COVID-19: Respiratorische Vorerkrankung und Übergewicht als Risikofaktor
Die Daten der bislang größten deutschen Kohorte mit insgesamt 50 Covid-19-Betroffenen aus dem Landkreis Heinsberg wurden ausgewertet. Alle Patientinnen und Patienten litten unter schweren Verläufen und wurden in der Uniklinik RWTH Aachen behandelt. Anhand dieser Fallgruppe erstellten die Ärztinnen und Ärzte der Uniklinik die Charakteristika von schweren COVID-19-Verläufen. Auffällig ist dabei, dass überdurchschnittlich viele Übergewichtige unter den Betroffenen sind.
Medizinerinnen und Mediziner um Professor Dr. med. Michael Dreher, Direktor der Klinik für Pneumologie und Internistische Intensivmedizin an der Uniklinik RWTH Aachen, analysierten eine Fallgruppe von 50 deutschen Covid-19-Patientinnen und -Patienten aus dem Landkreis Heinsberg, die mit schweren Verläufen in der Uniklinik RWTH Aachen behandelt wurden. Besonderes Augenmerk legten die Forschenden auf den Unterschied zwischen Verläufen mit oder ohne akutes Atemnotsyndrom (ARDS). Hier scheint Übergewicht ein wichtiger Faktor zu sein. Die Ergebnisse wurden kürzlich im „Deutschen Ärzteblatt“ vorgestellt.
Wer waren die Patientinnen und Patienten?
Die Uniklinik Aachen befindet sich in der Nähe des schwer betroffenen Landkreises Heinsberg. Aus diesem Grund wurden hier in der frühen Phase der Pandemie viele COVID-19-Erkrankte mit schweren Verläufen behandelt. Eine Gruppe von 50 Betroffenen wurde nun ausgewertet, um eine vergleichende Darstellung klinischer Charakteristika von schweren COVID-19-Verläufen zu erstellen.
In der Fallgruppe befanden sich 24 Infizierte, die intubiert (künstlich beatmet) werden mussten und 26 Betroffene, die noch selbst atmen konnten, aber zusätzlichen Sauerstoff benötigten. Alle Betroffenen in der Fallgruppe waren zwischen 58 und 76 Jahre alt. Das Durchschnittsalter betrug 65 Jahre.
Charakteristika der Krankheitsverläufe
Die COVID-19-Erkrankten wurden im Schnitt vier Tage nach Beginn der Symptome in die Uniklinik eingeliefert. Bei der Analyse der Krankheitsfälle versuchten die Ärztinnen und Ärzte herauszukristallisieren, welche Faktoren dazu führen, dass Betroffene ein akutes Atemnotsyndrom entwickeln und künstlich beatmet werden müssen. Dabei zeichneten sich zwei Charakteristika besonders deutlich ab.
Respiratorische Vorerkrankungen und Übergewicht
Zum einen entwickelten diejenigen vorwiegend ein ARDS, die bereits respiratorisch vorerkrankt waren. 58 Prozent der Erkrankten mit ARDS litten bereits im Vorfeld unter einer Erkrankung der Atemwege. In der Gruppe ohne ARDS wiesen nur 42 Prozent eine respiratorische Vorerkrankung auf.
Noch deutlicher scheint das Vorliegen von Übergewicht und Adipositas mit der Entwicklung eines akuten Atemnotsyndroms in Zusammenhang zu stehen. Denn 83 Prozent der Erkrankten mit ARDS waren übergewichtig oder adipös, wogegen nur 42 Prozent in der Gruppe ohne ARDS einen erhöhten Body Mass Index (BMI) aufwiesen.
Viruslast und Sterberaten in beiden Gruppen gleich
In den beiden Gruppen konnte kein Unterschied in der Viruslast nachgewiesen werden. Die Menge der vorhandenen Viren scheint also kein zuverlässiger Faktor dafür zu sein, ob sich ein ARDS entwickelt oder nicht. In der ARDS-Gruppe verstarben drei Betroffene an multiplem Organversagen. Aber auch in der Gruppe ohne ARDS starben vier Erkrankte an respiratorischer Insuffizienz (Lungenschwäche).
Welche Schlussfolgerung legt die Studie nahe?
Obwohl die Studie keine endgültigen Beweise dafür liefert, legen die Daten nahe, dass das ARDS-Risiko im Rahmen einer COVID-19-Erkrankung steigt, wenn bei den Betroffenen eine respiratorische Vorerkrankung und/oder Übergewicht beziehungsweise Adipositas vorliegt. Das Ausmaß der Viruslast scheint in diesem Zusammenhang eine untergeordnete Rolle zu spielen. Die Uniklinik RWTH Aachen weist darauf hin, dass ausschließlich Erkrankte mit schweren Symptomen untersucht wurden. Deshalb können die Ergebnisse nicht auf milde Verläufe der Infektion übertragen werden. (vb)
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