Manche Patienten entwickeln nach überstandener Covid-19-Erkrankung Antikörper, die es dem Virus bei künftigen Angriffen sogar leichter machen, in ihren Körper zu gelangen. Diese überraschende Erkenntnis machten jüngst Forscher aus Wien.
Wissenschaftler vom Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung der medizinischen Universität Wien fanden heraus, dass nur rund 60 Prozent der an Covid-19 erkrankten und genesenen Probanden ihrer Studie schützende Antikörper entwickeln. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachjournal „Allergy“.
Für ihre Analyse untersuchten sie die Daten von 25 Probanden. Nur von sechs der Probanden hemmten die Antikörper die Bindung des Virus an den ACE2-Rezeptor um mehr als 50 Prozent, die von neun Probanden hemmten sie um immerhin bis zu 50 Prozent.
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Manche Antikörper zeigten keine (positive) Wirkung mehr
Die Bindung gar nicht hemmen, konnten die Antikörper von fünf Probanden. Bei weiteren fünf Probanden stellten die Forscher zudem fest, dass das Virus besser als vorher an den ACE2-Rezeptor der Zelle andocken konnte. Die erneute Infektion der Zelle wurde also durch ihre körpereigenen Antikörper für das Virus vereinfacht – sie agierten sozusagen als „Doppel-Agenten“, einmal für und einmal gegen den eigenen Körper.
Konkret entdeckte das Forscherteam, dass nur 60 Prozent der genesenen Covid-19-Patienten Antikörper entwickelten, die die Wechselwirkung der Sars-CoV-2-Rezeptorbindungsdomäne (RBD) mit ACE2 hemmen. Der ACE2-Rezeptor (Angiotensin-konvertierendes Enzym-2) für Sars-CoV-2 kommt insbesondere in den Atemwegen und anderen vom Virus betroffenen Organen vor.
Bestimmte Immunkomplexe könnten es dem Virus im Körper leicht machen
Die Wissenschaftler stellten weiterhin fest, dass bestimmte Immunkomplexe, die aus RBD und Antikörpern der Patienten bestehen, eine erhöhte Bindungsrate an ACE2 besitzen. Das wäre ein bisher noch nicht bekannter Mechanismus, der es dem Virus ermöglicht, leichter an Körperzellen anzudocken.
„Dies ist die erste Studie, die eine erhöhte Bindung an ACE2 durch Immunkomplexe zeigt, die aus RBD und Patientenantikörpern bestehen“, erklärt Studienleiter Rudolf Valenta. „Das macht es dem Virus potenziell noch leichter, sich festzusetzen und auszubreiten.“ Weitere Forschung soll nun herausfinden, was genau das für die Immunität und die Impfstoffentwicklung bedeutet.
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Antikörper sind nicht allein für funktionierende Immunantwort verantwortlich
Dass manche Covid-19-Genesene nur über kurze Zeit über Antikörper gegen Sars-CoV-2 verfügen, ist bereits in mehreren Studien gezeigt worden. „Inwieweit dies Auswirkungen für die Langzeitimmunität und die Impfstrategien hat, ist derzeit noch spekulativ, muss aber im weiteren Verlauf kritisch beobachtet werden“, sagte etwa Clemens Wendtner, Chefarzt der Klinik für Infektiologie an der München Klinik Schwabing, nachdem eine deutsche Studie zu ähnlichen Ergebnissen gekommen war.
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Darin wurden die ersten deutschen Corona-Patienten untersucht. Bei vier von neun untersuchten Patienten zeigte sich wenige Monate nach der Genesung eine sinkende Anzahl neutralisierender Antikörper. Wendtner gab zu, dass diese Ergebnisse darauf hindeuten könnten, dass nach durchgemachter Krankheit eine Neuansteckung möglich sei.
Das müsse aber weiter beobachtet werden. Für die Langzeitimmunität sei neben der sogenannten B-Zell-assoziierten, über Antikörper gemessenen Immunität auch die sogenannte T-Zell-Immunität relevant. Wenn Patienten neutralisierende Antikörper verlören, könne diese Immunität eventuell einen alternativen Schutz geben. T-Lymphozyten können virusinfizierte Zellen gezielt abtöten, wenn sie zuvor ihren Gegner einmal kennen gelernt haben.
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