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Migräne: Neue Erkenntnisse über Ursachen der Kopfschmerzen – Naturheilkunde & Naturheilverfahren Fachportal

Studie: Genetische Fehlfunktion von Astrozyten löst Migräne aus

Migräne ist etwas anderes als gewöhnliche Kopfschmerzen. Bei einem Migräneanfall setzen plötzlich heftige Schmerzen auf nur einer Kopfseite ein. Sie sind deutlich stärker als gewöhnliches Kopfweh und meist von weiteren Beschwerden begleitet. Forschende haben nun herausgefunden, dass eine genetische Fehlfunktion von Astrozyten Migräne auslöst.

Laut einer aktuellen Mitteilung haben Forschende der Universität Zürich den Mechanismus entschlüsselt, der für familiär bedingte Migräne verantwortlich ist: Durch eine genetische Fehlfunktion können bestimmte Hirnzellen, die für Schmerzverarbeitung zuständig sind, überschüssige Reize nicht abbauen. Sie rufen stattdessen starke Kopfschmerzen hervor.

Jeder siebte Mensch leidet an Migräne

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Etwa jeder siebte Mensch leidet an Migräne. Betroffene können durch die Erkrankung regelrecht außer Gefecht gesetzt werden. Typisch sind pochende, hämmernde und einseitige Kopfschmerzen. Häufig kommen weitere Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen, Schwindel sowie Appetitlosigkeit hinzu. Zudem sind viele Betroffene geräusch- und lichtempfindlich.

Wie es in der Mitteilung der Universität Zürich heißt, deuten mehrere Hinweise darauf hin, dass die Krankheit durch eine Störung bei der Verarbeitung und Integration von sensorischen Signalen beim Sehen, Hören oder Riechen hervorgerufen wird.

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Diese Dysfunktion kann auch zwischen den eigentlichen Migräne-Episoden auftreten: So reagieren Patientinnen und Patienten auch in den Phasen zwischen zwei Schüben viel intensiver auf sensorische Reize als Menschen, die nicht von Migräne betroffen sind. Welche zellulären Mechanismen dafür verantwortlich sind, ist aber noch weitgehend unbekannt.

Krankheit ist vererbbar

Neurowissenschaftlerinnen und Neurowissenschaftler am Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Zürich konnten in Zusammenarbeit mit der Universität Padua den Mechanismus bei einer speziellen Form der Krankheit identifizieren. Den Forschenden zufolge wird die sogenannte familiäre hemiplegische Migräne Typ 2 (FHM2) durch eine genetische Mutation verursacht und ist vererbbar.

Das Team unter der Leitung von Mirko Santello zeigt jetzt, dass eine Fehlfunktion von Astrozyten im cingulären Kortex – eine Hirnregion, die am Schmerzempfinden beteiligt ist – die Migräne fördert.

„Trotz ihrer Häufigkeit wurden die Astrozyten, welche die Prozesse des zentralen Nervensystems stark beeinflussen, von der Neurowissenschaft lange übersehen“, erläutert Mirko Santello, Letztautor der Studie, die in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „Science Advances“ veröffentlicht wurde.

Wie in der Mitteilung erklärt wird, sind die sternförmigen Zellen extrem wichtig, um die von den Neuronen freigesetzten Botenstoffe abzubauen. Aber genau diese Funktion – die Eliminierung überschüssiger Neurotransmitter wie Glutamat – können die Astrozyten bei familiär bedingter Migräne nicht wahrnehmen.

„Da die Glutamataufnahme der Astrozyten beeinträchtigt ist, werden die Nervenzellen im cingulären Kortex viel stärker erregbar als normal. Was dazu führt, dass die Neuronen noch mehr Botenstoffe ausschütten“, so Santello.

Erkenntnisse könnten bei der Entwicklung neuer Therapien helfen

Diese Fehlfunktion im cingulären Kortex beeinflusst auch die Häufigkeit von Migräne. Im Mausmodell zeigen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass die Tiere empfindlicher gegenüber den Auslösern von Kopfschmerzen sind.

„Indem wir die Astrozyten im cingulären Kortex genetisch veränderten, konnten wir ihre Fehlfunktion umkehren. Dies verringerte bei Mäusen mit diesem Gendefekt die starken Kopfschmerzen“, erklärt Jennifer Romanos, Erstautorin der Studie.

Migräne ist eine komplizierte Erkrankung, die einen großen Teils des Nervensystems betrifft. „Unsere Ergebnisse zeigen klar auf, wie eine genetisch bedingte Funktionsstörung der Astrozyten die Aktivität der Neuronen beeinflusst und sie empfindlicher macht gegenüber Reizen, die Kopfschmerzen auslösen“, sagt Mirko Santello.

Dem Experten zufolge trage die Studie dazu bei, die Pathophysiologie der Migräne besser zu verstehen, und lege nahe, dass der cinguläre Kortex vermutlich ein kritischer Knotenpunkt der Krankheit sei. Die Erkenntnisse könnten laut den Forschenden dazu beitragen, neue Behandlungsstrategien gegen familiäre Migräne zu entwickeln. (ad)

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