Corona-Erkrankung: Patienten mit Fehlernährung haben schlechtere Prognosen
Es ist schon seit einiger Zeit bekannt, dass ältere Menschen und diejenigen mit bestimmten Vorerkrankungen zu den am meisten durch das neuartige Coronavirus gefährdeten Personen gehören. Doch auch Menschen, die sich falsch ernähren, haben nach neuen Erkenntnissen ein erhöhtes Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf.
Durch COVID-19 besonders gefährdet seien Personen, die aufgrund von Alter und Vorerkrankungen zu Fehl- und Mangelernährung neigen – oder diese während der Intensivbehandlung entwickeln oder verstärken, heißt es in einer aktuellen Mitteilung der Universität Hohenheim. Dazu könnten laut Prof. Dr. med. Stephan C. Bischoff von der Uni Hohenheim in Stuttgart sogar Kinder gehören.
Nicht nur hohes Alter und Vorerkrankungen erhöhen die Gefahr
Erst kürzlich berichtete das Institut Arbeit und Technik (IAT/ Westfälische Hochschule), dass bei bestimmten Vorerkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Herzerkrankungen oder Schlaganfällen ein besonders schwerer COVID-19-Verlauf droht.
Zudem nimmt die Wahrscheinlichkeit für schwere Krankheitsverläufe mit zunehmendem Alter zu, erklärt das Robert Koch-Institut (RKI).
Wie die Uni Hohenheim nun schreibt, sind neben Personen, deren Immunsystem durch Alter und Vorerkrankungen bereits geschwächt ist, fehl- und mangelernährte Menschen bei einer COVID-19-Erkrankung besonders gefährdet.
„Ein guter Ernährungszustand der Patienten reduziert deutlich die Wahrscheinlichkeit, einen schweren Verlauf der Erkrankung durchzumachen, bleibende Folgeschäden zu entwickeln oder gar zu versterben“, sagt Prof. Bischoff.
Fehlernährung auch bei Kindern
Doch gerade der Aufenthalt auf einer Intensivstation, der durch die schweren Atemwegserkrankungen notwendig werden kann, führe bei COVID-19-Patientinnen und -patienten häufiger dazu, dass sich Fehl- und Mangelernährungen aufgrund der Entzündungsprozesse entwickelten oder weiter verschärften.
Das neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2) befalle zwar hauptsächlich die Atemwege, die Krankheit könne aber auch mit Übelkeit, Erbrechen und Durchfall einhergehen, wodurch die Nahrungsaufnahme und -verwertung zusätzlich beeinträchtigt werde.
Laut den Fachleuten baue der Körper in der Folge verstärkt Skelettmuskulatur ab, was wiederum zu einer Abnahme der Lebensqualität, zusätzlichen Krankheiten oder sogar einer Behinderung führen könne – und dies auch noch lange nach der Behandlung auf der Intensivstation.
Prof. Bischoff mahnt in diesem Zusammenhang, nicht nur an ältere Personen zu denken: „Fehl- und Mangelernährung sowie Übergewicht sind in unserer Gesellschaft auch bei Kindern ein durchaus präsentes Phänomen. Mit diesen Vorbelastungen steigt das Risiko für eine virale Lungenentzündung und einen lebensbedrohlichen Infektionsverlauf.“
Deshalb fordert der Ernährungsmediziner: „Die Prävention, Diagnose und Behandlung von Unter- und Fehlernährung sollte routinemäßig fester Bestandteil bei der Behandlung jedes COVID-19-Patienten sein.“
Schon vor einer Erkrankung auf gesunde Ernährung achten
Zudem sei wichtig, dass gefährdete Menschen gerade im Vorfeld einer möglichen COVID-19-Erkrankung verstärkt auf ihren Ernährungszustand achten.
„Personen mit bekannter Fehl- und Mangelernährung oder einem Risiko dazu sollten sich dabei idealerweise von erfahrenen Ernährungsberatern oder -medizinern unterstützt lassen“, empfiehlt Prof. Bischoff.
Diese Fachleute können auch beurteilen, in wie weit eine Ergänzung der täglichen Ernährung mit Vitaminen und Mineralstoffen notwendig sei, um eine optimale Infektionsabwehr zu erreichen.
Die These, dass eine Überdosis von Vitaminen einen besonderen Schutz darstelle, kann Prof. Bischoff aber nicht unterschreiben.
„Es ist wichtig, Mikronährstoffdefizite zu verhindern und zu behandeln. Es gibt jedoch keine nachgewiesenen Beweise dafür, dass bei gut ernährten, gesunden Personen die routinemäßige Verwendung von Mikronährstoffen in hohen Dosen eine Infektion mit COVID-19 verhindern oder den Krankheitsverlauf verbessern kann“, so der Experte.
Regelmäßige körperliche Betätigung auch in Quarantäne
Ähnlich wichtig wie die Ernährung sei auch die regelmäßige körperliche Betätigung von Patientinnen und Patienten, die aufgrund eines COVID-19-Verdachtes in Quarantäne leben.
„Die 14-tägige Quarantäne zu Hause fördert jedoch eine sitzende oder liegende Lebensweise, z. B. vor dem Fernseher oder dem Computer. In der Folge nehmen die regelmäßige körperliche Aktivität und damit der Energieverbrauch ab“, mahnt Prof. Bischoff.
Die Quarantäne könne deshalb zu einer Verschlechterung chronischer Erkrankungen, Gewichtszunahme, dem Abbau von Skelettmuskulatur sowie einer reduzierten Immunantwort führen. Dies wiederum fördere auch das Erkrankungsrisiko nichtinfizierter Personen in Quarantäne.
Ein regelmäßiges Training zu Hause mit verschiedenen einfachen und leicht umsetzbaren Übungen sei bereits gut geeignet, um das Fitnessniveau aufrechtzuerhalten. Dabei kämen beispielsweise Kräftigungsübungen, Balancetraining, Dehnübungen oder eine Kombination in Frage.
Weitere Empfehlungen zu Nährstoffen und Behandlungen
Weitere Empfehlungen und vor allem konkrete Behandlungsvorschläge für praktizierende Ärztinnen und Ärzte, veröffentlichte Prof. Bischoff jetzt als Mitglied eines internationalen Autorenteams in einem Leitfaden.
Initiator der Expertenempfehlung ist die Europäische Gesellschaft für klinische Ernährung und Stoffwechsel (European Society for Clinical Nutrition and Metabolism) (ESPEN) in Kooperation mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Erschienen ist die Publikation in der Fachzeitschrift „Clinical Nutrition“. (ad)
Quelle: Den ganzen Artikel lesen