Gesundheit

BGH: PKV muss unter Umständen auch älteren Frauen künstliche Befruchtung zahlen

Private Krankenversicherer können verpflichtet sein, auch älteren Frauen die Kosten einer künstlichen Befruchtung zu erstatten. Das stellt der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am gestrigen Donnerstag veröffentlichten Urteil klar. Ein statistisch gesehen höheres Risiko, eine Fehlgeburt zu erleiden, ist demnach allein noch kein Grund, die Übernahme der Kosten abzulehnen.

Weil seine private Krankenkasse sich geweigert hatte, die Kosten für eine künstliche Befruchtung zu übernehmen, war ein Mann aus Bremen vor Gericht gezogen. Konkret ging es um die Behandlung seiner 44-Jährigen Frau, deren Mann aufgrund einer Kryptozoospermie auf natürlichem Wege keine Kinder zeugen konnte. Seine private Krankenversicherung hatte die Kosten von rund 17.500 Euro nicht übernehmen wollen, weil die Voraussetzungen einer „medizinisch notwendigen  Heilbehandlung“  nicht vorgelegen hätten und das vor allem mit dem Alter der Frau begründet. Fehlgeburten kämen in dieser Altersgruppe häufiger vor. In erster Instanz war seiner Klage stattgegeben worden (LG Bremen, Entscheidung vom 19.01.2017 -6 O 1184/12). Die Berufung des Beklagten war im Wesentlichen zurückgewiesen worden (OLG Bremen, Entscheidung vom 26.11.2018 -3 U 7/17), aber das OLG hatte die Revision zugelassen und so landete der Fall schließlich vor dem BGH.

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Arzneimittel im Rahmen einer künstlichen Befruchtung

Die Karlsruher Richter stuften die vier Anläufe einer künstlichen Befruchtung wegen der Probleme des Mannes als medizinisch notwendige Heilbehandlung ein, die ihm laut seines Versicherungsvertrages zusteht. Entscheidend dafür sei einzig und allein, dass die Behandlung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu einer Schwangerschaft führen könne. Wie diese weiter verlaufe, habe keine Rolle zu spielen (Az. IV ZR 323/18). Das Selbstbestimmungsrecht des Paares umfasse „grundsätzlich auch die Entscheidung, sich den Kinderwunsch in fortgeschrittenem Alter unter Inkaufnahme altersspezifischer Risiken zu erfüllen“, heißt es in dem Urteil. Anders könne die Entscheidung höchstens dann ausfallen, wenn es wegen der Gesundheit der Eltern nur wenig wahrscheinlich sei, dass das Kind lebend zur Welt komme. Bei dem Ehepaar sah der BGH in diesem Fall dafür keine Anhaltspunkte. Die Versicherung muss die Kosten deshalb weitgehend übernehmen.

Künstliche Befruchtung in der PKV

Im Gegensatz zur GKV zahlen private Krankenversicherer meist 100 Prozent der Kosten für die künstliche Befruchtung, sofern es keine Einschränkungen in den individuellen Versicherungsbedingungen des jeweiligen Tarifs gibt. Die PKV sieht nämlich die künstliche Befruchtung „als medizinisch notwendige Heilbehandlung“. Und für die steht sie grundsätzlich in der Leistungspflicht. Anders als in der GKV gilt in der PKV das Verursacherprinzip. Das jeweilige PKV-Unternehmen erstattet die Kosten aller Behandlungsmaßnahmen eines unfruchtbaren Versicherungsnehmers, sofern dieser nachweisen kann, dass er – oder sie – aufgrund einer organisch bedingten Unfruchtbarkeit der „Verursacher“ der ungewollten Kinderlosigkeit ist. Die PKV übernimmt dabei das Gesamtpaket der Kosten (also auch Kosten, die beim anderen Partner entstehen, zum Beispiel bei männlicher Unfruchtbarkeit die Hormonstimulation der Frau). 

In der GKV hingegen gilt das „Körperprinzip“: Eine Krankenkasse übernimmt nur Kosten, die bei Behandlungen am Körper ihrer eigenen Versicherten anfallen – unabhängig davon, ob er oder sie „Verursacher“ der ungewollten Kinderlosigkeit ist. Auch gibt es in der PKV keine starren Altersgrenzen – in der GKV müssen sich beide Ehepartner innerhalb der Altersgrenzen von 25 bis 40 (bei Frauen) bzw. 50 Jahren (bei Männern) befinden. Maßgeblich für die Erstattung der PKV ist, dass die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft nachgewiesenermaßen bei mindestens 15 Prozent liegt. Und das kann so wie im vorliegenden Fall auch bei älteren Frauen der Fall sein.

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