Gesundheit

„Es ist verrückt“: Kay injiziert sich seit 4 Monaten die Abnehmspritze

Kay S. spritzt sich seit vier Monaten täglich die Abnehmspritze Saxenda. Mit Erfolg: Schon zwölf Kilo hat der 48-Jährige damit abgenommen. Doch nicht bei allen klappt das so problemlos, merkt eine Expertin an.

Als Kay S. seine heutige Frau vor sieben Jahren kennenlernte, wog er 80 Kilo. „Sie wissen, wie das ist. Man wird gemeinsam gemütlich, sitzt auf der Couch, futtert Schokolade. Und meine Frau ist eine, die einfach nicht zunimmt.“ Sie blieb also schlank, er nahm rund 30 Kilo zu. Mit seinen 1,78 Meter ergibt das einen BMI von über 30. Schon lange wollte er abnehmen, berichtet er. „Aber mir fehlt ein bisschen die Disziplin.“ Mit der Abnehmspritze sollte sich das ändern.

Am 3. Juni begann er mit der Therapie. Seitdem spritzt er sich täglich selbst den Wirkstoff Liraglutid in den Bauch. „Es ist verrückt“, sagt er über die Wirkweise. „Man hat wirklich einfach gar keinen Appetit, gar kein Hungergefühl mehr.“ Etwa halbiert habe sich seine Tagesration an Essen, schätzt er. „Und ich könnte noch weniger essen.“ Doch Ziel sei ein gesundes Abnehmen ohne möglichen Jojo-Effekt – „ich will das Gewicht ja dann halten können“.

Mehr als die Hälfte der Deutschen ist übergewichtig

Kay S. ist einer von vielen. Mehr als die Hälfte der Frauen (53 Prozent) und mehr als zwei Drittel der Männer (67 Prozent) in Deutschland sind nach Angaben des Robert Koch-Instituts übergewichtig. Sie haben also einen BMI über 27. Bei knapp einem Viertel liegt eine Adipositas vor, das bedeutet ein BMI von über 30.

Das birgt Gefahren, denn Übergewicht gilt als wesentlicher Risikofaktor für zahlreiche Erkrankungen, darunter Diabetes, Arthrose oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Viele Betroffene wollen auch abnehmen, doch nicht immer fällt das leicht. Experten betonen, dass es sich bei Übergewicht und Adipositas um chronische Erkrankungen handelt, bei denen eine Stoffwechselfehlregulation vorliegt. „Abnehmen ist dann nicht mehr so einfach möglich“, erklärte etwa Silvia Weiner, Chefärztin für Adipositas-Chirurgie am Sana Klinikum in Offenbach, in einem  FOCUS-online-Interview.

Abnehmspritzen: „Für Menschen mit BMI zwischen 30 und 40 ideal“

Abnehmspritzen gelten hier als vielversprechende Therapien. Denn Wirkstoffe wie Semaglutid (Wegovy) oder Liraglutid (Saxenda) greifen substanziell in diese Stoffwechselfehlregulation ein. „Für Menschen mit einem BMI zwischen 30 und 40 ist die Abnehmspritze ideal. Hier haben wir tatsächlich die Chance, im Stoffwechsel Veränderungen zu induzieren und somit auch OPs zu vermeiden“, so Weiner.

Bei einer sehr schweren Adipositas, also einem BMI über 40, würden die Spritzen dagegen nicht mehr ausreichen. „Hier sind wir dann bei den operativen Behandlungsformen wie der Magen-OP.“

Zwölf Kilo hat Kay S. in nur vier Monaten abgenommen

Für Kay S. mit einem BMI von 34,7 macht die Behandlung also Sinn. Und er freut sich über erste Erfolge: Schon zwölf Kilo hat er abgenommen. Neben der Kalorienreduktion durch weniger Essen geht er auch zwei- bis dreimal die Woche Radfahren und mindestens einmal die Woche Schwimmen. „Mit dem Rad war ich auch davor schon gerne und viel unterwegs. Jetzt merkt man eben, dass man fitter wird.“ Schwimmen habe er dagegen bewusst mit in den Trainingsplan integriert.

Denn für die Abnehmspritzen gilt: „Sie allein sind kein Wundermittel, sondern sollten als Zusatz zu ausgewogener Ernährung und Sport betrachtet werden“, wie Weiner betont.

Expertin: Nicht bei allen schlägt Abnehmspritze an

Auch gibt es keine Garantie für die Wirkung. „Menschen reagieren ganz unterschiedlich darauf. Manche nehmen viel ab und haben keinerlei Nebenwirkungen, für die ist es tip-top“, sagt die Expertin. Als klassische Nebenwirkungen der Abnehmspritzen nennt sie Probleme im Magen-Darm-Trakt wie Vollegefühl, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Verstopfung. Auch Kopfschmerzen und Stimmungsschwankungen könnten auftreten. Sie sagt: „Es gibt andere, die kaum abnehmen und unter Kopfschmerzen, Übelkeit und schlechter Laune leiden.“

Kay S. fällt unter die erste Kategorie. Er hätte keinerlei Nebenwirkungen gehabt, berichtet er. „Ich glaube, sonst hätte ich die Spritze auch schnell wieder abgesetzt.“

Dauer-Therapie oder Absetzen?

Tatsächlich ist die Empfehlung auch, die Spritze zunächst für einige Wochen zu testen, die Ergebnisse ärztlich zu überprüfen und dann zu entscheiden, ob man die Therapie weiterverfolgt. Weiner betont: „Es macht keinen Sinn, ein paar Wochen zu spritzen und dann aufzuhören. Da muss man ein Leben lang dran bleiben.“ Sie erklärt das mit der chronischen Stoffwechselstörung, an der Betroffene leiden und die durch die Spritzen behandelt wird.

Kay S. hat dagegen ein anderes Ziel. Für ihn war die Abnehmspritze der „dringend notwendige Anschubser, um Verhaltensweisen zu ändern“, sagt er. Neben einer ausgewogeneren Ernährung auch mehr Sport zu integrieren. „Es ist schon erstaunlich. Es kommen ja viele vermeintliche Wundermittel auf den Markt, aber das ist das erste, das ich kenne, das wirklich funktioniert.“ Sein Ziel sind 80 Kilo, quasi sein früheres Gewicht. „Wenn ich das schaffe und über ein halbes Jahr halte, bekomme ich von meiner Frau ein neues Fahrrad.“

  

Info

Die Spritzen werden Kay S. direkt nach Hause geliefert, ausgestellt von den Ärzten des digitalen Anbieters GoLighter. Die Mitgliedschaft kostet hier mit Spritzen, Ernährungsberatung und Sport-Coaching rund 470 Euro im Monat.

Quelle: Den ganzen Artikel lesen