Eine Französin reitet in ihrer Freizeit, doch seit drei Monaten hat sie dabei Probleme: Irgendetwas scheint mit ihren Beinen nicht zu stimmen. Die Beschwerden werden immer stärker. Es fühlt sich an, als bekomme sie Stromschläge. Zusätzlich verspürt sie eine Schwäche in den Extremitäten. Mehrmals stürzt die 35-Jährige deshalb.
Schließlich sucht sie die Notaufnahme im Centre Hospitalier Universitaire de Dijon in Frankreich auf. Die Ärzte stellen fest, dass ihr Empfinden in den Beinen gestört ist und sie ihre Fußgelenke nur eingeschränkt bewegen kann.
Die Frau lebt in Frankreich, ist nicht in andere Länder gereist. Sie hat eine Katze und hatte Kontakt zu Rindern, berichten Marine Jacquier und Lionel Piroth im Fachblatt „NEJM“. Vorerkrankungen erwähnen sie nicht.
Ein Bluttest zeigt eine erhöhte Zahl weißer Blutzellen, was darauf hindeuten kann, dass der Körper Krankheitserreger bekämpft. Ebenso erhöht ist der Wert des sogenannten C-reaktiven Proteins. Auch dies spricht für eine Infektion oder Entzündung.
Die Ärzte schauen sich die Wirbelsäule der Patientin mithilfe einer Magnetresonanztomografie genauer an. Aufgrund der Beschwerden vermuten sie, dass die Signale nicht ordentlich aus dem Hirn zu den Nerven in den Beinen weitergeleitet werden. Auf der Aufnahme entdecken sie tatsächlich einen großen Schaden an der Brustwirbelsäule, eine Läsion. Etwas hat sich dort abgekapselt.
Läsion an der Wirbelsäule
OP an der Wirbelsäule
Die Frau muss operiert werden. Bei dem Eingriff entfernen die Mediziner nicht nur die Läsion selbst, sondern auch den neunten Wirbel, an dem sie sitzt. Anschließend bauen sie die Wirbelsäule an dieser Stelle wieder auf.
Das entfernte Gewebe schicken sie zur Analyse in die Pathologie. Dort steht die Diagnose nach einigen Tests fest: Es handelt sich um eine sogenannte zystische Echinokokkose – Bandwurmlarven sind für die Beschwerden verantwortlich. Die Parasiten haben durch ihr Wachstum umliegendes Gewebe verdrängt, mit der Zeit hat sich eine Art Kapsel gebildet. Mittels einer Erbgut-Bestimmung können die Ärzte auch sagen, welcher Bandwurm es ist: der sogenannte Hundebandwurm, Echinococcus granulosus.
Echinococcus granulosus, der Hundebandwurm, wird nur vier bis sieben Millimeter groß
Zur Sicherheit erhält die Patientin ein Antiwurmmittel, falls sich noch weitere Larven in ihrem Körper befinden sollten. Die Therapie ist erfolgreich. Bei einem Kontrolltermin nach neun Monaten ist sie vollständig genesen.
Seltene Ausprägung einer seltenen Krankheit
In Industrienationen sind Hundebandwurminfektionen beim Menschen sehr selten. In Deutschland gib es pro Jahr etwa 60 bis 120 Fälle von zystischer Echinokokkose. Meist werden die Würmer, wie der Name nahelegt, von befallenen Hunden übertragen, die Bandwurmeier mit ihrem Kot ausscheiden. Selten können auch Katzen befallen sein, teilt das Robert Koch-Institut mit. Zudem können Rinder, Schafe und andere Wiederkäuer Zwischenwirte der parasitären Würmer sein. Bei welchem Tier sich die Patientin angesteckt hat, lässt sich im Nachhinein nicht klären.
Gelangen die Larven in den menschlichen Körper, siedeln sie sich in etwa 70 Prozent der Fälle in der Leber an, in weiteren 20 Prozent befallen sie die Lunge. Dass sie, wie bei der französischen Patientin, zur Wirbelsäule wandern, ist selten.
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