Gesundheit

Deutschland schläft noch: Fangt an, die Spielregeln der Pandemie zu verstehen

Die Zahl der Corona-Infizierten steigt rapide, Grenzen schließen, Bayern ruft den Katastrophenfall aus – Deutschland befindet sich im Ausnahmezustand. Die wichtigste Frage: Wie kann man sich und andere schützen und das Virus aufhalten. Dazu gibt es einfache Regeln, auf Abstand gehen gehört dazu.

Volle Plätze, gut besuchte Biergärten – trotz der verschärften Maßnahmen gegen das Coronavirus haben sich am vergangenen Wochenende viele Menschen an öffentlichen Plätzen getummelt. Zum Beispiel in München. Bilder auf Twitter zeigen am gestrigen Sonntag einen übervollen Viktualienmarkt.  

 

Ein anderes Foto zeigt einen gut besuchten Biergarten am Chinesischen Turm im Englischen Garten.

Auch am Starnberger See sind bei dem herrlichen Wetter am gestrigen Sonntag einige Menschen zusammengekommen.

Spaziergänge an der frischen Luft sind gut. Trotzdem sollte man größere Menschenansammlungen momentan besser meiden. Die Menschen in Deutschland lässt das derzeit oft noch unberührt. Doch genau jetzt ist es Zeit, die Spielregeln einer Pandemie ernst zu nehmen und sie zu befolgen. Die Zahlen der Nachbarländer und die exponentielle Ausbreitung des Virus geben mehr als einen Anlass. Und dabei geht es nicht nur um den eigenen Schutz, sondern um die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft.

Jeder ist jetzt gefragt!

Denn: Tatsächlich ist das statistische Risiko für einen gesunden Menschen am Coronavirus zu sterben ähnlich hoch wie bei einem Fallschirmsprung pro Tag, sagt Virologe Alexander Kekulé. Trotzdem sollte jetzt alle in Deutschland aufpassen und Kontakte soweit wie möglich meiden, um ältere und schwache Mitmenschen zu schützen.

Häufiges Händewaschen für mindestens 20 Sekunden, Abstand von zwei Metern halten und Kontakte vermeiden – das sind die generellen Tipps, die jeder von uns vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-Situation in Deutschland beachten sollte. Virologe Alexander Kekulé hat nun weitere sechs ganz konkrete Maßnahmen genannt, mit denen sich eine Ansteckung dem Mediziner vom Universitätsklinikum Halle zufolge mit hoher Wahrscheinlichkeit vermeiden lasse.  
 

1. Anderen Gesichtern nicht zu nahe kommen

"Das Coronavirus hat es auf die Schleimhäute von Augen, Mund und Nase abgesehen. Nur durch diese kann es in den Körper eindringen", berichtet Alexander Kekulé auf seinem Blog. Denn die Haut selbst lässt das Virus nicht eindringen. 

Da das Virus über Tröpfcheninfektion verbreitet wird, kann es, wenn das Gegenüber niest, hustet oder spricht, in das eigene Gesicht gelangen – allerdings nur, wenn man nicht zwei Meter voneinander entfernt steht. Weiter fliegen die Sekrete laut Kekulé nicht.

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"Wer einem Huster oder Nieser nicht rechtzeitig ausweichen konnte, sollte die Maske sofort wechseln und das Gesicht desinfizieren oder mit Seife waschen. Ein Stofftuch ist nach Waschen bei 60 Grad wieder einsatzbereit", sagt der Virologe. Virushaltiges Sekret auf Haut, Haaren oder Kleidung sei hingegen ungefährlich, wenn es nicht mit den Schleimhäuten in Berührung kommt.

2. Nicht mit ungewaschenen Händen ins Gesicht fassen oder essen

Je nach Oberfläche kann das Coronavirus unterschiedlich lang überleben – auch auf Kleidung, Haut und Haaren. "Wer etwa im Bus einen Griff anfasst, auf dem sich frisches Sekret eines Kranken befindet, und danach die Augen reibt oder sein Essen mit den Händen berührt, kann sich per 'Schmierinfektion' selbst infizieren", sagt Kekulé. Außerhalb des eigenen Wohnraums sollten Sie daher Mund, Nase und Augen nicht berühren.

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Das Problem: "Menschen fassen sich etwa zehn- bis zwanzigmal pro Stunde unbewusst ins Gesicht", sagt Kekulé. Das zu unterbinden, sei daher nicht leicht, aber sinnvoll.

3. Umarmungen vermeiden

Ob Wangenküsschen oder Umarmungen – solche Zärtlichkeiten sind in Zeiten von Corona in den allermeisten Fällen tabu. Lediglich bei Partnern und den eigenen Kindern macht der Virologe da eine Ausnahme "weil sich in einem Haushalt lebende Familienmitglieder sowieso früher oder später gegenseitig anstecken." Für den Besuch bei Oma und Opa gilt aber trotzdem, Umarmungen und Küsse unbedingt zu vermeiden. Denn ältere Menschen gehören zur Risikogruppe bei der eine Infektion mit Sars-CoV-2 deutlich schwerer verlaufen kann.

4. Öffentliche Innenbereiche als kontaminiert betrachten

Wer öffentliche Räume betritt, dem rät Kekulé zur Vorsicht. Denn ob öffentliches Verkehrsmittel, Restaurant oder Büro – auf Oberflächen können Coronaviren mehrere Stunden überleben. "Wer von dort in seine eigenen vier Wände zurückkehrt, sollte äußere Kleidung und Hände als virusbelastet (kontaminiert) ansehen, also gleich den Mantel in die Garderobe hängen und die Hände waschen", empfiehlt der Mediziner. 

"Wenn auch die Haare kontaminiert sein könnten (etwa durch die Kopfstütze in der Bahn) sollten sie spätestens vor dem Zubettgehen gewaschen werden." Wer sich im Freien aufhält müsse hingegen nicht so stark aufpassen, denn dort sei die Virusbelastung aufgrund von Umwelteinflüssen geringer.

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    5. Kontakt vermeiden, wenn Symptome bestehen

    Wer hustet oder Fieber hat, sollte laut Kekulé momentan weder öffentliche Verkehrsmittel nutzen noch zur Arbeit oder in die Kita gehen. "Insbesondere Kindertagesstätten müssen diese Regel streng beachten, weil Kinder – nach derzeitigem Kenntnisstand – öfter nur leicht erkranken, aber das Virus ausscheiden können. Wer mit Fieber oder Husten einkaufen oder öffentliche Verkehrsmittel benutzen muss, sollte sich vorher die Hände waschen und eine OP-Maske oder ein Stofftuch über Mund und Nase tragen." Beides wirke allerdings nur, wenn es trocken ist, weil sonst beim Ausatmen virushaltige Tröpfchen entstünden.

    6. Gelassen bleiben

    Um eine Ansteckung mit dem Coronavirus zu verhindern, ist Alexander Kekulé zufolge die Einhaltung der fünf vorherigen Regeln essentiell. "Mehr Aufwand bringt kaum zusätzlichen Schutz und macht das Leben unnötig kompliziert – schließlich haben wir es nicht mit Ebola und Co. zu tun", erklärt der Experte. Weder Mundschutze noch größere Desinfektionsmittelvorräte seien notwendig – außer für verschiedene Risikogruppen.

    Außerdem rät der Virologe: "Wer dieser Tage krank wird sollte daran denken, dass gewöhnliche Erkältungen und Grippe nach wie vor viel häufiger sind als Covid-19. Und wer sich trotz allem infiziert, hat in der Regel eine über 99-prozentige Überlebenschance."

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