In ganz Alabama sind die Intensivstationen voll. Mittlerweile müssen wieder die ersten Patienten auf freie Betten warten, wie aus Daten des Gesundheitsministeriums hervorgeht. "Das bedeutet, dass sie im Wartezimmer liegen, einige liegen hinten in den Krankenwagen", schildert Jeannie Gaines, eine Sprecherin der Alabama Hospital Association, die Situation der "New York Times".
Der US-Bundesstaat ist damit kein Einzelfall. Seit einigen Wochen erleben die Vereinigten Staaten wegen der Delta-Variante einen dramatischen Anstieg der Infektionszahlen, der sich nun auch in den Krankenhauseinweisungen niederschlägt. Die Zahl der Corona-Patienten liegt mittlerweile auf einem Niveau, das fast viermal so hoch ist wie noch vor einem Jahr. Und auch die schweren Verläufe nehmen zu. Inzwischen meldet jedes vierte Krankenhaus in den USA eine mehr als 95 prozentige Auslastung der Intensivstation – vor einem Monat war es noch jedes fünfte. Wie schnell die Lage ernst wird, zeigt sich derzeit vor allem in den südlichen Bundesstaaten.
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Kritische Lage in den Südstaaten
Neben Alabama hat auch Texas mit immer volleren Intensivstationen zu kämpfen. Die Hospitalisierungsrate stieg im letzten Monat sprunghaft um 40 Prozent an, sodass mittlerweile die Intensivstationen in 169 Krankenhäusern fast vollständig belegt sind. Im gesamten Bundesstaat gibt es nach aktuellen Daten nur noch rund 700 Intensivbetten. Um den Patientenansturm zu bewältigen, hatten Krankenhäuser in Houston bereits im August angefangen sogenannte Überlaufzelte aufzustellen.
Auch im Sunshine State Florida ist die Lage kritisch. Vergangene Woche meldeten dort 24 Krankenhäuser mehr bedürftige Patienten als verfügbare Betten zu haben. Und nun werden mancherorts auch noch die Materialien knapp, warnt Dr. Nek Nazary, Notarzt in Hudson, in einem Interview mit ABC News. "Wir haben Angst, dass wir im Krankenhaus bald keinen Sauerstoff mehr haben. Wir haben so gut wie keine Tests und wir haben jetzt schon keinen Platz mehr."
Was Südstaaten wie Alabama, Florida und Texas eint, ist neben ihren vollen Intensivstationen auch die vergleichsweise niedrige Impfquote. In Kombination mit der Ausbreitung der hoch ansteckenden Delta-Variante führt dies zu einem Anstieg der Patientenzahlen, sagen Experten. Laut einer aktuellen Studie der US-Gesundheitsbehörde CDC werden ungeimpfte Amerikanerinnen und Amerikaner zehnmal häufiger mit Covid ins Krankenhaus eingeliefert als geimpfte. "Unsere größte Sorge sind unsere niedrigen Impfraten", zitiert die "New York Times" Alabamas Gesundheitsbeauftragter Dr. Scott Harris. "Das ist der Grund, warum wir uns in der Situation befinden, in der wir uns befinden. Praktisch alle unsere Todesfälle sind Menschen, die nicht geimpft sind."
Hinzukommt, dass in vielen von Republikanern regierten Südstaaten deutlich laschere Schutzmaßnahmen gelten. Nachdem die USA im Juli ihre vermeintliche "Unabhängigkeit von dem Virus" feierten, hatten viele sogenannte Red States Restriktionen, wie die Maskenpflicht, gänzlich fallengelassen.
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Seit dem Sommer ist die Impfkampagne in den Vereinigten Staaten wegen der vielen Impfgegner und -skeptiker ins Stocken geraten. Vor allem unter konservativen Anhängern der Republikaner gibt es großen Widerstand gegen Impfungen und gegen das Maskentragen. Trotz der misslichen Lage in seinem Staat, machte Floridas republikanischer Gouverneur Ron DeSantis erst diese Woche Schlagzeilen, indem er Gemeinden, die ihren Angestellten eine Corona-Impfung vorschreiben, eine Geldstrafe von 5000 Dollar pro Fall androhte.
Angesichts der steigenden Infektionszahlen hat US-Präsident Joe Biden vergangene Woche die Impfvorgaben für Staatsbedienstete und Unternehmen verschärft und Impfverweigerer scharf kritisiert. Mittlerweile haben knapp 63 Prozent der Gesamtbevölkerung mindestens eine Impfdosis erhalten, 53 Prozent sind vollständig geimpft. Damit belegen die Vereinigten Staaten im Vergleich mit den G7-Staaten – Großbritannien, Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien und Japan – den letzten Platz.
Mit der rasanten Zunahme an Covid-Patienten müssen viele Krankenhäuser in den USA improvisieren, indem sie mehr Patienten als üblich durch Personal versorgen oder auf anderen Stationen vorübergehend Intensivbetten einrichten. Doch Experten warnen eindringlich davor, dass überlastete Intensivstationen den Versorgungsstandard gefährden. Für Nicht-Covid-Patienten, die mit kritischen Erkrankungen, wie Herzinfarkt oder Schlaganfall eingeliefert werden, könnte die aktuelle Auslastung demnach schwere gesundheitliche Folgen haben.
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