Eine Laborantin des Paul-Ehrlich-Instituts (Archivbild)
Die Vakzine von AstraZeneca wird in Deutschland auf unbestimmte Zeit nicht mehr geimpft. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zog die Notbremse, nachdem bei mehr als 1,6 Millionen Impfungen bislang sieben Fälle bekannt wurden, darunter drei Todesfälle, bei denen es zu Thrombosen der Hirnvenen im zeitlichen Zusammenhang mit der AstraZeneca-Impfung kam. Das entspricht ungefähr vier Fällen pro einer Million Geimpfter.
Noch am Montag warnten Politiker wie der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, der Impfstopp sei übertrieben. Doch Spahn sagt, sein Haus habe keine politische, sondern eine »rein fachliche« Entscheidung getroffen – er folge einer aktuellen Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI).
Das Paul-Ehrlich-Institut im hessischen Langen
Umdenken nach »intensiven Beratungen«
Darin schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von »intensiven Beratungen«, die sie zum Umdenken bewegt hätten. Denn noch vergangene Woche wollte Deutschland am Impfen mit AstraZeneca festhalten.
Ein Schreiben reicht aus, um die komplette deutsche Impfkampagne ins Wanken zu bringen? Wer verstehen will, was das Paul-Ehrlich-Institut genau ist, findet eine kurze Antwort bereits in seinem früheren Namen: Zunächst firmierte die Behörde unter dem Namen »Bundesamt für Sera und Impfstoffe«. 2009 wurde sie nach ihrem ersten Direktor umbenannt, dem deutschen Mediziner und Nobelpreisträger Paul Ehrlich.
Der ursprüngliche Name ist jedoch weiterhin Programm. Das Institut im hessischen Langen ist dem Gesundheitsministerium unterstellt und sorgt für die Regulierung von Vakzinen und Arzneimitteln. In dieser Funktion entscheiden die Expertinnen und Experten des Hauses über die Zulassung von Impfstoffen, biomedizinischen Arzneien und Geräten der Medizintechnik. Die Genehmigung klinischer Studien über die vom Institut betreuten Arzneimittel fällt ebenso in den Aufgabenbereich.
»Ich glaube, wir haben hier eine besondere Verpflichtung«
Entsprechend wird die Impfpause für AstraZeneca von PEI-Präsident Klaus Cichutek verteidigt. »Die Bürgerinnen und Bürger wollen sich darauf verlassen, dass die Impfstoffe, die wir zulassen, sicher und wirksam sind«, sagte Cichutek den ARD-»Tagesthemen«. »Ich glaube, wir haben hier eine besondere Verpflichtung.«
Die Entscheidung, die AstraZeneca-Impfungen auszusetzen, wurde entsprechend einstimmig von den Expertinnen und Experten des Instituts getroffen. Alle waren sich einig, dass die sieben beobachteten Fälle »mit der Impfung zusammenhängen könnten«.
Im Institut gelten strenge Qualitätsstandards. Publikationen und Expertisen aus dem Haus unterliegen nach eigenen Angaben einem Vieraugenprinzip. Alles, was publiziert wird, wird noch mal von einem Mitglied des Führungsteams abgesegnet. Gegenwärtig sitzen dort fünf Frauen und sieben Männer, darunter PEI-Präsident Cichutek. Die Forschung auf den Gebieten der Virologie, Immunologie, Allergologie und Hämatologie ist international anerkannt, unter anderem kooperiert die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit dem Paul-Ehrlich-Institut.
Macht durch Chargenfreigabe
Als selbstständige Bundesoberbehörde wird das Institut aus Steuergeldern finanziert, aber auch extern gefördert – unter anderem von der Europäischen Kommission oder der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).
Neben der Impfstoff-Zulassung obliegt der Behörde auch die staatliche Chargenfreigabe der Stoffe. Gerade darin liegt ein großer Teil ihrer Macht begründet. Vor der Vermarktung ist in Deutschland eine staatliche Prüfung von Impfstoffchargen per Gesetz vorgeschrieben. Auch wenn Pharmakonzerne bereits hohe Qualitätsstandards aufweisen – ihre Vakzinen müssen noch einmal durch das PEI-Labor.
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