Persönliche Gesundheit

Zunächst harmlose Symptome: Warum Blutkrebs oft so spät erkannt wird

Leukämie zählt zu den gefährlichsten Krebsformen. Denn die Krankheit wird meist spät entdeckt. Wer öfter Nasenbluten hat, denkt schließlich nicht gleich an Krebs. Auch andere, vermeintlich harmlose Symptome sollte unbedingt ein Arzt abklären

  • Bei Blutkrebs (Leukämie) vermehren sich funktionsuntüchtige Blutzellen, vor allem Abwehrzellen explosionsartig.
  • Nur die Hälfte der Patienten leben noch fünf Jahre nach der Diagnose.
  • Radioaktive Strahlung und Benzol, etwa aus Zigarettenrauch und Abgasen, erhöhen das Risiko für Leukämie erheblich.

Leukämie, umgangssprachlich Blutkrebs, zählt zu den gefährlichsten Krebsformen. Im Vergleich zu anderen Krebsarten, etwa Brustkrebs oder Darmkrebs, ist Leukämie zwar mit rund 12.000 Neuerkrankungen pro Jahr, darunter etwa 600 Kinder, eher selten.

Doch weil der Blutkrebs meist erst spät entdeckt wird, ist die Prognose nicht gut. Nur die Hälfte der erkrankten Menschen lebt fünf Jahre nach der Diagnose „Leukämie“ noch. Dauerhafte Heilung ist selten. Anders als sonst bei Krebs, ist ein jüngeres Alter bei Leukämie übrigens mit einer besseren Prognose verbunden. So sind die Heilungschancen für Kinder mit Leukämie gut, bei Senioren eher schlecht.

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Anzeichen einer Leukämie

Doch warum wird Leukämie oft so spät erkannt? Die Anzeichen dieser Erkrankungen des blutbildenden Systems sind sehr unspezifisch. Wer etwa öfter mal Nasenbluten hat oder rasch Hämatome entwickelt, denkt nicht gleich an Krebs. Weitere Symptome, die auf Leukämie deuten können:

  • ständig müde
  • blasse Haut
  • kleine, punktförmige Blutungen unter der Haut
  • Appetitlosigkeit
  • Schwindelgefühle
  • Herzrasen
  • Atemnot
  • Gewichtsverlust ohne erkennbaren Grund
  • leichtes, anhaltendes Fieber, obwohl kein Infekt vorliegt
  • Knochenschmerzen
  • Schweißausbrüche, vor allem nachts
  • häufige Infekte, also Abwehrschwäche
  • geschwollene Lymphknoten, etwa unter den Achseln und den Leisten

Eines oder mehrere dieser Anzeichen bedeuten noch nicht, dass Leukämie vorliegt. Doch die Symptome sollte unbedingt ein Arzt abklären.

Leukämie – Diagnose mit Bluttest und Knochenmarkuntersuchung

Zur Diagnose von Leukämie stehen dem Arzt verschiedene Methoden zur Verfügung:

  • Bluttest
  • Knochenmarkpunktion (betrifft den hinteren Beckenkamm, für die Entnahme ist nur örtliche Betäubung nötig)
  • Biopsie verdächtiger Lymphknoten
  • Befallene Lymphknoten untersuchen mit bildgebenden Verfahren wie Computertomografie oder auch Ultraschall
  • Vor allem der Bluttest liefert die ersten, wichtigen Hinweise auf eine mögliche Leukämie.

Was ist Leukämie?

Leukämie ist der Oberbegriff für bösartige Erkrankungen, die mit einer Störung der Blutbildung einhergehen. Daher auch Blutkrebs genannt. Ursache der meisten Leukämieformen ist eine Mutation in unreifen Vorstufen der Blutkörperchen im Knochenmark.

Um den Mechanismus besser zu verstehen: Alle Blutzellen entstehen aus einem gemeinsamen, blutbildendem Typ von Stammzellen im Knochenmark. Danach teilen sie sich in zwei Gruppen

  • myeloische Zellen
  • lymphatische Zellen

Dann durchlaufen die jungen Blutzellen weitere Entwicklungsstufen, verlassen dabei das Knochenmark und reifen in Lymphkonten und Milz heran. Sie werden zu

  • roten Blutkörperchen (Erythrozyten)
  • weißen Blutkörperchen (Leukozyten, dazu gehört auch die Gruppe der Granulozyten und der Lymphozyten)
  • Blutplättchen (Thrombozyten).

In jeder Phase ihrer Reifung können sie entarten.

Funktionsuntüchtige Blutzellen vermehren sich unkontrolliert

Mutierte Blutzellen reifen nicht mehr normal heran. Sie können ihre differenzierten Funktionen, etwa Krankheitskeime abtöten, nicht mehr erfüllen, teilen sich jedoch unkontrolliert und tragen die gleichen Merkmale wie die entartete Ausgangszelle. Diese Klone heißen leukämische Blasten.

Sie stauen sich im Knochenmark. Das behindert wiederum die Bildung von gesunden Blutzellen.

Dieses Ungleichgewicht drückt sich im gesamten Körper aus und kann zu den genannten Symptomen führen. Blutarmut, Immunschwäche, Blutungsneigung und Organschäden sind die Folgen der Leukämie.

Leukämie – die vier wichtigsten Formen

Je nach dem Zelltyp, der entartet ist, und dem Verlauf der Erkrankung, lassen sich Leukämien in verschiedene Formen einteilen. Dabei ist für die akuten Formen ein plötzliches, starkes Krankheitsgefühl typisch, etwa wie bei einer Grippe. Chronische Leukämien entwickeln sich dagegen unauffällig nach und nach. Die Beschwerden sind unspezifisch. Die verschiedenen Formen von Leukämie:

  • akute myeloische Leukämie (AML)
  • chronisch myeloische Leukämie (CML)
  • akute lymphatische Leukämie (ALL)
  • chronisch lymphatische Leukämie (CLL)

Akute myeloische Leukämie (AML) – die Folgen radioaktiver Strahlung

Bei dieser Leukämieform haben sich die myeloischen Zellen verändert und unkontrolliert vermehrt. Das betrifft einen Teil der weißen Blutkörperchen, der roten und der Blutplättchen. Ursache sind Belastungen durch chemische Stoffe wie Benzol und ionisierende Strahlen, etwa durch radioaktive Stoffe.

Chronisch myeloische Leukämie (CML) – das Philadelphia-Cromosom

Dabei werden im Knochenmark zu viele Granulozyten gebildet. Die meisten Patienten mit CML weisen eine bestimmte genetische Veränderung auf, das sogenannte Philadelphia-Chromosom. Diese Mutation entsteht im Laufe des Lebens und ist nicht erblich.

Akute lymphatische Leukämie (ALL) – die häufigste Krebsart bei Kindern

Hier sind die Ursache entartete Vorstufen der Lymphozyten. ALL betrifft vor allem Kinder und junge Erwachsene. Sie ist sogar die häufigste Krebsart bei Kindern. Meist tritt akute lymphatische Leukämie im Alter von drei bis sieben Jahren auf.

Chronisch lymphatische Leukämie (CLL) – häufigster Blutkrebs

Auch bei CLL vermehren sich funktionsuntüchtige Lymphozyten unkontrolliert. Je nachdem, welche Untergruppe der Lymphozyten das betrifft, wird eingeteilt in

  • chronisch lymphatische Leukämie vom B-Zell-Typ (B-CLL),
  • chronisch lymphatische Leukämie vom T-Zell-Typ (T-CLL) oder
  • großer granulärer Lymphozyten-Leukämie (LGL).

Der Krebs betrifft das lymphatische System, also Lymphknoten, Milz und/oder Leber. Meist handelt es sich um B-CLL, ein Non-Hodgkin-Lymphom, der häufigsten Leukämieform. Betroffen sind vor allem Männer. Leitsymptom sind geschwollene Lymphknoten.

Akute Leukämie und chronische Leukämie – Behandlung ist unterschiedlich

Je nach Form der Leukämie wird ein spezieller Behandlungsplan aufgestellt. Meist geschieht das von Experten in einem der vielen hämatologisch-onkologischen Zentren an Kliniken.

Vor allem die Behandlung akuter Leukämien muss möglichst rasch einsetzen. Denn die funktionstüchtigen Immunzellen nehmen rapide ab, auch die Anzahl der roten Blutkörperchen und Blutplättchen schwindet rasch.

Basis der Therapie akuter Leukämien sind:

  • Chemotherapie und
  • Strahlentherapie

Die Chemotherapie erfolgt stationär und teilweise ambulant. Vor allem zu Beginn der Behandlung werden Zytostatika in hoher Dosis als Injektion oder Tabletten gegeben (Induktionstherapie). Um Wirkung und Nebenwirkung im optimalen Verhältnis zu ermöglichen, wird in Intervallen behandelt, später in größeren zeitlichen Abständen (Konsolidationstherapie und Erhaltungstherapie).

Mit der Strahlentherapie können Leukämiezellen gezielt vernichtet werden, etwa in bösartig veränderten Lymphknoten.

Erst wenn diese Behandlungen nicht anschlagen, wird eine Knochenmark- oder Blutstammzelltransplantation in Betracht gezogen. Die Behandlung ist aufwändig, aber oft erfolgreich. Vor allem bei der AML und dem Non-Hodgkin-Lymphom ist es sehr effektiv.

Was bei der Knochenmarktransplantation geschieht:

Voraussetzung ist der passende Spender. Nur bei einem Drittel der Leukämiepatienten sind Geschwister geeignet. Deshalb und auch, weil viele Menschen Einzelkinder sind, ist es schwierig, passende Spender zu finden. Hier engagiert sich etwa die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS).

Bevor die Blutzellen transplantiert werden, sollte das gesamte Knochenmark des Patienten meistens möglichst zerstört werden, damit keine kranken Zellen überleben. Dies geschieht mit einer hochdosierten Chemotherapie oder Bestrahlung. Danach erhält der Kranke über eine Bluttransfusion die gesunden Blutstammzellen. Meist dauert es nur drei Wochen, bis sich die Blutwerte danach wieder normalisiert haben.

Therapie chronischer Leukämien

Gegen CML und CLL werden ebenfalls Zytostatika eingesetzt, allerdings in nicht so hoher Dosierung wie gegen akute Leukämien. Auch die Wirkstoffe sind weniger aggressiv. Die Behandlungen werden regelmäßig immer wieder durchgeführt.

Tyrosinkinasehemmer gegen Chronisch myeloische Leukämie

Zur Therapie von CML gehören Tyrosinkinasehemmer. Die Medikamente blockieren gezielt ein Enzym, das ausschließlich von Leukämiezellen gebildet wird. Dadurch kann sich die entartete Zelle nicht mehr unkontrolliert teilen. Tyrosinkinasehemmer sind etwa

  • Imatinib
  • Nilotinib
  • Dasatinib

Tyrosinkinasehemmer gehören zu einer neuen Klasse der Krebstherapien, den so genannten Targeted Therapies.

Oft müssen Patienten diese Medikamente lebenslang einnehmen. Heilung ist also kaum möglich. Diese Chance besteht bei der chronisch myeloischen Leukämie oft nur mit einer Stammzelltransplantation.

Anders ist das bei der chronischen lymphatischen Leukämie. Oft fühlen sich die Patienten wohl und haben keine Beschwerden. Dann müssen nur regelmäßig die Blutwerte überprüft werden, damit im Falle, dass sie sich verschlechtern, eine Therapie begonnen wird. Die Optionen sind dann:

  • Chemotherapie
  • Behandlung mit Alemtuzumab, einem monoklonalem Antikörper, der entartete Lymphozyten absterben lässt

Vielversprechend vor allem bei chronisch myeloischer Leukämie wie dem Non-Hodgkin-Lymphom ist eine neue Wirkstoffgruppe, BCL-2-Inhibitoren. Diese Substanzen regen gezielt die Apoptose der Krebszellen bei CLL an. Der erste Wirkstoff aus dieser Gruppe, Venetoclax, ist jetzt in den USA zugelassen, in Deutschland wurde die Zulassung erst beantragt.

In Studien bewies das Medikament, dass es die Anzahl der kranken Blutzellen massiv reduzieren kann. Venetoclax wird einfach oral eingenommen und wirkt rasch. Ein weiterer neuer Ansatz ist die Immuntherapie, wobei gentechnisch veränderte T-Zellen Leukämiezellen gezielt angreifen und vernichten.

Leukämie-Risiko senken, Rauchen aufhören

Gegen Blutkrebs lässt sich bis zu einem gewissen Grad vorbeugen. Folgende Risikofaktoren können Sie vermeiden:

  • Ihre Strahlenbelastung sollte so gering wie möglich sein. Vermeiden Sie also zu häufiges Röntgen, führen Sie einen Röntgenpass.
  • Rauchen Sie nicht. Der Chemiecocktail im Tabakrauch enthält mindestens 250 giftige oder krebserregende Stoffe, darunter auch Benzol. Von dieser Chemikalie ist gesichert, dass sie das Leukämie-Risiko erhöht.
  • Meiden Sie Benzol und seine Derivate. Benzol ist in Motorbenzin enthalten und gelangt in die Abgase. Auch Kunst- und Farbstoffe können Benzol ausdünsten. Immer wieder gibt es Meldungen über Benzol in Lebensmitteln und Getränken.

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