Es ist beschlossen: Der Lockdown ist verlängert, bis Mitte Februar. Mindestens. Viele Menschen ächzen angesichts der strengen Maßnahmen. Doch es gibt Gründe für Optimismus. FOCUS Online hat Experten gefragt, wann das Leben wieder „normal“ sein könnte.
Viele wünschen sich aktuell mehr Normalität in ihrem Alltag, etwas von ihrem Leben vor Corona. Auch wenn es viel zu kritisieren gibt – die Maßnahmen nerven, die Impfungen stocken, die Politikkommunikation ist schwierig – zeigt der Ausblick unserer Experten, dass wir in den kommenden Monaten dahin kommen können.
Epidemiologe Ralf Reintjes
Was bereitet Ihnen aktuell am meisten Sorgen?
Ralf Reintjes: Angesichts der weiterhin sehr hohen Zahlen an gemeldeten Neuinfektionen und Todesfällen in Zusammenhang mit Covid-19, obwohl bereits seit längerer Zeit ausgeprägte Kontaktbeschränkungen gelten, bereitet mir zusätzlich die zunehmende Verbreitung neuer mutierter Varianten des Virus große Sorgen. Beobachtung aus anderen Ländern zeigen, dass die neuen Varianten sich noch leichter übertragen lassen.
Angesichts dessen sollte uns bewusst sein, dass ein schnelles, zeitnahes Durchimpfen großer Teile der Bevölkerung in unserem Wettlauf mit dem Virus extrem wichtig ist. Wir müssen viel schneller Impfen als sich das Virus verbreiten kann. Die geringe Geschwindigkeit, mit der dieses in den letzten Wochen in Deutschland verhältnismäßig langsam voran geht, finde ich bedenklich.
Paula Markert/HAW Hamburg Epidemiologe Ralf Reintjes
Ralf Reintjes ist Professor für Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung an der Hamburg Universität für Angewandte Wissenschaften. Seine Schwerpunkte liegen in der Untersuchung von Infektionskrankheiten, Expertise in Surveillance und Pandemic Preparedness auf nationaler Ebene sowie international (vorallem Europa, Asien und Afrika).
Unser Wissen über das Virus und über die Epidemiologie von Covid-19 ist in den letzten Monaten rasant gestiegen. Es gibt mittlerweile mehrere effektive Impfstoffe und erste Ergebnisse aus Ländern in denen bereits größere Teile der Bevölkerung durchgeimpft wurden, sind sehr positiv. Zusätzlich wissen wir, dass das Auftreten von Covid-19 eine ausgeprägte Saisonalität aufweist. Daher ist für den Sommer mit einer besseren Situation zu rechnen.
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Wann wird das Leben endlich wieder „normal“?
Das ist aus epidemiologischer Sicht nur schwer abzuschätzen, da es von vielen Komponenten und vor allem von unser aller Agieren abhängt. Gelingt es uns in aller nächster Zeit als Gesellschaft durch effektive Kontaktreduktion die Infektionslast in der Bevölkerung und dadurch das Infektionsrisiko für den Einzelnen deutlich zu senken und gleichzeitig den Anteil der für eine Infektion empfänglichen Bevölkerung (z.B. durchs Impfen) schnell zu reduzieren, dann kann sich das gesellschaftliche Leben zunehmend normalisieren.
Wenn wir jedoch im täglichen Leben und beim Schutz vor der Übertragung des Virus nachlässiger werden und das Impfen nicht deutlich intensivieren, werden wir vermutlich noch lange mit der Pandemie zu tun haben.
Virologin Ulrike Protzer
Was bereitet Ihnen aktuell am meisten Sorgen?
Ulrike Protzer: Die Frage, wie wir die Balance halten können zwischen dem Schutz der Gesundheit und dem Schutz unserer Wirtschaft.
Helmholtz Zentrum München Ulrike Protzer ist Institutsdirektorin des Instituts für Virologie an der Technischen Universität und am Helmholtz-Zentrum München.
Ulrike Protzer, Jahrgang 1962, ist Professorin für Virologie. Seit 2007 hat sie den Lehrstuhl für Virologie an der Technischen Universität München (TUM) inne und leitet als Direktorin das virologische Institut des Helmholtz Zentrums München sowie der TUM. Sie berät die bayerische Landesregierung in der Corona-Pandemie.
Dass wir einen gut verträglichen und außergewöhnlich gut wirksamen Impfstoff zur Verfügung haben. Das gibt uns die Chance, einen großen Schritt zurück in Richtung Normalität zu tun, wenn wir es schaffen, jetzt konsequent möglichst breit zu impfen.
Wann wird das Leben endlich wieder „normal“?
Wenn ich ehrlich bin – ich erwarte eine Entspannung erst mit dem einsetzenden Frühjahr, das heißt, ab Ende März. Und dann müssen wir den Sommer nutzen, damit wir nicht im Herbst wieder vor der gleichen Situation stehen wie in 2020.
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Virologe Friedemann Weber
Was bereitet Ihnen aktuell am meisten Sorgen?
Friedemann Weber: Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie.
JLU / Rolf K. Wegst Friedemann Weber, Direktor des Instituts für Virologie an der Universität Gießen.
Friedemann Weber ist Professor für Virologie und leitet als Direktor das entsprechende Institut an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Dort forscht er unter anderem zu Corona- und Influenzaviren.
Was stimmt Sie optimistisch?
Die Aussicht, dass die nachgebesserten Maßnahmen und die wirksamen und sicheren Impfstoffe die Pandemie schon bald unter Kontrolle gebracht haben werden.
Wann wird das Leben endlich wieder „normal“?
Wenn mein optimistisches Szenario sich bewahrheitet, dann sollte das Frühjahr spürbar unbeschwerter sein, der Sommer schon fast wieder normal, und der Herbst so gut wie normal.
Ärzteverbands-Vorsitzende Ute Teichert
Was bereitet Ihnen aktuell am meisten Sorgen?
Ute Teichert: Ich mache mir die meisten Sorgen darüber, dass sich die neuen Virusmutationen bei uns in großem Maße ausbreiten könnten. Denn sie sind deutlich ansteckender als die bisher bekannten Virusarten. Wenn ich mir anschaue, was in England und in Irland passiert und sehe, wie da die Zahlen explodieren, habe ich Sorge, dass das auf uns übergreifen könnte. Bettina Engel-Albustin Dr. Ute Teichert ist Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes.
Ute Teichert ist Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und deutschlandweit im Kontakt mit den rund 400 Gesundheitsämtern.
Was stimmt Sie optimistisch?
Dass die Impfungen laufen, ist eine gute Botschaft. Ich hoffe, dass wir genügend Impfstoff bekommen werden und die Impfung greift, damit wir weiter nach vorne schauen können. Es stimmt mich optimistisch, dass wir mit den Herausforderungen der Pandemie zumindest schrittweise fertig werden.
Allerdings halte ich es für gefährlich, sich auf der Annahme auszuruhen, dass wir in einem halben Jahr alle geimpft sind. Und uns bis dahin weiter durchhangeln. Das wäre ein Fehler.
Wann wird das Leben endlich wieder „normal“?
Wenn die kalte Jahreszeit vorbei ist. Ostern könnte so ein Zeitpunkt sein. Dann fängt der Frühling an und es wird wieder wärmer. Es besteht Hoffnung, dass wir dann wieder deutlich mehr in Kontakt treten können. Aber die Situation wird nach meiner Einschätzung noch nicht so weit entschärft sein, dass alle zum Schutz vor Corona-Infektionen getroffenen Maßnahmen komplett wegfallen können.
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