Nach ersten Regel-Lockerungen in der Coronavirus-Pandemie hat das Robert Koch-Institut (RKI) vor Nachlässigkeit gewarnt. Dass Deutschland bisher relativ gut durch die Epidemie gekommen sei, sei den frühzeitig getroffenen Eindämmungsmaßnahmen zu verdanken. „Wir dürfen jetzt nicht nachlässig werden“, sagte RKI-Vizepräsident Lars Schaade am Freitag in Berlin. Die Lockerungen dürften nun nicht zu einem „Erdrutsch“ an weiteren Lockerungen führen.
Schaade verwies darauf, dass innerhalb weniger Wochen rund 5300 Menschen an der durch das Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit Covid-19 gestorben seien, „und es werden leider auch noch mehr Menschen sterben“.
Schwedisches Modell
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Reproduktionszahl unter 1 halten
Die Reproduktionszahl werde weiter auf 0,9 geschätzt, sagte Schaade. Im Mittel stecke fast jeder Infizierte also einen anderen Menschen an. Die Herausforderung sei, diesen Wert weiter unter 1 zu halten. Je weiter der Wert sinke, desto besser. In manchen Regionen, etwa wo es große Ausbrüche in Heimen gebe, sei die Zahl höher als 1.
Wenn Menschen wieder mehr enge Kontakte hätten, drohten auch wieder mehr Ansteckungen, sagte Schaade. Wie schnell es gehen könne, dass die Lage nicht mehr beherrschbar ist und die Kliniken überlastet sind, habe man in anderen Ländern gesehen. Schaade appellierte erneut an die Menschen, sich weiter an die Maßnahmen zu halten. „Im schlimmsten Fall sind wir dann schnell an einem Punkt angelangt, an dem die Epidemie nicht mehr beherrschbar ist“, warnte er.
Coronavirus: RKI empfiehlt mehr Tests bei Symptomen
Zur Eindämmung der Corona-Infektionen empfiehlt das RKI außerdem die generelle Testung von Atemwegserkrankungen. Die Tests seien nicht mehr an die Bedingung geknüpft, dass es ausreichend Testkapazitäten gebe, so Schaade. Zum einen gebe es mehr Testmöglichkeiten, zum anderen sei die Erkältungssaison vorbei, und es seien „mehr Treffer“ zu Covid-19-Erkrankungen zu erwarten.
Nicht zuletzt sei es nach der Lockerung der Ausgangsbeschränkungen „besonders wichtig“, Corona-Erkrankungen schon bei schwachen Symptomen zu erkennen, betonte Schaade. „Wir empfehlen dringend, dass jeder mit einem Atemwegsinfekt, ob Husten oder Fieber, auch getestet werden sollte.“
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Angesichts der schrittweisen Schulöffnungen schließt das RKI mögliche Infektionen nicht aus, deren Risiko aber durch verschiedene Maßnahmen minimiert werden könne. Es sei wichtig, auf einen Ausbruch in einer Schule sehr schnell zu reagieren, um das Virus nicht weiter in die Bevölkerung zu tragen. Wenn dies „regelhaft und häufig“ passiere, müsse überlegt werden, „die Maßnahmen wieder anzuziehen“, sagte Schaade.
Schaade bewertet DFL-Konzept „tendenziell positiv“
Die Frage, ob die Ausbreitung des Coronavirus mit der Sommersaison ähnlich wie bei der Grippe gestoppt werden könnte, lässt sich dem RKI zufolge nach wie vor nicht beantworten. Es gebe noch keine Zahlen dazu, ob der Sommer einen Unterschied mache und ob das Virus womöglich in warmer Luft und durch Sonnenstrahlen inaktiviert werde, sagte Schaade. Zuvor hatte ein US-Regierungsberater berichtet, dass UV-Strahlen anscheinend den Erreger töten könnten. Er berief sich dabei auf ein Experiment von Wissenschaftlern der US-Regierung.
Der RKI-Vizepräsident bewertete auch das von der Deutschen Fußball Liga vorgestellte Konzept zum möglichen Wiederbeginn der Bundesliga tendenziell positiv. „Was dort drinsteht und was die Überlegungen angeht, das mit einer Quarantäne zu lösen: Das scheinen mir durchaus vernünftige Überlegungen zu sein“, sagte Schaade. Die Zuständigkeit zur endgültigen Bewertung des Konzepts sieht er allerdings nicht beim RKI. Es handele sich um ein Problem des Arbeitsschutzes. „Das sind Fußballprofis. Das ist deren Job, und insofern gibt es da ein Konzept, das von der Arbeitsschutzseite erstellt worden ist“, erklärte er.
Im am Donnerstag vorgestellten Strategiepapier der DFL sind für eine geplante Wiederaufnahme des Spielbetriebs strikte organisatorische Vorgaben festgehalten. So sollen maximal circa 300 Personen an der Durchführung von Spielen ohne Stadionzuschauer beteiligt werden – Spieler und Trainer eingeschlossen. Zudem gibt es klare Vorgaben für Hygienemaßnahmen.
Im Falle einer Infektion soll laut Konzept nicht „automatisch der gesamte Kader 14 Tage in Quarantäne“, sagte DFB-Chefmediziner Tim Meyer der Deutschen Presse-Agentur. Der 52 Jahre alte Leiter des Instituts für Sport- und Präventivmedizin der Universität des Saarlandes war am DFL-Konzept als Task-Force-Leiter entscheidend beteiligt. „Natürlich wird die infizierte Person isoliert und beobachtet, ebenso die Kontaktpersonen, die dann in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt beobachtet und isoliert würden“, sagte Meyer. Ziel der Bundesliga bleibt es, die Spielzeit 2019/20 bis zum 30. Juni abzuschließen.
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