Gesundheit

So sieht der deutsche Pandemieplan aus – und das könnte auf uns zukommen

Vor zwei Tagen hat die Weltgesundheitsorganisation WHO im Zusammenhang mit dem Coronavirus vor einer Pandemie gewarnt. Darunter wird eine länder- und kontinentübergreifende  Ausbreitung einer Infektionskrankheit verstanden; eine Epidemie ist dagegen örtlich beschränkt. Einige Virologen sind mit Blick auf die weltweit auftretenden aktuellen Corona-Fälle der Ansicht, dass die Schwelle zur Pandemie bereits überschritten sei. Angesichts diverser bestätigter Fälle in Deutschland hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) von einer „neuen Qualität“ der Lage gesprochen, die dadurch entstanden sei, dass nicht mehr bei jedem Infektionsfall Herkunft und Kontaktpersonen genau bestimmt werden könnten.

Coronavirus

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„Meine ganze Familie ist krank“: Von der Millionen-Metropole Wuhan aus verbreitete sich das Virus in alle Welt. Die 20-jährige Wirtschaftsstudentin Du Xiao (Name geändert) erzählt vom Leben im Epizentrum der Krise. 

Innen- und Gesundheitsministerium haben daher inzwischen einen Krisenstab gebildet, der laut Spahn bereits seine Arbeit aufgenommen hat. Die Einberufung eines solchen Krisenstabes ist im Nationalen Pandemieplan (NPP) vorgesehen, der erstmals 2005 veröffentlicht wurde und seither zweimal aktualisiert wurde – zuletzt im März 2017. Da das Gesundheitssystem förderal aufgebaut ist, existieren in jedem Bundesland entsprechende Pandemiepläne, auf deren Grundlage die Behörden direkt vor Ort tätig werden – so wie jetzt beispielsweise der Kreis Heinsberg mit einem Krisenstab für die bestätigten Corona-Fälle in Erkelenz. 

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Pandemieplan: Die wesentlichen Punkte

Im wesentlichen sehen die Pandemiepläne von Bund und Ländern im Fall einer drohenden oder einsetzenden Pandemie folgende Maßnahmen vor:

WHO muss Pandemie-Fall erklären

Voraussetzung für das Inkraftsetzen des NPP ist die Erklärung des Pandemiefalls durch die WHO. Im Fall des aktuellen Coronavirus gehen Experten davon aus, dass dies kurz bevorsteht. Liegt die entsprechende Erklärung der WHO vor, muss Deutschland seinen NPP aktivieren. Sofort danach setzen auch die Bundesländer ihre Pandemiepläne in Kraft.

Coronavirus

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Rechtlicher Rahmen für Maßnahmen

Der NPP beinhaltet auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Maßnahmen, die der Verhütung und Verbreitung von ansteckenden Krankheiten dienen sollen. Neben den bestehenden Gesetzen (u.a. Infektionsschutzgesetz mit Bestimmungen zur Quarantäne) und Verordnungen (u.a. zur Meldepflicht) wird das Bundesgesundheitsministerium für den Pandemiefall zu speziellen Schritten ermächtigt. Dazu können gegebenenfalls eine Impfpflicht gehören, eine verschärfte Meldepflicht und ein Erlass, der die Übernahme der Kosten durch die Krankenkassen regelt. Die gesetzlichen Vorschriften für den Arbeitsschutz des medizinischen Personals im ambulanten wie stationären Einsatz sind ebenfalls Bestandteil des NPP.

WHO unterscheidet vier Phasen

Die im NPP geregelten Maßnahmen und Vorgehensweisen greifen im Wesentlichen in der von der Weltgesundheitsorganisation definierten „Pandemischen Phase“. Dabei handelt es sich um die dritte von vier Phasen, die die WHO für Influenzapandemien, zu denen auch die aktuelle Verbreitung von Covid-19 zählt, definiert hat. Die vier Phasen sind:

Infektionen und Todesfälle

Sehen Sie auf der interaktiven Karte, wie sich das Coronavirus ausbreitet

Fast jeder Kontinent ist inzwischen vom Coronavirus betroffen. Die interaktive Karte zeigt, in welchen Ländern wieviele Infektionen gemeldet wurden und wieviele Todesopfer es schon gab.

Ursprung des Nationalen Pandemieplans

Der NPP ist keine spezielle Vorbereitung auf das aktuelle Coronavirus, sondern Bestandteil internationaler Bemühungen, übertragbare Krankheiten zu erkennen, einzudämmen, zu stoppen und ihnen im Idealfall vorzubeugen. Allerdings verändern sich Influenzaviren permanent durch kleinere Mutationen in ihrem Erbgut, so dass immer wieder neue Viren auftreten und angepasste Gegenwehr erfordert ist.

Daher entstand die Idee einer weltweiten Influenza-Pandemieplanung, die 1993 bei einem internationalen Symposium in Berlin konkretisiert wurde. Die Weltgesundheitsorganisation legte 1999 einen ersten Musterplan vor, der den Mitgliedsstaaten als Grundlage für die detaillierte Ausarbeitung nationaler Pandemiepläne diente. Die Muster wurden 2005, 2009 und 2013 angepasst. Deutschland begann 2001 in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit der Pandemieplanung. Der jetzt geltende NPP wurde 2005 veröffentlicht, wurde bei der H1N1-Pandemie 2009 angewendet und aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse weiter aktualisiert. Die aktuelle Fassung gilt seit 2017. Der NPP besteht aus Struktur- und Maßnahmenteil sowie aus einem Teil, der die wissenschaftlichen Grundlagen enthält.

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Vor- und Nachteile der föderalen Struktur

Die föderale Pandemie-Organisation in Deutschland birgt sowohl Vor- als auch Nachteile. Durch die Zuständigkeit der Länder und der Behörden vor Ort kann in aller Regel schneller und effektiver gegen die Ausbreitung einer Krankheit vorgegangen werden als wenn alle Maßnahmen zentral angeordnet und koordiniert werden müssen. Kritiker aber fordern die Einsetzung eines Expertengremiums auf Bundesebene und zweifeln die Verbindlichkeit des NPP angesichts der Existenz der Länderpandemiepläne an – zumal sich diese wiederum in Details unterscheiden. Die Pandemievorsorge muss daher in der ständigen Konferenz der Gesundheitsminister immer wieder abgestimmt werden. Baden-Württemberg hat aufgrund der aktuellen Lage mit bestätigten Corona-Fällen in Göppingen seinen Pandemieplan vor zwei Tagen angepasst.

Quellen: Nationaler Pandemieplan, Weltgesundheitsorganisation, Robert-Koch-Institut, tagesthemen, Gesundheitsportal der Stadt Berlin, Pandemic Influenza Risk Management der WHO

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