"Ich finde es faszinierend, wie sonderbar man Körperteile behandelt, die an der Hälfte der Menschheit hängen"
Elisabeth Krainer, Kulturredakteurin
Elisabeth Krainer Wir alle haben eine Boobs-Story – hier erzählen unsere Redakteurinnen ihre ganz persönlichen
Ich kenne einen Mann, nennen wir ihn den Ingenieur, der mal folgenden Satz über Brüste gesagt hat: „Sie sind in Form, Größenverhältnis und Konsistenz einfach ein sehr schlüssiges Konzept.” Seit ich diesen Ingenieurs-Satz über Titten gehört habe, gehe ich das Ganze auch etwas technischer an. Meine Brüste sind nunmal einfach da und sie sind auch total in Ordnung, wie sie sind. Jemand wird sich schon was bei deren Konzept gedacht haben.
Allerdings fällt es mir schwer, mich und meine Brüste entspannt zu sehen, wenn das Thema so unendlich überhöht wird – zum Beispiel durch Instagram, deren Macher immer noch denken, weibliche Nippel wären die Ausgeburt des Teufels. Überhaupt die Frage, mit wie vielen Schichten Stoff sie verdeckt werden und bei welcher Dekolleté-Tiefe die Grenze zwischen stilvoll und billig gezogen wird. Hallo, Erde an Menschheit, ES. SIND. NUR. BRÜSTE! Ich finde es wirklich faszinierend, wie sonderbar man Körperteile behandelt, die nunmal an der Hälfte der Menschheit hängen.
Je tiefer ich mich aber in diesem Sumpf an überladener Symbolik verliere, desto weniger mag ich meine eigenen Brüste. Denn dann denke ich: Okay, wenn so ein Tamtam darum gemacht wird, dann sind sie wohl doch nicht schön genug. Wenn Megastars wie Billie Eilish als "mutig" gelten, weil man auf Fotos ihren Busen erahnt (!) und solange es auf Social Media #saggyboobs-Movements geben muss, um Titten zu rechtfertigen, die sich nicht senkrecht gen Himmel richten, frage ich mich, wie ich bisher mit meinem Durchschnittsbusen überleben konnte.
Und das alleine ist doch schon vollkommener Schwachsinn. Deshalb gefällt mir der Ingenieurs-Ansatz: weg mit diesem Haufen Emotionen. Brüste sind nunmal da, ihr Konzept funktioniert, lasst uns doch alle einfach froh sein, dass sie existieren – egal in welcher Größe oder Form.
Von meinen Freundinnen bekam ich oft zu hören: "Sei doch froh, dass du so viel Oberweite hast. Kannst mir gerne was abgeben"
Melanie Paukner, Beauty-Redakteurin
Melanie Paukner Wir alle haben eine Boobs-Story – hier erzählen unsere Redakteurinnen ihre ganz persönlichen
Wenn man mich vor einigen Jahren gefragt hätte, was ich aktuell an meinem Körper ändern wollen würde, wären es meine Brüste gewesen. Ein bisschen kleiner, das wäre schön. Warum? „Meine große Oberweite lässt mich fülliger aussehen, als ich eigentlich bin“, habe ich mir damals eingeredet. Völliger Quatsch, weiß ich heute. Doch so habe ich mich in meinen Teen-Jahren gefühlt. Verunsichert, weil ich die Einzige in meiner Familie mit einem weiblichen Körperbau war.
Alleine, weil als Leistungssportlerin die Körper um mich herum alle sportlich-durchtrainiert waren und ich mich natürlich mit denen verglichen haben. Missverstanden, weil ich jedes Mal dieselbe Antwort von meinen Freundinnen zu hören bekam: „Sei doch froh, dass du so viel hast. Kannst mir gerne was abgeben“. Ja, das würde ich tatsächlich gerne, aber so leicht geht es nunmal nicht.
Sagen wir es also mal so, es hat lange gedauert, bis meine Brüste und ich zusammengefunden haben und ich mich gefragt habe, was an einem weiblichen Körper verkehrt ist? Absolut nichts und das ist mir dann auch mit Anfang Zwanzig irgendwann mal klar geworden. Es spielt absolut keine Rolle, ob groß oder klein, spitz oder rund, natürlich oder gemacht – wohlfühlen muss man sich.
Ich weiß, das ist oft leichter gesagt als getan, ich spreche aus Erfahrung. Aber wenn ich heute darüber nachdenke, wie viel Zeit ich damit verschwendet habe, mir Gedanken über meine Oberweite zu machen, muss ich wirklich lachen. Vor allem, weil es keinen Schwanz (!!!) interessiert. Deswegen möchte ich mich bei meinen Brüsten entschuldigen. Es tut mir leid, dass ich euch nie für das wertgeschätzt habe, was ihr seid: Ein (ziemlich cooler) Teil von mir!
"Sie ließen echt lang auf sich warten. Ungeduldig und ein bisschen eifersüchtig, fing ich an, die der anderen zu erkunden"
Andrea Ketterer, Chefredakteurin
Andrea Ketterer Wir alle haben eine Boobs-Story – hier erzählen unsere Redakteurinnen ihre ganz persönlichen
Sie ließen echt lang auf sich warten. Sie schienen mir wie das Wahlrecht, der Führerschein, das Übergangszeugnis in die Welt des Frauseins. Ungeduldig und ja, ein bisschen eifersüchtig, fing ich an, die der anderen zu erkunden. Heimlich beim Duschen nach dem Sport. Einen ganzen Sommer lang am Badestrand, oben-ohne, was jede tat, als ich 16 war. Aber wir mussten gar nicht nackig sein, allein der Blick auf T-Shirts, Blusen und Pullis ließ sie erkennen.
Sie waren selten versteckt hinter einem BH, schon gar nicht hinter einem blickdichten, gepolsterten, hinter dem jeder, aber auch wirklich jeder Busen gleich aussieht. Ich entdeckte Brüste in Bananenform, Äpfel, Tütchen, wie aufgetupft bei einem Petit Four, große, pralle, runde, nur Andeutungen, hochstehende, nach rechts und links ausufernde, hüpfende, feste, eine deutlich größer als die andere, rosige Vorhöfe, und dunkel-violette Brustwarzen, die weit oben, andere, die tief unten platziert waren, mit Haaren dran, manche aufrecht und auch ganz in sich gekehrte.
So unterschiedlich und individuell wie ihre Besitzerinnen. Junge Mädchen wie ich, Mütter, die stillten, Laute und Schüchterne, Sinnliche, Kühle, Alte und ganz Alte. Meine Forschungen waren der Beginn einer großen Verehrung. Sie waren ganz ohne Wertung, einfach nur aus Neugier und ließen mich eine durchaus interessante Zukunft erahnen. Die es auch wurde. Mit einer Mischung aus Apfel und ein bisschen auseinander, mal hell, zweimal dunkel, mal lustvoll, mal zurückgezogen, mal im Weg, mal umworben, mal einfach nur da. Einfach ich.
"Es gab trotzdem Momente, in denen ich meine Brüste über alles geliebt habe"
Katja Klinger, Bildredakteurin
Katja Klinger Wir alle haben eine Boobs-Story – hier erzählen unsere Redakteurinnen ihre ganz persönlichen
Meine Brüste und ich, der Busen, sie, die, er … boah, es fühlt sich irgendwie seltsam an so über sie zu schreiben. Sie haben auf jeden Fall schon immer den Bleistift-Test bestanden. Meint: Bleibt der Stift unterm Busen klemmen, steht er nicht wie in einer – Gott sei Dank – mittlerweile überholten Victoria's -Secret-Kampagne. Das hat er noch nie und wird es auch nie tun. Es gab trotzdem Momente, in denen ich meine Brüste über alles geliebt habe. In Brasilien zum Beispiel. Auf dem Busen ein kleines weißes Dreieck, drumherum braun gebrannt.
Total stolz auf alles was da war! Oder, als mein Baby zum ersten Mal daran gesaugt hat, keine Stunde alt und meine Brüste die darauffolgenden zehn Monate dafür gesorgt haben, dass mein Sohn wächst und gedeiht – da fand ich sie toll und nützlich und auch sexy. Der kleine Mensch hatte sich außerdem eine Lieblingsbrust auserkoren, nämlich die Rechte. Die war dann riesig im Vergleich zu der anderen, verrückt, oder?
Das sah im Bikini auch echt recht lustig aus. Ich wurde sogar im Schwimmbad mal darauf angesprochen. Warum gibt es eigentlich keinen Bikini mit unterschiedlichen Körbchengrößen? Naja, egal. Jetzt ist das Kind jedenfalls groß und braucht keinen Busen mehr. Dennoch ist er nach wie vor fasziniert von meinen Brüsten, wenn er sie mal nackt im Badezimmer sieht. Einmal, als er sich ankuschelte, sagte er, Mama, dein Busen ist wie ein Trampolin. Ich mag die Vorstellung.
Heute ist die rechte Brust immer noch etwas größer, als die andere. Und den Bleistift-Test besteht er mehr denn je. Er passt nicht mehr in den kleinen, hübschen Bikini, den ich in Brasilien getragen habe – aber das ist auch nicht mehr wichtig. Würde ich mir wünschen, dass er kleiner wäre, fester, gleich groß? Ja. Ich würde mir auch wünschen, ihn nicht jeden Tag in einen BH stecken zu müssen. Aber, er hat ein Baby ernährt und ist nun so weich wie ein Trampolin. Mein Busen hat verdient von mir angenommen zu werden, wie er ist. Denn das bin ich und er gehört zu mir.
„Der Knoten wurde früh erkannt. Heute erinnert mich eine sichelförmige Narbe an einen der beängstigenden Augenblicke meines Lebens“
Madeline Dangmann, Moderedakteurin
Madeline Dangmann Wir alle haben eine Boobs-Story – hier erzählen unsere Redakteurinnen ihre ganz persönlichen
Das Gefühl der rebellischen Freiheit, als ich mich als Teenie im Frankreichurlaub endlich traute mich oben ohne an den Strand zu legen. Der stolze Moment, als ich meinen ersten BH kaufen „musste“. Und ja, auch der Blick meines Freundes, jedes Mal wenn ich mich ausziehe. Wenn ich über meine Brüste nachdenke, gibt es viele Erinnerungen, in denen ich mich dank ihnen stark gefühlt habe – und dann gibt es den Moment, als das Gegenteil der Fall war.
Nämlich der Moment, als ich mit 17 Jahren auf einmal eine harte Stelle an meiner Brust ertastete. Ich hatte Glück. Der Knoten wurde früh erkannt und heute erinnert mich nur noch eine sichelförmige Narbe, die meinen linken Brusthof rahmt, an einen der wohl beängstigenden Augenblicke meines Lebens. Jahre später entdeckte meine Frauenärztin eine neue Veränderung in derselben Brust und nach drei endlos langen Glasglocken-Tagen, die ich auf einen Termin bei einer Expertin warten musste, gab es dann Entwarnung: nur verhärtetes Narbengewebe.
Warum ich das hier teile? Weil wir, wenn es um Krankheiten geht, viel zu oft eine „Krieg ich ja eh nicht“-Attitüde an den Tag legen – da schließe ich mich selbst gar nicht aus. Und ja, eine gewissen Blauäugigkeit hat der eigenen Zufriedenheit irgendwie noch nie geschadet. Aber halt nur in Maßen, also: #checkyourtits! Regelmäßiges Abtasten dauert nur wenige Sekunden und im Gegensatz zur Darmkrebsvorsorge gleicht es eher einen kleinen Massage. Worauf also warten?!
Hier lesen: Brust abtasten: So geht Brustkrebsvorsorge zuhause
"Meine Hebamme hatte einen beherzten Griff. Im Krankenhaus flossen Tränen, keine Milch"
Brigitte Haase, Beauty-Redakteurin
Brigitte Haase Wir alle haben eine Boobs-Story – hier erzählen unsere Redakteurinnen ihre ganz persönlichen
Meine Brüste und ich führen ein entspanntes Beisammensein. Sie haben keine Namen, keine zu umfangreichen Dimensionen und machen insgesamt betrachtet kaum Ärger. Was für Wunderwerke man da mit sich rumträgt, ist mir allerdings erst nach meiner Schwangerschaft klar geworden. Mit dem Thema Stillen beschäftigt man sich bereits Wochen vorher, tatsächlich steht man dann aber doch recht hilflos da, wenn es so weit ist.
So ein Milcheinschuss ist nicht nur optisch eine spezielle Sache (man könnte Nüsse zwischen seinen Brüsten knacken, wirklich!), es tut auch einfach verdammt weh, bis da was raus kommt – zumindest war es bei mir so. Meine Hebamme hatte mindestens eine Karriere als Kugelstoßerin hinter sich und einen echt beherzten Griff. Im Krankenhaus flossen höchstens Tränen, keine Milch.
Eine Pumpe hat sich wenig überraschend auch nicht als Fun-Faktor erwiesen. Ich weiß gar nicht, was schlimmer war: das Saug-Geräusch? Das Melk-Gefühl? Kurz bevor ich hinschmeißen wollte, haben sich meine Brüste zum Glück doch noch auf ihr unproblematisches Wesen besonnen und mir den Kauf von diversen Packungen Milchpulver erspart. Und auch wenn sie nach dem Abstillen nie mehr ganz in ihre juvenile Topform zurückgekehrt sind – das haben sie sich definitiv verdient.
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Das Original zu diesem Beitrag „6 Frauen erzählen, welche Geschichte sie mit ihren Brüsten verbinden“ stammt von Glamour.
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