apotheker Ralf König aus Nürnberg mit dem Health Innovation Hub (hih) den noch amtierenden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zur Digitalisierung des Gesundheitswesens. Zum Jahreswechsel löst sich das Gremium auf. Im Gespräch mit der DAZ zieht König Bilanz: Welchen Input konnte der hih geben? Welche Baustellen hinterlässt Spahn seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger? Und ist es der ABDA doch noch gelungen, die Politik zu überzeugen, dass die Apotheken hierzulande fit sind für das digitale Zeitalter?

DAZ: Herr König, die Amtszeit von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) neigt sich dem Ende. Bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens hat er viel ins Rollen gebracht. Mit den Auswirkungen wird sich nun seine Nachfolgerin oder sein Nachfolger befassen müssen. An welchen Stellen muss er oder sie nach Amtsantritt rasch tätig werden? 

König: Es wird in erster Linie darum gehen, den vorgezeichneten Fahrplan einzuhalten. Spahn ist mit sehr viel Energie und Durchschlagskraft an das Thema herangegangen. Er hat sich vor dem Minenfeld nicht gescheut, sondern ist mitten hindurchgelaufen. Die Frage ist nun, ob das Ministerium dieser Linie treu bleibt oder es unter neuer Führung wieder einen Knicks vor der Selbstverwaltung macht und in einen Tiefschlaf verfällt, was die Digitalisierung betrifft. 

Sehen Sie diesbezüglich denn Gefahr? Im Ergebnispapier zu den Sondierungsgesprächen zwischen SPD, FDP und Grünen steht doch drin, dass die Parteien die Digitalisierung weiter vorantreiben wollen. 

Während der Amtszeit von Herrn Spahn war das Ministerium zum Beispiel mit Gottfried Ludewig und Christian Klose und deren Team personell so aufgestellt, dass es in dieser Angelegenheit ein echtes Momentum gab. Dieser Geist ist unmittelbar von bestimmten Köpfen abhängig. Man wollte wirklich etwas bewegen – ob sich das in der kommenden Legislaturperiode so fortsetzen wird, werden wir sehen. 

Hat Spahn während seiner Amtszeit auch Themen liegen gelassen? 

Was noch offen ist, ist die angekündigte Rechtsverordnung, in der insbesondere Fragen zu Schnittstellen geklärt werden sollen, die auch für das E-Rezept wichtig sind. Darauf warten vor allem die Software-Hersteller, Gematik und Plattformen jetzt schon sehr lange, und je nachdem, wie diese Verordnung ausgestaltet sein wird, kann es sein, dass die Unternehmen Millionen von Euro an den falschen Stellen investiert haben. Das ist schade, denn es gab ja gar keine neuen Erkenntnisse, diese Verordnung hätte man schon früher erlassen können.  

Eine andere Sache ist das Versandhandelsverbot mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Dass Herr Spahn das RxVV, das ja sogar im Koalitionsvertrag verankert ist, nicht umgesetzt hat, wurde auch innerhalb des Ministeriums sicher kontrovers diskutiert. Letztlich war es aber eine persönliche Entscheidung: Für Spahn passte das RxVV einfach nicht mehr in diese Zeit. Dennoch dürfen wir nicht vergessen, wie viele Visionen er für uns Apotheken hatte: Mit den pharmazeutischen Dienstleistungen hat er das Thema bezahlte Beratungsleistung platziert, in Sachen Grippeimpfung hat er sich gegen den Widerstand der Ärzteschaft und unserer Standesvertretung durchgesetzt, und auch zum Beispiel bei der Befüllung der elektronischen Patientenakte hat er uns mitgedacht, inklusive Honorar. Gerade das wird für uns noch sehr wichtig werden, denn die ePA soll das zentrale Tool in der digitalen Gesundheitsversorgung werden. 

Auch während der Pandemie haben die Apotheken neue Aufgaben übernommen, oft sehr kurzfristig und fernab ihres Kerngeschäfts. Was bleibt davon übrig? 

Wir haben ganz besonders mit unserer Initiative beim Ausstellen digitaler Impfzertifikate Eindruck im Ministerium hinterlassen. Als ich vor drei Jahren zum hih nach Berlin kam, hat die Politik mit den Apothekern nicht mehr viel gesprochen, weil die ABDA permanent auf der Bremse stand. Wir waren keine Gestalter, sondern Verhinderer. Das hat sich gewandelt – wir verlassen diese Legislaturperiode mit dem Eindruck, dass Apotheken digitale Aufgaben in der Fläche umsetzen können und in diesem Bereich viel stärker eingebunden werden sollten. Das hat auch mit dem neuen Stil zu tun, den Gabriele Regina Overwiening als ABDA-Präsidentin mitbringt. Es ist schade, dass wir die Früchte jetzt nicht mehr mit dem Ministerium in der aktuellen Besetzung ernten können, aber davon wird sicherlich etwas hängen bleiben. 

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