Gesundheit

Herzstudie: Bislang völlig unbekannte Mini-Proteine bilden den Herz-Treibstoff

Rätsel um die Energiegewinnung des Herzens gelöst

Unser Herz birgt immer noch zahlreiche Geheimnisse. Wie schafft es das Organ jede einzelne Zelle unseres Körpers mit Energie zu versorgen? Die Antwort auf diese Frage lieferte kürzlich ein deutsches Forschungsteam. Sie entdeckten eine bislang unbekannte Gruppe von Mini-Eiweißen, die das Herz zur Energiegewinnung nutzt. Die revolutionäre Entdeckung könnte zu zahlreichen neuen Herz-Therapien führen.

Das menschliche Herz ist Teil zahlreicher medizinischer Forschungen. Erkrankungen an dem wohl wichtigsten Organ unseres Körpers sind in Deutschland für mehr als ein Drittel aller Todesfälle verantwortlich. Dennoch ist die genaue Funktionsweise noch immer nicht genau entschlüsselt. Forschende des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin machten eine grandiose Entdeckung. Sie entschlüsselten eine Art Herz-Motor. Zahlreiche kleine Mini-Eiweiße, die bislang völlig unbekannt waren, sind demnach für die Energieerzeugung des Herzens zuständig. Die Studienergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „Cell“ präsentiert.

Neue Entdeckung könnte die Therapie von Herzleiden revolutionieren

Heute weiß man noch erstaunlich wenig darüber, warum das Herz manchmal nicht das tut, was es tun soll. 56 Forschende brachten nun mehr Licht ins Dunkel. Sie untersuchten die zellulären Eiweißfabriken in den Herzzellen. Dabei entdeckten sie eine Gruppe von bislang unbekannten Eiweißen, die eine maßgebliche Rolle bei der Energiegewinnung des Herzens spielen. Das Team sieht in den neuen Mikroproteinen den Schlüssel zur Heilung von Herzkrankheiten, die auf einem gestörten Energiestoffwechsel basieren.

Die Kraftwerke des Herzens

Fokus der Forschungsarbeit waren die Eiweißfabriken der Herzellen. Die sogenannten Ribosomen bauen aus einzelnen Aminosäuren Proteine zusammen. Die Baupläne für diese Eiweiße sind in der DNA gespeichert. Die genaue Bauanleitung, wie die Eiweiße zusammengesetzt werden, erhalten die Ribosomen über Botenstoffe, die Messenger-RNA (mRNA) genannt werden. „Wir haben nun mithilfe einer noch recht jungen Technik, dem Ribosomen-Profiling oder kurz Ribo-Seq, zum ersten Mal nicht nur in isolierten Zellen, sondern in intaktem menschlichen Herzgewebe ermittelt, zu welchen Stellen der mRNA sich die Ribosomen begeben“, erklärt Erstautor Dr. Sebastiaan van Heesch aus der MDC-Arbeitsgruppe in einer Pressemitteilung zu den Studienergebnissen.

Treibstoff der Herzzellen entdeckt

„Über spezielle Algorithmen konnten wir daraus anschließend errechnen, welche Proteine bei der Translation im Herzen gebildet werden“, berichtet van Heesch. Auf diese Weise entdeckten die Forschenden zahlreiche unbekannte Mini-Eiweiße. Mit speziellen mikroskopischen Techniken konnten das Team anschließend beobachten, dass mehr als die Hälfte der neuentdeckten Mikroproteine nach ihrer Fertigung in die Kraftwerke der Zellen (Mitochondrien) wandern. „Das bedeutet, dass sie offenbar für die Energiegewinnung des Herzens benötigt werden“, schlussfolgert Studienleiter Professor Norbert Hübner.

Exklusiv für Menschen?

„Da viele Herzerkrankungen auf Fehler im Energiestoffwechsel zurückgehen, interessierte uns dieses Resultat natürlich ganz besonders“, so Hübner. Er will gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen nun die Rolle der neuen Mikroproteine genauer entschlüsseln. Die Mini-Eiweiße scheinen nur im menschlichen Herzen zu existieren. Bei Untersuchungen an Mäuseherzen wurde das Forschungsteam nicht fündig. „Es scheint sich bei diesen Eiweißen um evolutionär recht junge Substanzen zu handeln“, resümiert van Heesch. Diese Mikroproteine zeigten erneut, wie besonders das menschliche Herz sei. Die Forschungsgruppe erhofft sich nun, dass diese Erkenntnissen zur Diagnostik und zur Therapie von Herzleiden eingesetzt werden können, die auf einem gestörten Energiestoffwechsel des Herzens basieren. (vb)

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