Die erste Corona-Akutphase scheint in Deutschland überstanden. Trotzdem stecken sich weltweit jeden Tag noch Tausende mit dem Virus an – während andere Sars-CoV-2 bagatellisieren oder gleich ganz leugnen. Für schwererkrankte Patienten ist das nur schwer zu ertragen. Vier Corona-Kranke berichten.
Während manche das Gefühl haben, das Corona-Kapitel sei weitgehend abgehakt, steigt die Zahl der täglichen Neuinfektionen weiter an. Fast 212.000 Menschen haben nach Angaben der Johns-Hopkins-Universität weltweit allein am Mittwoch einen positiven Corona-Befund erhalten. Im Mai lag die Zahl der Neuinfizierten pro Tag noch bei etwa 80.000.
Gleichzeitig mehren sich die Stimmen, die ein Ende der noch bestehenden Pandemie-Beschränkungen fordern. Unter dem Hashtag #FakePandemic spielen sie die Folgen einer Infektion herunter. Sprechen von einer „harmlosen Grippe“ – offenbar unbeirrt von den zahlreichen Mahnungen von Medizinern aus aller Welt, die den Vergleich für falsch und irreführend halten. Denn wer schwer an Covid-19 erkrankt, leidet mitnichten an einer einfachen Grippe, die möglicherweise unangenehm, aber in der Regel innerhalb einiger Tage ausgestanden ist. Viele Patienten müssen im Krankenhaus künstlich beatmet werden, Mediziner diskutieren mögliche Langzeitschäden nicht nur der Lunge, sondern auch des Gehirns und anderer Organe.
„Hohn für alle Patienten mit einem schweren Verlauf“
Die bagatellisierenden Corona-Kampagnen in der virtuellen wie der realen Welt sind für viele Corona-Patienten mit schwerwiegendem Krankheitsverlauf deshalb nur schlecht auszuhalten. „Wenn ich die Corona-Skeptiker sprechen höre und demonstrieren sehe, ist das ein Hohn für alle Patienten mit einem schweren Verlauf. Und für die Hinterbliebenen, deren Angehörige es nicht geschafft haben“, schildert ein ehemaliger Covid-19-Patient dem Schweizer Portal „20minuten.ch“. Im März lag er wegen der Sars-CoV-2-Infektion zwei Wochen im Koma. Elf Kilogramm Körpergewicht hat er dabei verloren.
Unter den Folgen der Infektion leide er auch vier Monate später noch; sein Geschmackssinn ist weg, ständige Müdigkeit plagt ihn. „Ich kann eine Peperoncini essen – und merke nichts“, berichtet der 69-Jährige. Dass Menschen die Krankheit nach wie vor als nicht gefährlich deklarieren, kann er nicht nachvollziehen. Wer die heimtückische Krankheit durchgemacht habe, würde nie so sprechen, ist er sich sicher.
Auch wenn er Fotos von Partys sehe, auf dem Gruppen ihre Köpfe zusammensteckten, sei das aus der Sicht eines Erkrankten unverständlich, heißt es in dem Bericht weiter. Die Politik sei dabei das eine, betont der Ex-Patient. „Aber wir haben es mit unserem Verhalten selbst in der Hand, die unkontrollierte Verbreitung des Virus zu verhindern.“
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„Das Virus ist kein Spaß, es ist keine Lüge“
Der 69-Jährige ist nicht der Einzige, der bei „20minuten.ch“ klare Worte für die Corona-Bagatellisierer und auch Menschen findet, die hinter den staatlich angeordneten Beschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens eine Verschwörung vermuten. „Das Virus ist kein Spaß, es ist keine Lüge, sondern existiert wirklich“, zitiert das Portal eine 25-Jährige. Sie sei vor ihrer Infektion gesund und topfit gewesen.
Sie verstehe, dass einige sagten, Covid-19 sei nicht schlimmer als eine Grippe, weil die Krankheit nicht bei allen einen schweren Verlauf nehme. „Aber die Leute, die es sagen, haben das Virus nur mit schwachen Symptomen erlebt. Darum glaubt man Leuten wie mir nicht, die es hart traf.“ An die Verschwörer gerichtet, fährt sie fort: „Das Virus ist kein Spaß, es ist keine Lüge, sondern existiert wirklich. Es gibt Leute, die daran sterben, die leiden, die ihren Job verlieren.“
Lapidarer Umgang mit Virus ist respektlos und unangebracht
Ähnlich bewerten weitere Corona-Patienten, die in dem Beitrag zu Wort kommen, die Situation. „Die Verleugnung der Corona-Pandemie grenzt an geistige Demenz“, findet ein 76-Jähriger. Es gebe keine Worte, die stark genug wären, um die Äußerungen von einigen Frustrierten zu geißeln. „Wenn ich den Unsinn höre, der in (zu) vielen Blogs und sozialen Medien verbreitet wird, frage ich mich, ob sie die Krankheit erst selbst erleben müssen.“ Die schrecklichen Bilder aus Bergamo, als die Leichen in großer Zahl abtransportiert wurden, hätten sich in sein Gedächtnis gebrannt. „Wer sagt, das alles sei halb so schlimm gewesen, verhöhnt die Toten“, konstatiert der 76-Jährige.
Doch nicht nur den Toten und ihren Angehörigen gegenüber scheint die Ignoranz und der lapidare Umgang mit dem Virus fehl am Platz. „Wer Corona verharmlost, ist respektlos gegenüber den Ärzten und dem Pflegepersonal, die am Ende die Arbeit haben“, meint ein weiterer Corona-Betroffener. „Die Leute, die Corona leugnen, haben es nicht am eigenen Leib erfahren. Wenn man deswegen in der Klinik liegt, gibt es nur noch zwei Optionen: Entweder es wird besser, oder man stirbt langsam. Schlimm daran ist, dass es keine Medikamente gibt, die zuverlässig wirken.“
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