Gesundheit

Machen sich die Apotheken zulasten der Solidargemeinschaft die Taschen voll?

„Apothekenpreise“ sind zu einem geflügelten Wort geworden. Was ist dran an dem Mythos, dass Apotheken sich im Gesundheitswesen ein extra großes Stück vom Kuchen sichern und für die Medikamentenabgabe von den Krankenkassen das Geld hinterher geworfen bekommen?

Apotheker:innen gehören zu den finanziell besonders privilegierten Berufsgruppen im Gesundheitswesen. Von den Krankenkassen werden sie für die Abgabe von Arzneimitteln großzügig vergütet, besagt ein Gerücht, das die Autor:innen Andreas Kaapke, Nina Kleber-Herbel und Uwe Hüsgen in ihrem Buch „Mythos Apotheke – Zwischen Vorurteil und Wahrheit“ beleuchten.

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Wie sieht also die Realität aus? Das Trio verweist zunächst auf die in Deutschland geltende Arzneimittelpreisverordnung, die alle verschreibungspflichtigen Medikamente umfasst. „Diese garantiert von Konstanz bis Flensburg und von Selfkant bis Görlitz einen einheitlichen Apothekenabgabepreis“, schreiben Kaapke/Kleber-Herbel/Hüsgen. „Die Preisbildung einer verschreibungspflichtigen Packung wurde 2004 so festgesetzt, dass auf den Einkaufspreis der Apotheke ein Festzuschlag von 3 Prozent und ein Fixum von 8,10 Euro je abgegebener Packung aufzuschlagen war.“

Von einigen kleinen Änderungen abgesehen, etwa der Einführung des Aufschlags von 16 Cent je Packung für den Nacht- und Notdienstfonds im August 2013, gab es demnach seither nur eine einzige Anpassung des Fixums von 8,10 Euro auf 8,35 Euro im Januar 2013. „Das sind gerade einmal 3,0 Prozent in 15 Jahren“, heben die Autor:innen hervor. Im Vergleich der wirtschaftlichen Rechengrößen aus dem Jahr 2004 (100 Prozent) bei 8,10 Euro Festzuschlag und jener aus dem Jahr 2018 bei 8,35 Euro Festzuschlag plus 16 Cent Nacht- und Notdienstgebühr, ergeben sich nach Berechnungen der Verfasser:innen folgende Vergleichswerte:

  • GKV-Einnahmen: 173,5 Prozent
  • Bruttoinlandsprodukt: 153,7 Prozent
  • Inflationsrate: 124,1 Prozent
  • Apothekenvergütung: 115,3 Prozent

Besonders ärgerlich: Oft ziehen die Kassen den Apothekern obendrein noch wegen Formfehlern, die nicht selten vom Arzt verursacht sind, Geld ab. „Manchmal reichen dafür bereits formale Kleinigkeiten aus, die eigentlich keinen Einfluss auf die Versorgung haben.“ Kaapke/Kleber-Herbel/Hüsgen zitieren an dieser Stelle aus einem DAZ.online-Beitrag vom Januar 2019. Darin sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete Roy Kühne: „Bei der Retaxation aufgrund von Formfehlern wird aus meiner Sicht seit Jahren das Verursacher-Prinzip gebrochen. Denn der eigentliche Verursacher des Fehlers ist ja nicht der Apotheker, sondern der Arzt. Der Leistungserbringer, in diesem Fall der Apotheker, wird für mögliche Fehler aber bestraft. Das kann nicht sein.“

Viele Retaxationen unberechtigt

Bei kleinen Beanstandungen im zweistelligen Euro-Bereich wehrten sich viele Apotheken nicht einmal gegen die Praktiken der Kassen, informieren die Autor:innen. Manchmal nehmen sie jedoch die Hilfe ihres Verbands in Anspruch. „So berichtet der Landesapothekerverband Baden-Württemberg, dass er 2018 exakt 12.631 von den Kassen beanstandete Rezepte geprüft habe, die zu insgesamt 5.720 Retaxationsvorgängen zusammengefasst worden seien, mit einem Gesamtwert an angedrohten Kürzungen von gut 1,5 Millionen Euro. Letztlich seien, so der Verband, über 50 Prozent der ausgesprochenen Retaxationen unberechtigt gewesen; diese seien für die Mitglieder erfolgreich zurückgefordert worden.“

 

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Buchtipp

Von Andreas Kaapke / Nina Kleber-Herbel / Uwe Hüsgen

Mythos Apotheke

Zwischen Vorurteilen und Wahrheit

Obwohl Apotheker zu den Berufsgruppen zählen, denen die Bevölkerung besonders großes Vertrauen entgegenbringt, werden sie nicht selten auch mit Kritik konfrontiert. 

Die zweite Auflage des Buchs „Mythos Apotheke“ klärt auf, indem sie den Lesern leicht verständliche, sachliche sowie stichhaltige Argumente gegen die häufigsten Vorurteile zur Verfügung stellt.

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