Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sieht gute Chancen, Konversionstherapien zur „Umpolung“ Homosexueller schnell zu verbieten. „Konversionstherapien machen krank und sind nicht gesund“, sagte Spahn in Berlin. Er strebe jetzt zügige Gespräche mit dem Bundesjustizministerium an.
Ziel sei, noch dieses Jahr ein Gesetzentwurf für ein Verbot auf den Weg zu bringen. Spahn hatte im Frühjahr eine 46-köpfige Expertenkommission zum Thema eingesetzt. Diese kommt gemeinsam mit zwei wissenschaftlichen Gutachten zum Schluss, dass ein Verbot aus medizinischer Sicht geboten und aus rechtlicher Sicht möglich sei.
„Die Kommission und die Gutachter haben gute Lösungsansätze aufgezeigt, wie wir ein Verbot dieser Therapien regeln können“, kommentierte Spahn den Zwischenstand. „Auf dieser Grundlage werden wir auf das Justizministerium zugehen, um zügig zu entscheiden, wie und was wir in Deutschland umsetzen.“
Negative Folgen bis hin zum Suizid
In einem der beiden Gutachten schreibt Sexualwissenschaftler Peer Briken vom UKE Hamburg, dass es weder soziologisch, noch psychologisch oder medizinisch Hinweise darauf gebe, dass Homosexualität eine Störung oder gar Krankheit sei. Aus diesem Grund gebe es auch kein Anlass, sie zu therapieren.
Zusätzlich existieren nicht einmal Belege dafür, dass sich die sexuelle Orientierung durch die vermeintlichen Therapien überhaupt dauerhaft verändern lässt. Deutlich besser belegt sind die möglichen negativen Folgen der „Therapien“, sie reichen von Depressionen über Suizidalität bis hin zu sexuellen Problemen.
Auch andere Wissenschaftler gehen davon aus, dass Konversionstherapien Leben zerstören können. „Statt den Patienten in seiner homosexuellen Identität zu stärken, zerstören sie sein Selbstbild“, sagte Lieselotte Mahler, Oberärztin an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité (mehr dazu lesen Sie hier bei SPIEGEL Plus).
Deutschland: Tausende Fälle pro Jahr
In Deutschland müsse von Tausenden Fällen pro Jahr ausgegangen werden, in denen versucht werde, homosexuelle Menschen durch fragwürdige Methoden umzuerziehen, erklärte Jörg Litwinschuh-Barthel von der Magnus-Hirschfeld-Stiftung, die die Kommission fachlich begleitet. Die Versuche reichten vom familiären Umfeld, Coaches und Therapeuten über Gebete bis hin zu Exorzismus.
Bei einer Betroffenen etwa wurde die Veränderung ihrer Homosexualität im Verlauf einer Psychotherapie nach einem Jahr plötzlich zum Therapieziel. Die „Therapeutin“ versuchte laut einer Mitteilung des Bundesgesundheitsministeriums unter anderem mit Lichttherapie und indoktrinierenden Gesprächen, die sexuelle Orientierung der Frau zu beeinflussen. Als sie zusätzlich noch eine Elektroschockbehandlung vorschlug, endete die „Therapie“.
Vor Kurzem hatten sich auch die Bundesländer für ein Verbot der Konversionstherapien ausgesprochen. Der Bundesrat hatte Mitte Mai in einer Entschließung die Bundesregierung aufgefordert, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu prüfen.
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